Stiften zum Sparpreis

Tablet PCs sind zu teuer, hieß es noch vor wenigen Wochen, bevor der Clevo TN120R Einzug in die Verkaufslisten verschiedener Händler hielt.

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Von
  • Dr. JĂĽrgen Rink


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Tablet PCs sind zu teuer, hieß es noch vor wenigen Wochen, bevor der Clevo TN120R Einzug in die Verkaufslisten verschiedener Händler hielt. In der günstigsten Konfiguration halbiert er sogar den bisherigen Einstiegspreis für Tablet PCs. Ob der Hersteller an den richtigen Stellen gespart hat, zeigt der Test des MySN TN120R von Distributor Schenker.

Vor allem die Funktionsvielfalt zeichnet Convertibles aus. Sie dienen einerseits als Notebook, andererseits mit gedrehtem und runtergeklapptem Display als Tablet PC für die Stifteingabe. Wegen der hohen Preise von 1500 bis weit über 3000 Euro führte diese interessante Geräteklasse bislang ein Nischendasein [1]. Ob der Clevo TN120R für den Einstiegspreis ab 700 Euro aus der Exotenecke herauskommt, hängt davon ab, wie er sich im vielseitigen Einsatz bewährt. Interessant genug ist das Gerät, denn ein leistungsstarker 12-Zoll-Tablet-PC mit eingebautem DVD-Brenner hat auch bei den sehr viel teureren Konkurrenten Seltenheitswert.

Hierzulande verkaufen einige Distributoren und Händler den taiwanischen Tablet PC unter eigenem Namen. Bei Nexoc heißt er Osiris S621 und wird unter anderem von Notebooksbilliger.de ab 849 Euro vertrieben. Detail am Rand: Nexoc selbst listet den Tablet PC gar nicht. Chiligreen schlägt für den dort genannten Mobilitas CU MY im Konfigurationsmenü eine Version für 1169 Euro vor, liefert jedoch nur an Firmen oder Personen mit Gewerbeschein. Unser Testmodell stammt von Schenker und hört auf den Namen MySN TN120R. Im Webshop darf der Kunde zwischen zahlreichen Konfigurationen wählen. Die Preise beginnen bei 650 Euro (Celeron M 550, 1 GByte RAM, ohne OS, ohne WLAN), wir wählten ein Modell für 869 Euro mit Core 2 Duo T8100 (2,1 GHz), Windows Vista Home Premium, WLAN, Bluetooth, 120-GByte-Festplatte und 2 GByte RAM

Bildschirmrand und Gehäuseboden sind in schwarz gehalten, Tastaturseite und Außendeckel glänzen weiß. Die Kanten und Ecken sind abgerundet, der Deckel steht stabil auf der Drehachse. Insgesamt macht der Tablet PC einen soliden Eindruck, da knarzt nichts, der Deckel ist verwindungssteif.

Die Display-Oberfläche ist zwar leicht matt, aber das reicht nicht, um Spiegelungen zu verhindern. Weil die Helligkeit nicht über 126 bis 144 cd/m² je nach Panel-Stelle hinauskommt, stören die Spiegelbilder sehr und der Bildeindruck bleibt flau. Im Akkubetrieb bringt es das Panel gar nur auf 80 Prozent dieses Wertes – zu wenig für draußen und für helle Büros.

Einen Digitizer mit Spezialstift wie viele andere Konkurrenten hat der MySN TN120R nicht, sondern eine gewöhnliche Touchscreen-Schicht, die auf alles reagiert – mit der unangenehmen Folge, dass der Stift nur dann den gewünschten Klick ausführt, wenn die Hand nicht auf dem Panel ruht – ein sehr unnatürliches Schreib- und Zeichengefühl. Zudem passt sich die Strichdicke nicht dem Stiftdruck an. Die Kalibrierung des Touchscreens mit Vista-Tools funktioniert nicht, dafür muss ein eigenes Programm herhalten.

Viel Freude am Touchscreen hat der Anwender auch deshalb nicht, weil dessen Auflösung nicht zum Zeichnen reicht. Alle anderen uns bekannten Tablet PC haben eine Schicht mit einer wesentlich höheren Auflösung, als es der Display-Auflösung entspricht. Das ist Voraussetzung dafür, dass Schrift und Skizze nicht pixelig aussehen, sondern gemalt wie auf Papier. Beim MySN TN120R dagegen ist die Touchscreen-Schicht-Auflösung so gering, dass kleine Kreise zu Vier- bis Fünfecken mutieren und Schrift krakelig aussieht – unbrauchbar. Die geringe Auflösung verschlechtert auch das Ergebnis der an sich hervorragenden Handschrifterkennung in Windows Vista.

