Bericht: Streit über Strategie des Wüstenstromprojekts Desertec

Hinter den Kulissen wird bei Desertec heftig darüber diskutiert, wie es mit dem Wüstenstromprojekt weitergehen soll, berichtet die "Süddeutsche Zeitung". Es geht darum, ob wirklich Strom in großem Umfang aus Nordafrika nach Europa fließen soll.

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In der Planungsgesellschaft Desertec Industrial Initiative (Dii) gibt es Auseinandersetzungen um die Zukunft des Projekts, mit dem eigentlich in großem Stil Solarstrom für Europa in Nordafrika gewonnen werden soll. Das berichtet die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf Quellen im Gesellschafterkreis. Dii-Geschäftsführer Paul van Son will das Projekt demnach kleiner anlegen als ursprünglich geplant. Stromlieferungen nach Europa könnte es erst einmal nicht geben und Lieferungen von Wüstenstrom im großen Umfang wären bis auf weiteres ganz vom Tisch. Unter diesen Umständen sei es aber unklar, ob die zweite Geschäftsführerin, Aglaia Wieland auf ihrem Posten bleiben wolle.

Desertec wirbt mit einer großen Vision

(Bild: Dii)

Grund für den Widerstand gegen die ursprünglich sehr ambitionierten Pläne seien die Schwierigkeiten in den Verhandlungen mit dem Transitland Spanien. Außerdem benötige Europa den Strom aus Nordafrika überhaupt nicht. Gleichzeitig werde aber über ganz andere Motive für den Kurswechsel Paul van Sons gemutmaßt. Immerhin hat er vor seiner Tätigkeit für Desertec bei Energiekonzernen gearbeitet, etwa der RWE-Tochter Essent. Energieversorger könnten die Konkurrenz von Desertec fürchten, auch wenn vieles dabei noch weit in der Zukunft liegt. RWE ist, genauso wie E.on aber auch Gesellschafter der Dii. Van Son selbst weist demnach die Kritik zurück und verweist auf die anhaltenden Anstrengungen der Dii, mit Sawian I das erste der geplanten Kraftwerke in Marokko zu eröffnen.

Der Streit könnte laut dem Bericht schon bald personelle Konsequenzen haben. Noch sei keine Entscheidung darüber gefallen, ob der Vertrag van Sons, der sich sonst automatisch verlängert, gekündigt werden soll. Gleichzeitig sei die Zukunft seiner Kollegin Wiegand, die sich gegenüber der Zeitung nicht äußern wollte, unsicher. Sie ist in der Gesellschaft für die langfristige Strategie zuständig und gelte als Verfechterin des ursprünglichen Kurses. (mho)