Akzeptanzproblem WLAN-Hotspot
Die Sorge der Mobilfunkbetreiber, die rasante Verbreitung von WLAN-Hotspots könnte die UMTS-Multimediadienste gefährden, ist nach Ansicht des Wissenschaftlichen Instituts für Kommunikationsdienste (WIK) unbegründet.
- Richard Sietmann
Netzkonvergenz und Nulltarif-Konkurrenz gefährden kommerzielle öffentliche WLANs, eine Gefährdung für UMTS stellen Sie hingegen nicht dar.
"Den potenziellen Nutzern sind die Angebote gegenwärtig oft zu teuer, zu umständlich und häufig auch zu unsicher", stellt das Bonner Institut in seiner Studie "Der Markt für Public Wireless LAN in Deutschland" fest; "an den meisten Hotspots werden pro Tag weniger als fünf Kunden gezählt". Für viele der anvisierten Kunden, so das WIK, "sind die heutigen Preise prohibitiv hoch".
Der drahtlose Internetzugang kostet gegenwärtig zwischen fünf und zehn Euro pro Stunde und zwischen 15 und 25 Euro für den ganzen Tag. Nach den Preismodellen der meisten Anbieter läuft das Zeitguthaben unabhängig von der tatsächlich genutzten Onlinezeit nach dem Parkuhrprinzip ab und verfällt beim Abmelden, sodass schon das Abrufen oder Verschicken einer E-Mail den Anwender bis zu zehn Euro kosten kann. Deshalb würden die Hotspots praktisch nur von IT-erfahrenen Geschäftsreisenden mit hoher Zahlungsbereitschaft sowie von IT-Freaks unter den privaten Anwendern genutzt, die sich von den unterschiedlichen, teilweise komplizierten Zugangskonfigurationen und Abrechnungsprozeduren der Anbieter nicht abschrecken lassen.
Alternativen
Bei der Vielzahl kleinerer Hotspots in Cafés, Restaurants oder Hotels sei ein rentables Geschäft auch mittel- bis langfristig eher unwahrscheinlich; sie würden sich allenfalls indirekt rechnen, wenn das Surfangebot durch höhere Verweildauer und Konsum die Erträge in der Gastronomie steigert. Im Rahmen einer solchen Mischkalkulation könnte es sogar wirtschaftlich sein, kostenlose PWLAN-Zugänge für die Gäste einzurichten, zumal dann der Aufwand für das Abrechnungssystem entfällt, bilanzierte das Institut.
Der Analyse des WIK zufolge gerät das Geschäftsmodell der kommerziellen Hotspot-Betreiber von einer zweiten Seite in die Zange. Angesichts weiter sinkender Preise für die WLAN-Funkschnittstellen können Handys künftig standardmäßig WLAN-fähig sein. Die Mobilfunk-Netzbetreiber können diese Konvergenz von PWLAN und Mobilfunk zum Aufbau einer hybriden Netzplattform nutzen, bei der sich die hohe Mobilität von UMTS und die hohe Übertragungskapazität an den Hotspots gegenseitig ergänzen.
In dieser Integrationsstrategie zu "Seamless Mobile Services" würden Nutzer kaum mehr erkennen können, über welche Übertragungsplattform sie gerade kommunizieren. Mit der SIM-Card, die in Handys auf einfache Weise den Netzzugang und die Entgeltabrechnung abwickelt, haben die Mobilfunkanbieter das zentrale Element zum nahtlosen Plattformwechsel bereits in der Hand.
Angebot und Nachfrage
Ăśber die Erkenntnisse der WIK-Studie sprach heise mobil mit Bernhard Gutsche von der BerlinNet GmbH, die in der Bundeshauptstadt derzeit 70 Hotspots betreibt und mit dieser Zahl im bundesweiten Ranking den siebenten Platz unter den PWLAN-Anbietern einnimmt.
heise mobil:Das WIK kritisiert die "prohibitiven" Preismodelle der PWLAN-Anbieter - zu Recht?
Bernhard Gutsche: Die Kritik an den Tarifen der großen Anbieter ist sicherlich berechtigt und bestätigt unsere eigenen Analysen. Fünf bis zehn Euro pro Stunde - das ist schon prohibitiv. Und wenn der User zwischendurch mal telefonieren muss, muss er sich beeilen, sonst verfällt die Restzeit. Deshalb haben wir unser Produkt dslnet@air von Anfang an anders und fair ausgerichtet. Bei uns kostet die Stunde Einschaltzeit 3,30 Euro für die vorausbezahlte 3-Stunden-Zeitkarte und 2,50 Euro für die 10-Stunden-Karte. Dabei werden nur die pro Session verbrauchten Minuten vom Zeitwert der Karte abgezogen; das restliche Guthaben bleibt ein Jahr lang gültig.
heise mobil: Wie entwickelt sich die Nachfrage?
Gutsche: Wir verzeichnen jeden Monat steigende Nutzerzahlen und steigende Umsätze. Natürlich gibt es "gute" und "schlechte" Hotspots, aber wir haben etliche, die die vorgegebene Zahl von fünf Usern am Tag weit überschreiten. Der Markt entwickelt sich doch eigentlich erst seit kurzem, und man kann heute schon sagen, dass in diesem Jahr die Nachfrage explosionsartig gestiegen ist.
heise mobil: Steht zu erwarten, dass künftig Hotels und Gaststätten öffentliche Internetzugänge kostenlos anbieten und den Hotspot durch Mischkalkulation finanzieren?
Gutsche: Das glaube ich nicht. Der Betrieb eines öffentlichen WLAN kostet Geld und erfordert Know-how, deshalb werden das nicht viele machen, und kleinere Hotels und Gaststätten schon gar nicht. Entscheidend ist doch die IT-Dienstleistung, und dafür ist das Personal in der Gastronomie in aller Regel nicht geschult. Ich sehe da keine Konkurrenz entstehen. In der Praxis läuft das auch meist anders. Wir sprechen zum Beispiel auch mit Interessenten, die ihren Gästen WLAN kostenlos anbieten wollen und an uns herangetreten sind, den Hotspot aufzubauen und zu betreiben. Das ist keine Konkurrenz, nur ein anderer Vertriebsweg.
heise mobil: Konkurrenz droht aber durch die Expansionsstrategie der Mobilfunkbetreiber, sobald UMTS-Handys mit WLAN-Schnittstelle auf den Markt kommen. Die Telekom hat bereits angekĂĽndigt, mehr als zehntausend Hotspots aufbauen zu wollen.
Gutsche: Das wird spannend. Die Telekom hat das angekĂĽndigt und ist auch fleiĂźig dabei, Standorte zu akquirieren. Aber vieles davon ist noch VorankĂĽndigung nach dem Motto "coming soon". In der jetzigen Phase will sie damit wohl die MarkteinfĂĽhrung von UMTS absichern, indem sie versucht, den gesamten PWLAN-Markt an sich zu reiĂźen, denn natĂĽrlich nehmen die WLAN-Hotspots UMTS einige Marktanteile weg. Mit einer marktbeherrschenden Stellung kann man dann die WLAN-Tarife kĂĽnstlich hochhalten und auf diese Weise UMTS preislich schĂĽtzen. Gegen diese Strategie helfen nur Allianzen der kleineren WLAN-Betreiber. (jk)
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Quelle: portel.de, Stand 13.4.2004
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Stand: April 2004