Innenleben

Die Rechenleistung mit Penryn-Doppelkernprozessor liegt erwartungsgemäß hoch, deutlich höher als die der meisten anderen Tablets dieser Größe mit ihren schwachbrüstigen LV- und ULV-CPUs. Dazu kommt eine äußerst flotte 120-GByte-Festplatte. Detailreiche Spiele haben wegen der Chipsatzgrafik X3100 auf diesem Rechner nichts zu suchen. Der Lüfter läuft schon bei moderater Rechenlast an, zwar nicht sehr laut, aber in ruhiger Umgebung deutlich hörbar.

Ein solch handlicher Tablet PC könnte fernab vom Schreibtisch als Lese- und Surf-Gerät dienen oder mit dem Tablet PC in der Hand als digitaler Notizzettel. Das gelingt diesem Modell aber nur angebunden ans Netzteil und an die Steckdose, denn der kleine Akku hält ohne Rechenlast nur 2,3 Stunden durch, beim Abspielen einer Video-DVD gar nur 1,4 Stunden. Einen Hochkapazitätsakku mit 65 Wh für mehr als vier Stunden Laufzeit vertreibt Schenker seit kurzem. Er kostet 40 Euro Aufpreis oder als Zubehör 95 Euro. Dieser Akku ragt über die gesamte Gehäusebreite hinaus, 1 cm nach hinten und 2,5 cm nach unten. Dadurch steht das Gerät ungewöhnlich schräg.

Mit drei USB-Ports, FireWire, Audio, VGA-Anschluss, Modem und LAN ist der Tablet PC gut bestückt. Auch SPDIF hat er, obwohl das Handbuch darüber schweigt. Die WLAN-Datenraten liegen auf überdurchschnittlichem Niveau, besonders bei einer Verbindung mit unserem Access Point mit Draft-N-Marvell-Chip. Die Lautsprecher klingen wenig blechern, zwar ohne Bässe, aber noch vergleichsweise gut. Das interne Mikrofon legt starkes Rauschen unter die Aufnahme, die Webcam im Display-Rand liefert akzeptable Bilder. Die Tasten sind deutlich kleiner als vom PC-Keyboard gewohnt, aber gerade noch groß genug für Mehrfingerschreiber. Der deutliche Druckpunkt erleichtert die Umgewöhnung.

Fazit

Ausgerechnet in seiner Spezialdisziplin Stiftbedienung patzt der Schenker MySN TN120R. Die geringe Auflösung der Touchscreen-Schicht macht diesen Tablet PC nahezu unbrauchbar fürs Skizzieren und erschwert den Mitschrieb deutlich, auch deshalb, weil die Hand nicht das Display berühren darf. Für Formularanwendungen kommt er vielleicht in Frage. Dazu kommen die kurze Akkulaufzeit und das trüb wirkende Display. Diese Negativliste dürften einige Anwender schwerer gewichten als den günstigen Preis.

Schade, denn stabile, kompakte Tablet PCs mit integriertem DVD-Brenner und hoher Rechenleistung sind selten. Die wenigen 12-Zoll-Konkurrenten sind der Fujitsu Siemens Lifebook T4220 (ab 1500 Euro), Toshiba Portégé M700 (ab 2200 Euro) und HP Pavilion tx2140eg (950 Euro). Den anderen Tablet PCs im gleichen oder kleineren Format fehlt ein integriertes DVD-Laufwerk.

Wer angesichts der Schwächen des Clevo-Geräts einen anderen Tablet PC bevorzugt, muss abgesehen vom HP Pavilion tx2140eg schon für das nächstgünstigere Modell deutlich tiefer in die Tasche greifen. Das HP 2710p kostet mindestens 1500 Euro, das LG C1-P ab 1700 Euro, das Lenovo Thinkpad X61T ab 1600 Euro [1] – nach oben gibt es fast kein Limit. Wer einen für viele Lebenslagen brauchbaren Tablet PC will, muss also nach wie vor viel Geld ausgeben. (jr)

Literatur
[1] JĂĽrgen Rink, Kunstfertig, Tablet PCs mit drehbarem Bildschirm und Tastatur, c't 5/08, S. 128


Schenker MySN TN120R
Convertible Tablet PC
LieferumfangWindows Vista Premium (32 Bit), Nero Express 7, Putztuch, Modemkabel, Netzteil, Stift
Spezifikation (Testkonfiguration)Intel Core 2 Duo T8100, Intel GM965, 2 GByte RAM, 12,1-Toll-Display (1280 Ă— 800 Pixel), Intel GMA X3100, 120 GByte-HDD (2,5 Zoll, SATA), LAN 10/100/1000 MBit/s, DVD-Brenner, WLAN (802.11a/b/g/Draft-N), Bluetooth, ExpressCard-Steckplatz, Speicherkartenleser (SD/SDHC/MMC, MS/Pro), Fingerabdruck-Scanner, Kamera, V.92-Modem
SchnittstellenVGA, S-Video, USB, IEEE1394, Kopfhörer, Mikro-Eingang, SPDIF-Ausgang
Gewicht / Größe2,2 kg / 30,7 cm × 25,6 cm × 4,2 cm
Preis der Testkonfiguration869 EUR