UWB: Störer oder Helfer?

Ultrawideband-Funkgeräte nutzen ein breites Frequenzspektrum und treten damit in Gegensatz zur regulatorischen Tradition der Zuteilung fester Frequenzen: Sie überdecken viele Frequenzbereiche gleichzeitig.

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Oliver Bartels

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Mangelhaft entstörte Elektrogeräte sind im realen Leben weit verbreitet. Ältere Staubsauger etwa pusten nicht nur lärmend Feinstaub in die Luft, sondern führen mit ihren elektromagnetischen Störungen in vielen Frequenzbereichen zu Beeinträchtigungen, etwa beim Rundfunkempfang in den Nachbarwohnungen. Dennoch steht UWB kurz vor dem kommerziellen Einsatz – eine Technologie, die sehr breitbandig, aber mit einer sehr geringen Sendeleistung zur drahtlosen Kurzstreckenverbindung von DVD-Player, Stereoanlage, Handy und PC dienen soll.

Einen Überblick über neue Funktechnologien liefert der Beitrag Kabel kappen.

Neue Funk-Standards stehen vor dem Problem, dass ihnen kaum mehr neue Frequenzen zugebilligt werden. Das nutzbare Spektrum wurde von den Regulierern schon weitgehend an etablierte Anwendungen wie Mobiltelefonie oder Rundfunk verteilt. In den schmalen freien Frequenzbändern konkurriert etwa WLAN mit Funksteuerungen für Garagentore und anderen Anwendungen. Einen Ausweg aus diesem Dilemma könnte die UltraWideBand-Technologie weisen. Kritiker wenden jedoch ein, dass bei einer massenhaften Verbeitung von UWB-Sendern auch sicherheitsrelevante Funkdienste wie das Flug-Radar oder das Ortungssystem GPS in Mitleidenschaft gezogen werden. UWB-Befürworter halten es hingegen für möglich, die Störstrahlung dieser Geräte so niedrig zu halten, dass das komplexe Gefüge der schmalbandigen Funkdienste erhalten bleibt. Angesichts des wirtschaftlichen Potenzials von UWB im Heimbereich beginnen auch die nationalen Regulierungsbehörden, das Potenzial der vermeintlichen Funkschleudern auszuloten.

Erste Ultrabreitband-Sender haben quasi-zufällig Pulse mit mehreren Gigahertz Grundfrequenz abgesetzt. Durch die Pulsmodulation verteilt sich die Energie ultrabreitbandig. Der Pulsfunk ist letzlich nur eine Art Amplitudenmodulation, allerdings mit einem Rechtecksignal, welches von Haus aus extrem viele Oberwellen enthält. Diese Oberwellen erscheinen im Sendesignal in den Seitenbändern. Die Information kodiert man etwa über Wechsel der Phasenlage. So teilt der Sender immer dann eine logische 0 mit, wenn er zueinander synchrone Pulse absetzt. Invertiert er das Signal, meint er eine 1.

Diese Modulationsart stört jedoch Radarsysteme und dicht am natürlichen Rauschpegel sendende Satelliten wie GPS erheblich. Daher kombiniert man UWB mit klassischen Modulationen. Die IEEE-Gruppe 802.15.3a diskutiert daher nur zwei Standardisierungsvorschläge mit den "üblichen Verdächtigen": Orthogonal Frequency Division Multiplex (OFDM) und Direct Sequence Spread Spectrum (DSSS) – mehr dazu findet sich im Beitrag Gespreiztes Spektrum

OFDM braucht eine komplizierte Logik für die schnelle inverse Fouriertransformation; der analoge Empfänger ist eher einfach beschaffen. Beim Pulsfunk ist die Logik simpel, aber exakt pulsende Sendeendstufen sowie hinreichend empfindliche Breitbanddetektoren sind aufwendig herzustellen – wie auch Equalizer für Direct-Sequence-Systeme. Insgesamt sind Direct-Sequence-Systeme einfacher als OFDM-Pendants.

