Angespielt: Strategie-Hit XCOM für iPad und iPhone

Take 2 hat das prämierte rundenbasierte Taktikspiel "XCOM: Enemy Unknown" nahezu unverändert von Konsolen und PC auf Apples iOS-Geräte portiert. Wir haben ausprobiert, was die Touch-Steuerung taugt.

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Gelungene Anpassung an den Touchscreen: Die XCOM-Einheiten bewegt der Spieler mit einfachen Fingertipps.

In Zeiten, wo Free-2-Play-Angebote den App Store überfluten und während des Spiels mit Kaufangeboten nerven, ist es geradezu erfrischend, wenn ein Publisher seine Spiele ganz nach alter Schule verkauft. Take 2 hat heute seinen Strategie-Hit "XCOM: Enemy Unknown" für iOS-Geräte veröffentlicht. Der Preis von 18 Euro scheint vergleichsweise hoch. Er relativiert sich aber, weil die Umsetzung nicht abgespeckt wurde, sondern den kompletten Umfang der Windows- und Konsolenversion nebst (englischer) Sprachausgabe (mit deutschen Untertiteln) und Video-Sequenzen mitbringt. Einzig der Mehrspielermodus ist noch nicht fertig, soll aber kostenlos nachgeliefert werden.

Die Windows/Konsolen-Fassung erschien im Oktober (eine Mac-Version ist seit Ende April erhältlich) und räumte zurecht zahlreiche Kritikerpreise ab. Besonders gut gelungen ist den Entwicklern von Firaxis der leichte Tutorial-Einstieg sowie die eingängige und übersichtliche Steuerung. Sie ermöglicht nicht nur mit Maus und Tastatur, sondern auch am Gamepad eine leichte Navigation. Trotzdem wurden die strategischen und taktischen Möglichkeiten nicht abgespeckt. Selbst Strategie-Experten finden immer wieder eine Herausforderung, ihr Team auszubilden, für die Missionen auszurüsten und nach neuen Waffen zu forschen. Wie bereits in Civilization zeigt Sid Meiers Studio auch hier, dass tiefgründige Strategiespiele keinesfalls unzugänglich sein müssen.

Um die Einheiten zu schützen, muss man in den 3D-Arealen nach geeigneter Deckung suchen, die der Gegner allerdings auch zerstören kann.

XCOM erzählt die Geschichte einer Alien-Invasion, die der Spieler in verschiedenen Missionen rund um den Erdball abwehren muss. Der Stil orientiert sich dabei an alten Trash-Science-Fiction-Filmen aus den 50ern (oder für die jüngeren Leser: Tim Burtons Mars Attacks) und lässt den Humor nicht zu kurz kommen. Die USK hat das Spiel ab 16 Jahren freigegeben. Der Spieler bewegt in den Missionen ein Team einzelner Soldaten, die von Deckung zu Deckung schleichen und versuchen, die Außerirdischen zu flankieren, ohne sich selbst zu sehr zu exponieren. Denn mehr als zwei Treffer kann ein Soldat nicht einstecken. Stirbt er, ist er für immer verloren.

Im Hauptmenü forscht man nach Waffen, stellt seine Trupps zusammen und wählt eine der Missionen.

Technisch steht das in der Unreal-Engine umgesetzte Spiel den "großen Versionen" nicht nach. Der Spieler kann mit dem Tippen auf das Drehsymbol die 3D-Ansicht in 90-Grad-Schritten drehen, alternativ wischt er mit zwei Fingern. Mit einer Pinch-Geste zoomt er hinein und heraus, ein Wisch mit nur einem Finger verschiebt die Ansicht. Die Soldaten wählt er ebenfalls mit nur einem Fingertipp, tippt danach auf das Ziel und bestätigt es mit einem weiteren Doppeltipp. Auch die Auswahl der Aktionen und Waffen in den Menüs verläuft weitgehend intuitiv, sodass man kaum ins übersichtliche Hilfsmenü schauen muss.

Insgesamt funktioniert die Touchscreen-Steuerung vorbildlich, sodass man kaum vermutet, dass das Spiel ursprünglich für andere Eingabemethoden konzipiert wurde. Es lässt sich wesentlich besser steuern als andere Portierungen wie etwa "Baldur's Gate". Das funktioniert selbst auf den kleinen Bildschirmen eines iPhone oder iPod touch. Man muss zwar gut mit dem Finger zielen, trifft die Eingabefelder aber genau genug.

Auch sonst sind uns bei der ersten Inaugenscheinnahme keine größeren Fehler aufgefallen. Da hat das Take-2-Studio in Shanghai, das für die Umsetzung von XCOM verantwortlich ist, große Fortschritte gemacht. Man denke nur an ihre ersten instabilen Veröffentlichungen von Civilization Revolution, mit der sich die chinesischen Programmierer mit dem iOS-System vertraut machten – XCOM steht auf einem wesentlich höheren Niveau.

Die universelle Version für iPhone und iPad (ab dem iPad 2, mini, iPhone 4S und iPod touch 5) nimmt nach der Installation 3,2 GByte Speicherplatz in Anspruch. Sie unterstützt die Speicherung von Spielständen auf dem Gerät und in der Cloud. Der Schwierigkeitsgrad lässt sich während der laufenden Solo-Kampagne ändern. Wir würden uns allerdings noch eine Option wünschen, die Zwischensequenzen zu überspringen.

Insgesamt kann man Take 2 zu der Version beglückwünschen. Außer Telltales Zombie-Adventure "The Walking Dead" findet man derzeit kein vergleichbar aufwendig umgesetztes Spiel für iOS. Mit XCOM zeigt Take 2, dass Apples Geräte sehr wohl für umfangreiche AAA-Produktionen geeignet sind. Allerdings muss das Genre passen: Adventures und Strategiespiele eignen sich hervorragend für den Touchscreen, Ego-Shooter sind hingegen kaum vernünftig zu steuern. Jetzt muss sich XCOM nur gut genug verkaufen, damit andere Publisher vielleicht auch einen ihrer Blockbuster aufs Tablett bringen und nicht nur die ewig gleiche, meist nervende Free-2-Play-Kost. (hag)