Doppelherz

Nachdem Doppelkern-Notebooks endlich im Handel sind, steht nun fest, wie viel Strom sie wirklich brauchen, wie schnell ein Centrino-Duo-System läuft und welche Anwendungen vom gemeinsamen Cache der beiden Kerne profitieren.

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  • Dr. JĂĽrgen Rink

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Nachdem Doppelkern-Notebooks endlich im Handel sind, steht nun fest, wie viel Strom sie wirklich brauchen, wie schnell ein Centrino-Duo-System läuft und welche Anwendungen vom gemeinsamen Cache der beiden Kerne profitieren.

Den Core Duo hat Intel im Januar vorzeitig präsentiert, aber erst jetzt, einige Monate später, kommen Notebooks in ausreichenden Mengen in den Handel. Die damit gewonnenen Erfahrungen und Messungen erlauben nun eine verlässliche Einschätzung der Technik, die wir an dieser Stelle diskutieren.

Wie sich ein Core-Duo-Notebook in der Praxis bewährt, hängt bei der Doppelkerntechnik noch mehr als bei anderen Plattformen von der Anwendung ab. Für Büroanwendungen oder Video-Konsum allein genügen Notebooks der vorletzten Generation. Hier kommt es hauptsächlich auf den CPU-Takt an, Verbesserungen wie die SSE3-Befehle spielen nur vereinzelt eine Rolle. Soll heißen, ein typisches Centrino-Notebook mit Pentium M 750 (1,86 GHz), FSB533 und GMA 900 hängt ein niedriger getaktetes Centrino-Duo-System mit Core Duo T2300 (1,66 GHz), FSB667 und GMA 950 bei Anwendungen ab, die nur einen Kern nutzen. Bei gleicher Frequenz liegt ein Centrino Duo vor allem wegen der schnelleren Speicheranbindung eine Nasenspitze vorne.

Wenn aber im Hintergrund arbeitende Tools wie Virenscanner und Desktop-Suchmaschinen laufen, dann beansprucht das einen Pentium M enorm. Hier bringt ein zweiter Kern deutliche Entlastung und Produktivität, weil man zum Beispiel trotz stapelweiser RAW-Konvertierung von Megabyte großen Bildern sich um seine Mails kümmern kann.

Die gefühlte Leistungssteigerung ist immens, aber nur dann, wenn die Festplatte nicht über Gebühr strapaziert wird: Mit etwa 30 MByte/s fällt ihr in Notebooks die Rolle des Flaschenhalses zu. "Doppelkern"-Festplatten, sprich: RAID-0-Systeme aus zwei Festplatten mit Raten von 70 MByte/s, stecken nur vereinzelt in 17-Zoll-Notebooks.

Unabhängig von parallel laufenden Programmen profitiert eine einzelne Anwendung vom Doppelkern, wenn sie Multithreading-fähig ist: Sie muss ihre Aufgaben auf parallel abzuarbeitende Threads verteilen können, damit sie mit Dual Core im Vergleich zu einem einzigen Kern deutlich Dampf zulegt. 3D-Anwendungen wie Cinema 4D und 3ds Max können das bereits, auch Videoschnitt-Systeme wie Avid Liquid, Pinnacle Studio oder Adobe profitieren vom Doppler-Effekt, ebenso moderne RAW-Konverter. Allerdings sollte man bei großen Bildern den Hauptspeicher auf 2 GByte aufrüsten.

Bei der Grafikanwendung Photoshop hängt`s vom Filter ab, wie groß der Leistungssprung ausfällt: Wenn Photoshop das CCD-Rauschen eines Bildes entfernt, geht das deutlich schneller. Das Raytracing-Programm CineBench profitiert zusätzlich auch von den SSE-Verbesserungen, die beim Rendern etwa zehn Prozent des Geschwindigkeitszuwachses ausmachen.

Paint Shop Pro und CorelDraw lassen übrigens den zweiten Kern links liegen. Auch Virenscanner und Consumer-Videoschnittprogramme wie Magix Video Deluxe, aber auch Macromedia Flash sind nicht Multithreading-fähig. Bei ihnen liegt der Vorteil allein darin, mehrere Anwendungen parallel betreiben zu können, ohne dass eine von ihnen ins Stocken kommt – Multiapplication statt Multithreading sozusagen.


