Festplatten: Hersteller drosseln Produktion

Eine rückläufige Nachfrage und Graumarktaktivitäten setzen die Festplatten-HEKs weiter unter Druck. Die Hersteller drosseln daraufhin die Produktion. Ein Versuch, den Markt im zweiten Halbjahr wieder unter Kontrolle zu bringen.

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  • Karl Fröhlich

Die Händlereinkaufspreise (HEK) für Festplatten tendieren beständig nach unten. Desktop- und Notebook-Platten verlieren seit Quartalsanfang im Schnitt um sechs Prozent. "Im Laufe des zweiten Quartals ist der gesamte Bedarf innerhalb Europas deutlich geringer als erwartet, wobei im Retail-Bereich das Q2 saisonal immer schwächer ist", erklärt Sven Dunker, OEM Sales Manager bei Seagate, gegenüber heise resale. "Der Mai war Aufgrund der vielen Feiertage erwartungsgemäß ruhig, während die Nachfrage im Juni stark angezogen hat." Die Hersteller haben aber darauf reagiert und die Produktionskapazitäten angepasst. Dies soll größere Überkapazitäten vermeiden, die in der Vergangenheit zu Preisrutschen geführt hatten – wobei seit Anfang des Jahres auch verstärkte Graumarktaktivitäten für instabile Preise sorgen.

Die ersten Desktop-Disks mit 4 TByte kosten im HEK keine 130 Euro mehr

"Die teilweise im Markt dargestellten Preise wurden durch Graumarkt-, Refurbished- und eventuell auch VAT-Ware herbeigeführt", hebt Dunker hervor. "Der Kapazitätsbedarf steigt insgesamt stetig an, primär ausgelöst durch den wachsenden Bedarf in Cloud-Rechenzentren. Die technologischen Limitierungen verlangsamen jedoch die ADGRs (Areal Density Growth Rates), was sogar zu einer Verknappung von bestimmten Produkten in der zweiten Jahreshälfte führen kann." Zum Teil komme es bei Enterprise-Platten bereits jetzt zu Lieferverzögerungen durch erhöhte Nachfrage.

"Aktuell werden alle Kapazitäten nachgefragt, wobei der Fokus bei internen Festplatten auf 3,5 Zoll liegt", sagt Alexander Spohr, Business Unit Manager PCC/Peripherals bei Tech Data. Laut Western Digital geht der Trend jedoch klar in Richtung portable Speicher, die mittlerweile schon einen Anteil von 83 Prozent einnehmen. "Die Hauptkapazitätspunkte beginnen hier bei einem TByte", konstatiert Mario Bartnig, Sales Director Branded Products, bei WD.

Als derzeit einziger HDD-Hersteller bietet WD interne 2,5-Zoll-Laufwerke mit 1,5 und 2 TByte an. Das Interesse im Handel ist vorhanden, die Preise sind im Vergleich allerdings noch relativ hoch. Die 1,5-TByte-Drives kosten im HEK keine 100 Euro mehr, sind aber eher schlecht verfügbar. Die 2-TByte-Platte WD20NPVX ist beispielsweise bei Ingram Micro in der KW 25 für unter 120 Euro erhältlich – in kleinen aber ausreichenden Stückzahlen.

Bei 2,5-Zoll-HDDs nehmen 1-TByte-Laufwerke wieder die 50-Euro-Marke ins Visier

"Das Geschäft mit externen Laufwerken läuft insbesondere im Fachhandel und im Bereich Etail sehr gut", erläutert Bartnig. "Wir sehen eine sehr starke Nachfrage im NAS-Segment sowohl für unsere Branded NAS-Lösungen als auch für unsere Red-HDDs." Wie Seagate verzeichnet auch WD einen zunehmenden Absatz im Bereich Datacenter.

Im heise resale Preisradar bleibt die WD Red (123,61 Euro brutto) mit drei TByte die meistgesuchte Festplatte. Seit Anfang Mai ist der VK von knapp 124 um fünf Prozent auf aktuell zirka 118 Euro gesunken. Ebenfalls gesucht sind Seagates 1-TByte-Disk Barracuda ST1000DM003 (51,44 Euro) und ST4000DM000 (146,30 Euro) mit vier TByte. Ansonsten platzieren sich in der KW 25 sieben SSD im Top-10-Ranking – davon sechs Samsung-Drives. Der durchschnittliche Angebotspreis im Onlinehandel für Festplatten und SSDs sinkt im Wochenvergleich um 4,6 Prozent auf rund 108 Euro. In der KW 18 lag der Schnitt noch bei zirka 104 Euro.

"Wir gehen davon aus, dass sich die Preisspirale zur Mitte des Jahres nur leicht nach unten drehen wird", lauten die Erwartungen von Tech-Data-Manager Spohr, für die kommenden Wochen. "Es wird unseres Erachtens jedoch keinen signifikanten Nachfrageeinbruch geben. Wir erwarten in der zweiten Jahreshälfte wieder eine positive Entwicklung bei stabilen Preisen."

"Wir sehen aktuell eine stabile Preisstruktur im Channel und das erwarten wir auch für die nächsten Monate", sagt Stefan Mandl, Director Distribution Central Europe bei Western Digital. "Das Datenvolumen und die damit notwendigen Storage-Kapazitäten und Lösungen in allen Bereichen werden weiterhin exponentiell steigen. Wir erwarten weiterhin eine sehr stark steigende Nachfrage im Bereich NAS, Datacenter, Audio/Video und bei mobilen Lösungen."

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Bei der Preisbeobachtung unterstĂĽtzten uns:

ALSO GmbH
b.com GmbH
CTT AG
Devil AG
Ingram Micro GmbH

Für Seagate-Manager Dunker rückt im Handel die Adaptierung von neuen Technologien (Notebook & Desktop Hybrid, Rapid Raid Rebuild, Security) und neue SSD-Kategorien in den Vordergrund: "Dies bietet Möglichkeiten zur klaren Differenzierung und Margen-Verbesserung. Wir selbst werden uns unter anderem darauf konzentrieren, dem Fachhandel dabei zu helfen, die richtige Speicherlösung für die jeweilige Applikation zu selektieren. Aktuelle Beispiele haben gezeigt, dass viele deutsche Unternehmen sich nicht ausreichend über die Gefahren im Klaren sind, wenn sie beispielsweise eine Desktop-HDD in einem Enterprise-Storage-System verwenden. 'Choose the right drive' soll den Handel vor solchen Gefahren bewahren und zeigt gleichzeitig auch Möglichkeiten auf, sich vom Mitbewerb abzugrenzen."

Für die kommenden Wochen kann der Handel mit anhaltend sinkenden HEKs rechnen. Ab wann die Produktionsdrosselungen sich unmittelbar auf den Markt auswirken, ist noch unklar. Die beginnende Urlaubszeit wird das Segment jedenfalls weiter unter Druck setzen. Auch die Überschwemmungen sorgen dafür, dass man in weiten Teilen des Landes andere Sorgen hat. Wobei in der Festplatten-Branche insgeheim mit einer verstärkten Ersatzbeschaffung zum Jahresende gerechnet wird. (map)