Beide Vorschläge ähneln WLAN, nur eben mit Datenraten im Gigabit-Bereich. Der ursprüngliche, pulsmodulierte Ansatz ist nicht mehr enthalten, denn im Grunde ist die breitbandige Verteilung der Leistung mittels Pulsmodulation eine Schnapsidee: Nur wenn man den Datenstrom so gestalten kann, dass in der Hälfte aller Fälle eine Phasendrehung erfolgt, lässt sich die Bildung eines unerwünschten AM-Trägers unterdrücken – sonst entsteht eine feste Trägerfrequenz, die ihre Sendeleistung auf ein schmales Band konzentriert und nicht flach über das Band verteilt. Aber "irgendwo" muss auch Information übertragen werden. Die Pulse sollten einerseits Information tragen, andererseits aber möglichst gleich verteilt sein, damit es so aussieht wie in der Abbildung "Guter Pulsfunk" und nicht wie in "Böser Pulsfunk". Doch genau das Überhandnehmen des Letzteren befürchten die Nutzer konventioneller Dienste.

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Guter Pulsfunk: Das Signal ist breitbandig verteilt und hinreichend leise, stört also keine anderen Funk-Dienste. Vergrößern

Ein Puls hat immer weniger Leistung als ein stetig gesendetes Signal. Wenn ein Tastverhältnis von 1:10 vorliegt, dann stehen auch nur zehn Prozent der Leistung zur Verfügung – und die Reichweite nimmt drastisch ab. Man kann dies durch höhere Pulsleistung kompensieren, muss aber mehr Störungen in Kauf nehmen; die Endstufe erzeugt mehr unerwünschte Seitenlinien (siehe Abbildung "Böser Pulsfunk"). Alternativ kann man auch die Pulszahl pro Bit erhöhen, muss aber abnehmende Datenraten hinnehmen.

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Böser Pulsfunk: Die Seitenbänder ragen als einzelne Linien aus dem Spektrum heraus. Sie sind der Knackpunkt: Da zu intensiv, stören sie die in diesen Bändern zugelassenen Dienste. Vergrößern

Hohe Datenraten in Kombination mit der drastischen Leistungsbegrenzung ergeben für solche Systeme nur wenige Meter Reichweite, so dass sich OFDM- und DS-UWB als superschnelle Schnittstellen für Unterhaltungselektronik aufdrängen. Die Befürworter rechnen mit massenhafter Verbreitung. Gegner fürchten jedoch, dass gerade die Massenanwendung das Funk-Spektrum verstopft und andere Funk-Dienste behindert. In den USA darf UWB (zunächst versuchsweise) mit maximal nur -41,3 dbm/MHz senden. Studien der britischen Regulierungsbehörde Ofcom zeigen Ausfälle einiger Dienste (darunter DVB-T und Bluetooth), weil UWB den Rauschpegel in den überlagerten Frequenzbändern zu weit anhebt.

Das passiert allerdings nur unter ungünstigsten Bedingungen – wenn "viele" UWBs in einem Raum gleichzeitig senden. Dennoch fordert die Ofcom für UWB ein eigenes Band, was der ursprünglichen UWB-Philosophie auch die letzte Kerneigenschaft nehmen würde. Weil die interessanten Plätze im Spektrum schon belegt sind, ist ein UWB-Band eigentlich kaum möglich, und es wurde ja gerade wegen der Frequenzknappheit ersonnen. Anfang 2005 unternahm die Ofcom einen Vorstoß, UWB europaweit einheitlich zu regulieren und veröffentlichte eine umfangreiche Studie zum wirtschaftlichen Potenzial von UWB-Anwendungen.

Die UWB-Industrie ist nach nach dem kürzlichen Zusammschenschluss zweier Interessenerbände entweder dem Lager der WiMedia Alliance oder dem UWB-Forum zuzurechen: Deren jeweils bevorzugte UWB-Varianten unterscheiden sich etwa so sehr wie Otto- und Dieselmotoren. (dz)


Weiterführende Links zu UWB
National Institute of Standards and Technology: Why UWB? A Review of Ultrawideband Technology (PDF, 78 Seiten)
UWB Colloquium: Ultra Wide Band Compatibility Study (PDF, 14 Seiten)
Studie für Ofcom: Value of UWB Personal Area Services to the Uninted Kingdom (PDF, 218 Seiten, ca. 1.300 KByte)