"Akut gefährdet": Netzneutralität im Petitionsausschuss

Im Petitionsausschuss des Bundestags kam am Montag eine Online-Petition für ein offenes Internet zur Anhörung. Der Initiator hält das Prinzip des offenen Internets für "akut gefährdet".

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Im Petitionsausschuss des Bundestags kam am Montag die von Johannes Scheller initiierte Online-Petition für ein offenes Internet zur Anhörung. Dabei kritisierte Scheller, dass die Initiative des Bundeswirtschaftsministeriums zur Verankerung der Netzneutralität nicht nicht weit genug gehe. Der Verordnungstext sei "schwammig und unpräzise", sagte der Physikstudent im Rahmen der öffentlichen Anhörung seiner von rund 77.000 Bürgern unterzeichneten Petition. Er befürchte, dass die Pläne der Deutschen Telekom zur Einführung von Überholspuren im Netz damit "legalisiert" und "untermauert" würden.

Scheller hält das Prinzip des offenen Internets für "akut gefährdet". Vor allem im Mobilfunkbereich würden schon jetzt bestimmte Dienste bewusst verlangsamt. Der Weg zum Zweiklassennetz sei damit vorgezeichnet, warnte der 20-Jährige: "Mein Provider oder mein Geldbeutel bestimmt dann, welche Angebote und welche Informationen ich noch erhalte." Dies komme auch einer Verletzung der Informationsfreiheit gleich. Das Internet sei aber ein zu wichtiges gesellschaftliches Gut, um den Zugang dazu nach wirtschaftlichen Kriterien festzulegen. Scheller forderte daher "einen gesetzlichen Schutz des neutralen Netzes wie in den Niederlanden oder Slowenien".

Das Wirtschaftsressort will mit seinem Verordnungsentwurf Providern weiter erlauben, Dienste mit verschiedenen Qualitätsklassen und davon abhängige Volumentarifsysteme einzuführen. Voraussetzung dafür soll sein, dass das "Best-Effort-Netz" nicht durch "Managed Services" verdrängt wird. Konkreten Nachfragen wichen Vertreter des Wirtschaftsministeriums aus. "Wir stützen uns auf europäische Vorarbeiten", versicherte Bärbel Vogel-Middeldorf aus dem zuständigen Referat. Vertreter der Opposition befürchten allerdings, dass mit schwammigen Regelungen das Vorgehen der Telekom legitimiert und das angebliche Ziel des Vorstoßes ins Gegenteil verkehrt werde.

Hubert Weis vom Bundesjustizministerium betonte, das Prinzip der Netzneutralität sei an sich bereits im Telekommunikationsgesetz festgelegt. Die Verordnung müsse nun "so präzise formuliert werden", dass die Bestimmungen fürs offene Internet nicht mehr umgangen werden könnten. "Wir sind uns in der Zielsetzung völlig einig", gab Wirtschaftsstaatssekretär Bernhard Heitzer als Losung aus. "Die Netzneutralität muss gewahrt bleiben." Dies sei auf dem Wege einer Verordnung besser zu gewährleisten als über ein schwerfälligeres Gesetzgebungsvorhaben. Der aktuelle Entwurf solle Mitte August vom Bundeskabinett verabschiedet werden, dann könne er im September noch Bundestag und Bundesrat passieren. (vbr)