VerfĂĽgbare Yonah-Prozessoren
FSB 667 MHz, 2 MByte L2-Cache, 65-nm-Technik
NameTakt [GHz]Zahl der KerneTDP [Watt]Preis [US-Dollar]
Core Duo T26002,16231637
Core Duo T25002231423
Core Duo T24001,83231294
Core Duo T23001,66231241
Core Solo T13001,66127209
Core Duo L2400 LV1,66215316
Core Duo L2300 LV1,5215284

CPU-Innenleben

Um die unübersichtliche Bezeichnungsvielfalt zu entwirren: Die Plattform heißt Centrino Duo (Code-Name Napa), wenn sie aus dem Doppelkernprozessor Core Duo (Code-Name Yonah), dem Chipsatz Mobile 945 mit Southbridge ICH-7M und einem WLAN-Modul von Intel besteht. Doch auch weiterhin wird es Pentium-M-Notebooks mit Mobile-915-Chipsatz geben: Zum einen fehlt Intel noch der für sehr kleine Notebooks unverzichtbare ULV-Core-Duo, zum anderen stellen die Branchengrößen nur einige ihrer Modellserien auf Centrino Duo um.

Auch an eine neue Nomenklatur für die Doppelkerne muss man sich gewöhnen. Ein fünfstelliger Code kennzeichnet den Prozessor, wobei der erste Buchstabe den maximalen Leistungsbedarf beschreibt: ein L meint LV-Prozessoren von 15 bis 25 Watt und T steht für Mobilprozessoren mit mehr als 25 Watt. Die nächsten vier Ziffern beschreiben die nicht näher definierte Leistungsfähigkeit des Prozessors.

Die 65-nm-Fertigungstechnik kam beim Core Duo zum ersten Mal zum Einsatz. Sie hilft genauso beim notwendigen Energie sparen wie der gemeinsame L2-Cache: Beide Kerne teilen sich den zwei Megabyte großen Zwischenspeicher. Die Zugriffe darauf werden vorher gebündelt. Die Kerne können getrennt runtertakten, laufen aber mit der gleichen Spannung, weil sie nur eine gemeinsame Spannungsversorgung haben. Einige Schlafmodi erreichen sie ausschließlich gemeinsam, beispielsweise den so genannten Enhanced Deeper Sleep, bei dem Yonah den L2-Cache abschaltet und die Kernspannung noch weiter absenkt.

Trotz zweier Kerne gelang es Intel, die maximale Leistungsaufnahme auf 31 Watt zu begrenzen, nur wenig über dem Wert des Pentium M mit 27 Watt. Wenn das Notebook lediglich das Betriebssystem am Laufen hält, muss der Akku nur wenige Watt an die CPU liefern. Centrino-Duo-Notebooks laufen also in etwa gleich lang wie die Centrino-Vorgänger und können wegen der geringen Abwärme ebenso flach sein.

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Wie eine Anwendung den zweiten Kern nutzt, verrät der Windows Task Manager: Die Berechnung von 80000! im Windows-Rechner beispielsweise läuft nur auf einem Kern ab und lastet ihn aus. Vergrößern

Die Aufregung um stromhungrige Centrino-Duo-Maschinen, wenn USB-2.0-Peripherie dranhängt, hat sich mittlerweile gelegt. Schuld hat nicht die neue Hardware, sondern Windows: Der Prozessor fragt die USB-Schnittstelle in so kurzen Intervallen ab, dass er seltener in seine Stromspar-Modi fällt. Unter Windows XP tritt der Fehler allerdings nur bei wenigen Kombinationen aus Chipsatz, USB-Gerät und Prozessor auf; Microsoft arbeitet angeblich an einem Patch. Es bleibt also dabei: Centrino-Duo-Notebooks sind so stromsparend wie die Vorgänger, jedenfalls mit der in den Chipsatz integrierten Grafik.

Im Kern selbst beschleunigt die SSE-Einheit einige neue Befehle, hat einen verbesserten Decoder und versteht SSE3-Befehle. Mit 64-Bit-Instruktionen kann ein Yonah jedoch nichts anfangen. Eher hinter vorgehaltener Hand hat Intel zugegeben, dass die CPU bereits die hauseigene Virtualisierungstechnik Vanderpool (VT) als OEM-Option enthält. Das bedeutet, die Notebook-Hersteller müssen VT im BIOS freischalten, was unserer Erfahrung nach jetzt in den meisten Geräten der Fall ist.

Die schnellsten Core Duo T2600 mit 2,16 GHz und T2500 mit 2,0 GHz lässt sich Intel fürstlich bezahlen (siehe Tabelle), die beiden niedriger getakteten T2400 mit 1,83 GHz und T2300 mit 1,66 GHz kosten nur 20 Prozent mehr als annähernd gleich getaktete Pentium-M-Modelle. Ob der geringe Preisunterschied beim Kunden ankommt, bestimmt allerdings der Händler. Centrino-Duo-Notebooks gibt es in fast jedem Marktsegment und für fast jeden Geldbeutel. Der tatsächliche Aufpreis im Vergleich zum Pentium-M-Portablen ist schwer zu beziffern, dürfte aber bei T2300 und T2400 etwa zwischen 100 und 200 Euro liegen.

