Angetestet: Der 35.000-Euro-Fernseher

Der Samsung S9 Timeless ist nicht nur der teuerste Fernseher, den Samsung je gebaut hat, es ist auch das erste Gerät mit 4K-Auflösung. Wir haben den 85-Zoll-Koloss angetestet.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 197 Kommentare lesen
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Jan-Keno Janssen

Samsungs S9 sieht aus wie einer alte Schultafel - und wirkt gerade deshalb extrem modern.

Samsungs Vorzeige-4K-Fernseher kostet mehr als so mancher Neuwagen: 35.000 Euro rufen die Koreaner für den S9 Timeless auf. Das ist mutig – Sony, LG und Toshiba verlangen für ihre 4K-Topmodelle mindestens 10.000 Euro weniger. Aber Samsung kleckert nicht, Samsung klotzt: Der S9 hat eine Bildschirmdiagonale von 85 Zoll, das sind stolze 216 Zentimeter. Das Gerät bringt mehr als 85 Kilogramm auf die Waage und zieht im Betrieb 295 Watt aus der Steckdose. Die Auflösung von 3840 × 2160 Pixeln wird im allgemeinen Sprachgebrauch oft als 4K bezeichnet, wurde von der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) aber als Ultra High Definition (UHD) spezifiziert.

Wir haben das Statussymbol ausführlich auf einer Samsung-Veranstaltung in Berlin angetestet. Steht man vor dem Koloss, fällt die schiere Größe kurioserweise gar nicht auf – das ungewöhnliche Design dafür umso mehr: Der S9 sieht aus wie eine altmodische Schultafel. Und auch wenn das wie ein Widerspruch klingt: Gerade dadurch wirkt er extrem modern. Während Samsung in den Jahren zuvor eher Glitzer-Fans angesprochen hat – Stichwort "Crystal Design" – gefällt der S9 auch Menschen, die es eher dezent mögen.

Erstmals seit langem nutzt Samsung beim S9 die Direct-LED-Technik, bei der die Leuchtdioden nicht nur seitlich ("Edge-LED"), sondern in gleichmäßigen Abständen direkt hinter dem LCD-Panel eingebaut sind. Insgesamt gibt es 240 LED-Zonen (20 × 12). Damit verhindern die Ingenieure nicht nur die bei vielen Samsung-Geräten mit bloßem Auge sichtbare ungleichmäßige Ausleuchtung, sondern verbessern auch den Kontrast immens – die LEDs lassen sich nämlich je nach Bildinhalt dynamisch dimmen. Das funktioniert erstaunlich gut: Das von uns angetestete Exemplar zeigte einen beeindruckenden Kontrast und einen erstaunlich guten Schwarzwert ohne nennenswerte Aura-Effekte, wie sie bei vielen Local-Dimming-TVs vorkommen. Auch die Farb- und Bewegtbilddarstellung gefiel uns gut. Ob das Panel allerdings mit 100 oder mit 200 Hz läuft, kommunizierte Samsung nicht – die Kunden müssen mit der Marketing-Aussage "1000 Hz CMR" vorlieb nehmen.

Der Samsung S9 Timeless machte bei unserem Kurztest ordentlich Wumms: Neben vier 20-W-Lautsprechern (2 × Front, 2 × Woofer) ist ein 40-W-Center-Lautsprecher eingebaut. Neben Dolby Digital Plus und Dolby Pulse unterstützt der S9 DTS Premium Audio.

Im 3D-Betrieb machten wir noch einige Kinderkrankheiten aus: Zwar schien der Bildprozessor (laut Samsung ein Quad-Core-Exemplar) keine Probleme mit dem gleichzeitigen Hochskalieren der 3D-Blu-ray und dem Berechnen von Zwischenbildern zu haben: Das Bild wirkte schön scharf, die Bewegungen butterweich. Das Problem: Fast immer konnten wir Geisterbilder wahrnehmen. Damit wird der 3D-Spaß schnell anstrengend. Leider fiel Samsung-Mitarbeitern erst im Nachhinein auf, dass das Ghosting offenbar von einer falschen Einstellung verursacht wurde – überprüfen konnten wir das aus zeitlichen Gründen nicht mehr. Wir werden der Sache aber spätestens beim ausführlichen c't-Test auf den Grund gehen.

Die Anschlüsse befinden sich nicht am TV-Gerät, sondern allesamt an der "One-Connect"-Box.

Der interne Medienplayer lief dagegen absolut problemlos: Unsere 4K-Testbilder, die wir über einen USB-Stick zuspielten, zeigte der S9 in 4K-Auflösung an. Vorbildlich: Unbearbeitete Fotos einer Digitalkamera wurden seitentreu mit einem schmalen Rand an den Seiten dargestellt. Der Player kann sogar 4K-Videos abspielen – mit einem Kunstgriff: Die Videos müssen in vier einzelne Videodateien mit 1080p-Auflösung aufgeteilt werden: Die erste Datei enthält den Bildquadranten oben links, die zweite den Oben-Rechts-Quadranten und so weiter. Diese Vierfach-Videos dürfen bis zu 50 Bilder pro Sekunde beinhalten.

Über seine HDMI-1.4a-Eingänge nimmt der S9 ebenfalls 4K-Inhalte entgegen, allerdings nur mit maximal 30fps. Dafür kann Samsung nichts – HDMI beherrscht in der aktuellen 1.4a-Version nur 30fps, erst die Version 2.0 soll höhere Frameraten mitbringen. Der interne YouTube-Client beherrscht noch kein 4K – obwohl der Streamingservice bereits seit einiger Zeit Videos in 4K-Auflösung anbietet.

Der S9 Timeless hat keine direkt im Gehäuse eingebauten Schnittstellen: Die Buchsen stecken alle in der externen "One-Connect"-Box – Samsung schließt nicht aus, dass man diese Box einzeln austauschen kann, wenn neue Schnittstellen-Standards kommen. Sicher ist bereits, dass man die Elektronik des S9 mit einem sogenannten "Evolution Kit" regelmäßig auf den aktuellen Stand der Technik bringen kann.

Der Samsung S9 Timeless ist ab sofort für 35.000 Euro erhältlich. Mitgeliefert werden vier Shutterbrillen, zwei Fernbedienungen (eine konventionelle, eine mit Touchpad) sowie die One-Connect-Box. Lieferung und Aufbau ist im Preis inbegriffen – da der S9 verpackt über 120 Kilo wiegt, schickt Samsung ein vierköpfiges Lieferteam.

[Update]

Sowohl der Fernseher selbst als auch die Anschlussbox kommen ohne Lüfter aus, die Geräte werden passiv gekühlt. Der S9 bietet neben einem Dual-Tuner die gleichen Smart-TV-Funktionen wie andere höherklassige Samsung-Fernseher, also unter anderem Sprachsteuerung, Apps, Empfehlungen ("S-Recommendation"), Social Media und Aufnahme auf USB-Datenträgern. (jkj)