Der richtige Mix

Noch vor wenigen Jahren war es schwer vorzustellen, dass ein Gerät die Funktionen eines Handys mit den Ausstattungsmerkmalen eines PDA verbinden kann.

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Von
  • Matthias Göbel
Inhaltsverzeichnis

Noch vor wenigen Jahren war es schwer vorzustellen, dass ein Gerät die Funktionen eines Handys mit den Ausstattungsmerkmalen eines PDA verbinden kann. Heute sind die ersten so genannten Smartphones auf dem Markt und buhlen um die Gunst der Käufer. Die Idee ist brillant: Man nehme einen Organizer und setze ein Handy drauf - fertig ist das perfekte Kommunikationsgerät für unterwegs. Mit diesen elektronischen Notitzbüchern kann man telefonieren, E-Mails senden und empfangen und sogar im Internet surfen. Unser Test zeigt die Stärken und Schwächen verschiedener Konzepte: Das Ericsson R380s, Motorola Accompli 008, der Communicator von Nokia sowie das Trium Mondo verfolgen auf verschiedenen Wegen dasselbe Ziel: Grenzenlose Mobilität - und das möglichst bei kompakten Ausmaßen. So genial diese Idee auch ist, bei fast jedem Gerät liegen die Schwächen im Detail: So ist das eine Gerät doch eher ein "aufgeblasenes" Handy, das andere so unförmig, dass man beim Telefonieren etwas eigentümlich aussieht. Einige Geräte lassen sich nur per Stift bedienen, andere haben eine Tastatur, die den Namen nicht verdient. Bei den Unterschieden hat man es als Konsument zuweilen nicht leicht, den Überblick zu wahren und herauszufinden, welches Gerät zu den jeweiligen Bedürfnissen passt. Wir haben die Smartphones zusätzlich einem aufwendigen Strahlungstest unterzogen, da gerade in diesem Bereich sehr viel Aufklärungsbedarf herrscht.

Die SAR-Werte der Smartphones ließen wir im für SAR-Messungen akkreditierten Prüfzentrum der IMST GmbH messen. Das IMST-Prüfzentrum ist aufgrund der langjährigen Erfahrung der Mitarbeiter eine der ersten Adressen in Europa im Bereich Handy-Strahlung. Die Messung findet an einem so genannten Kopfphantom statt. Diese Kopfnachbildung wird mit einer Salzlösung gefüllt, die vergleichbare elektrische Eigenschaften wie das menschliche Gewebe aufweist. Innerhalb dieser Kopfnachbildung wird ein Messfühler von einem Roboter zu den einzelnen Messpunkten bewegt. Dabei wird ermittelt, wieviel Sendeleistung in Wärme umgewandelt wird. Der gemessene Spitzenwert wird auf ein Kilogramm Körpermasse umgerechnet. In der EU dürfen nur Handys vertrieben werden, die bei dieser Messung maximal zwei Watt pro Kilogramm Körpergewicht erreichen. Die Messung wird jeweils im D- und E-Netz vorgenommen. Im E-Netz sind die Werte oftmals niedriger, da Handys in diesem Bereich nur mit einem Watt Sendeleistung arbeiten dürfen, im D-Netz hingegen mit zwei Watt.

In unserer grafischen Darstellung veranschaulicht der helle Bereich das Zentrum der Strahlung, also den Bereich, wo die Intensität am größten ist. Jedes Gerät hat diesen Punkt an einer anderen Stelle. Je heller der Gelbton der Darstellung ist, desto stärker sind die Funkwellen. Blaue und violette Farbtöne hingegen zeigen niedrige Messwerte an.

Das Ericsson R380s ist ein alter Bekannter auf dem Smartphone-Markt. Es sieht einem herkömmlichen Handy zum Verwechseln ähnlich und ist für ein Smartphone sehr handlich und leicht. Der Clou: die Tastatur lässt sich wegklappen und öffnet so den Blick auf das große Display. Im direkten Vergleich zur Konkurrenz muss das Ericsson Federn lassen. Man merkt vor allem in punkto Ausstattung und Bedienung, dass das Gerät nicht mehr zu den jüngsten gehört. So wird beispielsweise die Übernahme einer gewählten Rufnummer in das Telefonbuch zu einer Reise durch die Menüführung. Insgesamt müssen zehn Schritte vollzogen werden, um die Rufnummer in das Telefonbuch zu kopieren. Besonders ärgerlich: die direkte Übernahme einer gewählten Nummer oder der eines eingegangenen Anrufs ist nicht möglich. Man muss sie erst zwischenkopieren und dann in einen neu angelegten Kontakt einfügen.

