Neue Wellness-Anreize für Arbeitnehmer

Die US-Krankenversicherung Aetna will mit einer neuen App persönliche Gesundheitsdaten für Verbraucher, Unternehmen und Ärzte nutzbar machen.

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Von
  • Jessica Leber

Die US-Krankenversicherung Aetna will mit einer neuen App persönliche Gesundheitsdaten für Verbraucher, Unternehmen und Ärzte nutzbar machen.

Die Gesundheitssysteme der Industriestaaten klagen seit Jahren über Kostenexplosionen. Fitness-Gurus aller Couleur wiederum reden den Menschen ins Gewissen, mehr auf ihre Gesundheit zu achten, was die Quantified-Self-Bewegung bereits mit Hingabe tut. Den nächsten logischen Schritt macht nun die US-Krankenversicherung Aetna: Sie hat eine Smartphone-Anwendung herausgebracht, die Gesundheitsdaten besser nutzbar machen soll. Die App namens CarePass diene als Portal für Daten aus medizinischen Tracking-Geräten und – wenn sie einwilligen – Patientenakten, sagt Martha Wofford, Vice President für Verbraucherplattformen bei Aetna.

Mit Hilfe von CarePass sollen sich Nutzer selbst Ziele stecken können. Wer sich etwa vornimmt, in einem Monat wieder in die alte, zu enge Jeans zu passen, bekommt über die App individuelle Vorschläge, wie das zu schaffen sein könnte. CarePass kann Daten aus Geräten wie Fitbit oder Apps wie MapMyRun in das persönliche Gesundheitsprofil integrieren, ebenso medizinische Daten von Arztbesuchen, von Medikamenten-Rezepten sowie von Blutdruck- oder Cholesterinspiegel- Messungen. Aus diesen Daten generiert eine Software namens iTriage, von Aetna 2012 gekauft, außerdem Diagnosen zu Symptomen.

Auch einige andere Krankenversicherungen, darunter Kaiser Permanente, verfolgen eine ähnliche Strategie. Aetna scheint aber am konsequentesten voranzupreschen. CarePass enthalte verschiedene Datenschnittstellen, über die Nutzer ihre Gesundheitsdaten auch Dritten – etwa Ärzten oder Software-Entwicklern – zur Verfügung stellen können, sagt Wofford.

Das Angebot an Gesundheits-Apps ist bereits riesig: Fast 50.000 mobile Anwendungen wollen Menschen helfen, ihren körperlichen Zustand zu vermessen und sich leichter mit Ärzten und Apotheken auszutauschen. Um Kosten zu sparen, werden Krankenversicherungen wohl verstärkt auch finanzielle Anreize setzen, um Daten mit ihnen zu teilen.

Der Affordable Care Act, das Gesundheitsreform-Gesetz der Obama-Regierung, erlaube „Wellness-Abschläge“ auf die Prämien von bis zu 30 Prozent, sagt Wofford. Zuvor waren es nur 20 Prozent gewesen. Damit könnten wiederum Arbeitgeber ihren Angestellten in den Gesundheitsversorgungs- plänen größere „Karotten“ vorhalten, um sie ins Fitnessstudio zu locken oder zum Gebrauch eines Fitbit zu bewegen. Nach US-Recht dürfen finanzielle Anreize nur an individuelles Verhalten – etwa den Besuch eines Fitnessstudios – gekoppelt werden, nicht an Ergebnisse wie eine Gewichtsabnahme von zehn Pfund. Eine derartige Regelung gibt es in EU-Ländern nicht.

CarePass richtet sich zunächst an den einzelnen Verbraucher. Aetna plant aber ein Gesundheitsportal für Arbeitgeber. Die sollen dann dort auf anonymisierte Sammeldaten zugreifen können, die Gesundheitstrends in ihrer Belegschaft anzeigen.

Die Kostenreduzierung im Gesundheitssystem werde künftig wohl maßgeblich von den Arbeitgebern vorangetrieben, schätzt Wofford. Man sehe bereits, dass einige Unternehmen hier sehr energisch vorangingen, etwa die Supermarktkette Safeway. Die überprüft, ob ihre Angestellten rauchen, indem sie bei diesen Abstriche an den Wangen vornimmt. Nach US-Recht können Krankenversicherer von Rauchern höhere Beiträge verlangen.

Mehr Daten allein werden die allgemeine Gesundheit aber nicht verbessern, denn ihre Auswertung ist nicht einfach. An der ist bereits Zeo gescheitert, das als eine der ersten Firmen im Tracking-Geschäft ein Gerät zur Schlafanalyse auf den Markt gebracht hatte. Die Nutzer hätten die erhobenen Daten zu kompliziert gefunden, sagt Wofford. „Die Frage ist nun, ob wir Verhaltensänderungen anstoßen können, wenn wir die Anwendungen einfach genug machen.“

(nbo)