Zu den Vieren gesellen sich noch die beiden Low-Voltage-Modelle Core Duo L2300 LV sowie L2400 LV mit 1,5 GHz respektive 1,66 GHz und einem maximalen Leistungsbedarf (TDP) von 15 W. Auch ein Core Solo T1300 mit 1,66 GHz und nur einem Kern steht auf Intels Verkaufsliste.

Chipsatz und Grafik

Yonah-CPUs passen nicht in Pentium-M-Notebooks, sie brauchen den Chipsatz Intel Mobile 945. Er bringt nur wenig Änderungen im Vergleich zum Vorgänger, schaufelt aber wegen seines Frontsidebus FSB667 die Daten mit theoretisch 5,3 GByte/s deutlich schneller als bisher über die Leitungen (4,3 GByte/s bei FSB533). Das Speicher-Interface besteht aus zwei DDR2-Kanälen, die außer PC2-3200- und PC2-4200- jetzt auch PC2-5300-Module (DDR2-667) unterstützen. Die theoretische maximale Transferrate von 10,6 GByte/s reicht, um neben dem Prozessor auch noch die integrierte Grafik des 945 GM zu bedienen. Vier Gigabyte Hauptspeicher verträgt der Mobile 945, doch die Maximalausstattung beträgt derzeit praktisch nur zwei Gigabyte – 2-GByte-Module kosten über 3000 Euro, wenn sie überhaupt erhältlich sind.

Die Southbridge bringt sechs statt bisher vier PCI-Express-Lanes für Peripherie mit. Neben ExpressCards, den Nachfolgern der PC Cards, versorgen sie auch interne MiniCards, die Nachfolger der MiniPCI-Cards. Diese können wahlweise über PCI-Express oder über USB-2.0 angebunden werden. Noch im Frühjahr kommen Notebooks mit UMTS auf den Markt, wobei die UMTS-Hardware als MiniCard im Notebook steckt.

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Zur Centrino-Duo-Plattform gehören neben diesem Core-Duo-CPU auch Chipsatz und WLAN-Modul.Vergrößern

Zur Chipsatzversion 945GM gehört die Grafikeinheit GMA 950, die geringfügig leistungsfähiger ist als der Vorgänger GMA 900. Wichtig für Windows Vista: Sie ist DirectX-9-fähig. Für zeitunkritische 3D-Spiele genügt sie, aber schon die billigsten externen 3D-Grafikchips von Nvidia und ATI liegen mindestens gleichauf. Doch selbst Anwendungen wie Bildbearbeitung oder Videoschnitt laufen mit der GMA 950 wie geschmiert, sofern mindestens 512 MByte Hauptspeicher bereit stehen.

Für einen externen 3D-Grafikchip sollte man sich daher nur dann entscheiden, wenn man deren Leistung zum Beispiel für aktuelle 3D-Shooter tatsächlich braucht, denn erstens schluckt Highend-Grafik mehr Leistung als die CPU und zweitens haben die meisten Hersteller den Leistungsbedarf der Grafikanbindung über PCI-Express zum Chipsatz 945PM nicht im Griff, genauso wenig übrigens wie beim Centrino-Vorgänger: Selbst ohne Last genehmigen sich einige 3D-Notebooks zum Teil weit über 20 W, was bis zu 50 Prozent über dem Wert für Geräte mit integrierter Grafik liegt. So benötigte das Acer TravelMate 8200 mit ATI Mobility Radeon X1600 mit aktivierten Energiemodi heftige 25 W. Dass es besser geht, zeigen Modelle wie das Sony Vaio SZ, das wir als Prototyp in Augenschein nahmen, und der Apple MacBook Pro. Etliche Spiele füllen den Hauptspeicher, mindestens 1024 MByte sollte man dem Spielmobil daher spendieren.

ZukĂĽnftiges

Die Doppelkern-Welt in Desktop-PCs dominiert heute AMD – sowohl hinsichtlich Verfügbarkeit als auch, was die Rechenleistung angeht. Dem Doppelkernsturm konnte sich der Intel-Konkurrent auch bei Notebooks nicht entziehen: Mitte Mai hat AMD seinen Dual-Core-Mobilprozessor Turion 64 X2 vorgestellt [5]. Erste Notebooks sollen Ende Juni in die Läden kommen. Zu technischen Details schweigt sich AMD noch weitgehend aus, zu immerhin drei Modellvarianten TL-50, TL-52 und TL-56 nennt die AMD-Compare-Webseite für Notebook-Prozessoren Taktfrequenz, L2-Cache-Kapazität und Leistungsaufnahme, die 31 Watt (wie bei Intels Core Duo) beziehungsweise 33 Watt beträgt. Der TL-50 läuft mit 1,6 GHz und enthält pro Kern 256 KByte L2-Cache, der TL-52 bei gleicher Taktfrequenz jeweils 512 KByte L2-Cache. Der TL-56 erreicht 1,8 GHz bei zweimal 512 KByte L2-Cache. Ob damit ähnlich genügsame Notebooks wie die Centrino-Duo-Modelle möglich sind, hängt übrigens nicht nur von der CPU ab, sondern von deren Zusammenspiel mit Chipsatz und Grafik.