Mit WAP-Browser und E-Mail-Programm ist das R 380s für die Datenübertragung recht gut gewappnet. Das Thema Fax wird beim Ericsson ausgeblendet: Der Empfang von Faxen ist gar nicht möglich und das Versenden funktioniert auch nur via SMS. Es fehlen sowohl HSCSD als auch GPRS, so dass die Daten nur mit 9,6 Kilobit pro Sekunde tröpfeln. Klasse ist auf jeden Fall das Display. Es ist zwar monochrom, zeigt aber ein gestochen scharfes Bild. Das berührungsempfindliche Display ist genau bedienbar, die Sprachwahl und Sprachsteuerung funktionieren problemlos und zu guter Letzt spricht der Preis des Geräts eine deutliche Sprache: In einigen Shops können Sie das R380s für unter 300 Euro ergattern.

Bei der Akku-Laufzeit-Messung konnte das R380s ĂĽberzeugen. Es deklassierte die Konkurrenz und hielt rund 24 Stunden im Dauerbetrieb durch. Bei der SAR-Messung bildete das Ericsson R380s mit 0,84 Watt pro Kilogramm das Schlusslicht und im Sende- beziehungsweise Empfangstest erzielte es Durchschnittswerte.

Als Klapp-Handy ist das Accompli zu groß geraten, und die Ähnlichkeit zum Organizer ist erst auf den zweiten Blick erkennbar - dann nämlich, wenn man es aufklappt. Motorola scheint hier eine Marktnische besetzen zu wollen, die Erfolg verspricht. Die Stärken dieses Smartphones liegen in der Handlichkeit und in den Datenanwendungen. Das 155 Gramm leichte Gerät lässt sich leicht verstauen und ist somit deutlich handlicher als die Konkurrenz.

Positiv: Der Datenzwerg unterstützt als einziges Gerät im Test die Handy-Highspeedtechnik GPRS. Auf der Organizer-Seite bietet das Accompli die wichtigsten Funktionen wie etwa Kalender, Kontakt und E-Mail. Gelernt hat Motorola auch in Bezug auf die Bedienung. Die Oberfläche ist mit der eines Palm-Organizers vergleichbar und gibt keine Rätsel auf. Unterm Strich eine runde Sache, wäre da nicht der vergleichsweise happige Preis von mehr als 700 Euro. Im direkten Vergleich beispielsweise mit dem Communicator, der 250 Euro mehr kostet, kann das Accompli trotz der Handlichkeit nicht mithalten. Die Verarbeitung ist mäßig, billig anmutendes Plastik, wo das Auge auch hinblickt, und das Display ist auch nicht gerade das Größte.

Im Akku-Laufzeit-Test hielt der Datenzwerg elf Stunden durch. Im D-Netz musste sich das Accompli beim Sende- und Empfangstest mit dem letzten Platz zufrieden geben. Ganz anders im E-Netz: Hier belegte es Platz eins. Bei der Strahlungs-Messung kam das Accompli auf einen SAR-Wert von 0,69 Watt pro Kilogramm.

Der Communicator von Nokia - "Brikett" oder "Zauberknochen"? Die Meinungen gehen weit auseinander - zugeklappt eher Brikett - aufgeklappt eindeutig Zauberknochen. Die Ausstattungsliste ist ansehnlich, und das Smartphone unterstützt bis auf GPRS so ziemlich alles, was das Business-Herz begehrt: Tastatur, E-Mail, Fax, Internet, WAP, jede Menge Organizer-Funktionen, eine Freisprecheinrichtung, die den Namen verdient - das Multitalent zeigt, was es kann und spielt die Konkurrenz an die Wand. Besonders gelungen ist das brilliante Farb-Display, das selbst beim Surfen im Web den gewohnten Anblick herbeizaubert. Auch WAPpen macht Spaß, weil das große Display erheblich mehr anzeigt, als man es von einem Handy gewohnt ist. Mit dem Handy-Turbo HSCSD lädt der Alleskönner Web-Seiten zügig und dank der Java Unterstützung können viele zusätzliche Programme ausgeführt werden.