Intel hat das Energie-Management derzeit im Griff und wartet nicht, bis AMD auch Notebooks mit Doppelkernen bestückt. Im Sommer soll der neue Core-Duo-Spitzenreiter T2700 mit 2,33 GHz kommen, und endlich auch die ULV-Prozessoren: Allerdings läuft der U2500 mit 1,06 GHz noch langsamer als der Vorgänger Pentium M ULV 773 mit 1,3 GHz. Des Weiteren hat Intel LV-Modelle und mehr Core-Solo- und Core-Duo-CPUs in der Roadmap; auch Celeron-Modelle mit Yonah-Kern für Billig-Notebooks soll es geben, doch ob sie mit einem oder zwei Kernen laufen und auf wie viel Cache sie zugreifen, drang bislang noch nicht an die Öffentlichkeit.

Der Pentium M war der erste Mobilprozessor von Intel, darauf aufbauend folgte der Core Duo bzw. Solo, und die nächste Plattform soll Micro Architecture heißen. Sie stammt von der Mobilplattform ab, umfasst aber nicht nur Notebooks, sondern auch Desktop-PCs und Server – ein Novum. Der Core-Prozessor wird der erste vierfach skalare x86er sein. Er kann also vier Mikroinstruktionen an die Funktionseinheiten schicken, bisher sind nur drei möglich. Der Mobilprozessor heißt Merom, versteht 64-Bit-Befehle und soll auf einen doppelt so großen L2-Cache zugreifen. Der Frontsidebus ist auf FSB800 beschleunigt. Zukünftige Highend-Mobile machen bei Doppelkern-CPUs nicht halt, sondern werden auch auf Doppelgrafik setzen: Nvidia bringt die SLI-Technik in Notebooks. Taiwanische Hersteller haben bereits Barebones gezeigt, in denen zwei GeForce Go 7800 GTX Platz finden und die SLI-fähige Version von Nvidias nForce-4-Chipsatz läuft. Energiesparende Notebooks sind damit allerdings nicht möglich.

Fazit

Das Konzept des von beiden Kernen genutzten Caches geht auf: Damit können mehrere Anwendungen gleichzeitig laufen, die auf den gesamten 2 MByte großen L2-Cache zugreifen, ohne dem Anwender zusätzliche Zwangspausen aufzubürden. Bei einer Anwendung allein hat ein Centrino-Duo-System bei gleichem Takt im Vergleich zum Centrino mit Pentium M allerdings nur geringfügig die Nase vorn.

Die größere Cache-Latenz oder das so genannte Trashing, wenn sich zwei Anwendungen um denselben Cache-Bereich streiten, haben übrigens unseren Messungen nach kaum Einfluss auf die Rechenleistung.

Ein Core Duo braucht maximal 31 Watt und ist in vielen Fällen ähnlich leistungsfähig wie der Doppelkern-Prozessor Athlon 64 X2 für Desktop-PCs mit 90 W. Wenn jetzt der Neukauf ansteht, hat man bei Pentium-M- oder Turion-64-Notebooks noch die weitaus größere Auswahl, aber mit Centrino Duo holt man sich mehr Zukunftssicherheit ins Haus – und immer häufiger auch den lange gewünschten DVI-Anschluss für die externe Anzeige. (jr)

Literatur
[1] Jörg Wirtgen, Kräftiger Pausenfüller, Notebooks mit Intels Zweikernprozessor Core Duo, c't 6/07, S. 164
[2] Nico Nowarra, Joachim Sauer, Andrea Trinkwalder, Zweispänner, Wie Anwendungen von Dual-Core-Systemen profitieren, c't 4/06, S. 132
[3] Benjamin Benz, Doppeltes Spiel, Dual-Core-PCs im Vergleich, c't 4/06, S. 120
[4] Jörg Wirtgen, Einen Doppelten auf den Weg, Intels weiterentwickelte Centrino-Mobilplattform Napa mit dem Zweikern-Prozessor Yonah im Test, c't 2/06, S. 73
[5] Christof Windeck, AMD stellt den Doppelkern-Mobilprozessor Turion 64 X2 vor, www.heise.de/newsticker/meldung/73207