Zu den Schwachpunkten: Die Synchronisierung der Daten zwischen PC und Communicator dauert mit mehr als 20 Minuten zu lange. Einen Neustart-Knopf sucht man vergeblich. Das erweist sich in der Praxis als sehr nervend; im Test ist das Gerät immerhin einige Male "abgestürzt". Für diesen Fall heißt es die Notbremse ziehen: Akku raus und wieder rein. Erst danach läuft das Gerät wieder problemlos. Schade auch, dass Nokia dem Communicator keinen Vibrationsakku spendiert hat. Die abschließende Frage, ob das Gerät mit 244 Gramm nun schwer oder für die Funktionsvielfalt erstaunlich leicht und handlich sei, lässt sich nicht allgemein beantworten - das ist Ansichtssache.

Der Akku des 9210 war bereits nach sieben Stunden und 25 Minuten leer. Dies liegt unter anderem an dem stromfressenden Farbdisplay. Bei der Messung der Funkqualität hängte der Communicator die Konkurrenz ab. Er setzte sich vor allem in puncto Empfang in Szene und wird Sie auch in Gebieten mit schlechter Netzabdeckung nicht im Stich lassen. Im E-Netz war es genau anders herum: Hier bildete der Communicator das Schlusslicht. Bei der Handy-Strahlung ist die Sache ganz klar: Platz eins für den Communicator. Das Nokia Smartphone kam auf einen SAR-Wert von nur 0,24 Watt pro Kilogramm, bezogen auf zehn Gramm Körpermasse.

Das Trium Mondo ist der Idealtyp eines Smartphones. Kein anderes Gerät vereint so kompromisslos ein Handy mit einem leistungsfähigen Organizer. So sieht das Mondo aus wie ein ganz gewöhnlicher Organizer mit Antenne. Der Vorteil des PDA-Formats: das Gerät ist sehr flach und liegt gut in der Hand. Der Nachteil: Beim Telefonieren am Ohr ist die Größe des Multitalents sehr gewöhnungsbedürftig. Dafür bietet es eine erstklassige Freisprecheinrichtung. Die Ausstattung ist wie auch beim Nokia ansehnlich. HTML- und WAP-Browser, E-Mail, ausschaltbare Telefonfunktion, sogar ein integrierter MP3-Player ist mit an Bord. Auch E-Books, also Bücher zum Herunterladen aus dem Internet, unterstützt das Gerät. Der potentielle Kunde muss indes tief in die Tasche greifen - fast 1000 Euro sind dafür fällig.

Es gibt einen wesentlichen Unterschied zum Communicator: längere Texte zu verfassen, ist nicht gerade ein Vergnügen. Da punktet der Communicator - seine Tastatur ist im Vergleich zur Stiftbedienung über jeden Zweifel erhaben. Das Mondo-Display ist auch leider nur durchschnittlich. Schade, dass Trium keine Erweiterungsmöglichkeiten anbietet. Speicherkarten und eine Bluetooth-Schnittstelle sucht man vergeblich.

Mit sieben Stunden und 40 Minuten lag das Trium Mondo im Mittelfeld beim Akku-Ausdauer-Test. Beim Sende- und Empfangstest reichte es fĂĽr das Mondo sowohl im D- als auch im E-Netz nur fĂĽr einen Platz im Mittelfeld des Tests. Der maximale SAR-Wert lag bei 0,72 Watt pro Kilogramm und war damit fast drei mal so hoch wie der des 9210.

Es ist nicht einfach, die Geräte miteinander zu vergleichen. Die Bezeichnung Smartphone ist weit gefasst und die Konzepte der Hersteller sind zum Teil sehr unterschiedlich. Fällt der Communicator in die Kategorie "zu heiss gewaschenes Notebook", so ist das Motorola Accompli 008 doch eher in Form und Funktion mit einem Handy vergleichbar. Anders das Mondo: Trium hat einen leistungsfähigen Windows CE Organizer entwickelt, der Handy-Funktionen besitzt. Der Fokus liegt hier auf den Organizer-Qualitäten. Das Ericsson R380s verliert bei diesem Test zwar nach Punkten, kriegt aber eine Budget-Empfehlung. Nirgends gibt es mehr Smartphone fürs Geld. Im Strahlungs-Test verdient sich vor allem der Communicator Lorbeeren: Im D-Netz deklassiert er mit einem SAR-Wert von 0,24 Watt pro Kilogramm die Konkurrenz und wird Sie auch in schlecht versorgten Funkgebieten so schnell nicht im Stich lassen. (mgo)