Power in Convertibles
Tablet PCs ĂĽberzeugen mit sehr guten Displays und hoher Rechenleistung, laufen lange und sind wegen des Stifts flexibel einsetzbar.
- Dr. JĂĽrgen Rink
Tablet PCs ĂĽberzeugen mit sehr guten Displays und hoher Rechenleistung, laufen lange und sind wegen des Stifts flexibel einsetzbar. Die neue Generation der sogenannten Convertibles eignet sich damit fĂĽr einen ĂĽberraschend groĂźen Anwenderkreis - vorausgesetzt, man findet nicht nur Geiz geil.
Die Convertibles unter den Tablet PCs - also Notebooks mit Drehdeckel - haben sich jüngst zu einer Gerätekategorie gemausert, die der Notebook-Sparte in wichtigen Aspekten überlegen ist: Während fast alle Notebooks verfälschte, blasse Farben bei schräger Draufsicht zeigen, überraschen viele Tablet PCs mit kontrastreichen Bildern aus allen Blickrichtungen - ohne nervige Spiegeloberflächen.
Zwar haperte es besonders bei kleinen Tablet PCs bislang an der Rechenleistung, doch dank aktueller Doppelkern-Prozessoren laufen seit kurzem auch einige 12-Zoll-Geräte mit hoher Geschwindigkeit. Zur Zeit gibt es viele Subnotebooks, aber nur wenige mit Core 2 Duo - die Tablet PCs haben daran einen großen Anteil.
Ob die in der Mobilbranche seltene Kombination aus bestechender Display-Qualität und hoher Rechenleistung ausreicht, damit die Tablet PCs ihr Nischendasein verlassen? Bislang verharrt ihr Anteil am Notebook-Markt bei einem bis zwei Prozent (EMEA-Gebiet 2005). Ganz offensichtlich entscheiden sich viele potenzielle Anwender bewusst gegen einen Tablet PC - oder kennen ihn einfach nicht.
Zur Zeit sind sechs Convertibles mit Core Duo und Core 2 Duo erhältlich. Der Toshiba Tecra M7 mit 14-Zoll-Breitformat-Display ist der größte Tablet-PC, dahinter folgt der Asus R1F mit Breitbildanzeige im 13,3-Zoll-Format. Die restlichen vier, Fujitsu Siemens Lifebook T4215, HP Compaq tc4400, Lenovo ThinkPad X60 Tablet und Toshiba Portégé M400, zeigen Bilder auf einem 12-Zoll-Display im klassischen 4:3-Format. Den Compaq tc4400 und ThinkPad X60 Tablet fehlt ein optisches Laufwerk, die anderen Geräte können bis zu Dual-Layer-Medien brennen.
Auch Acer hat noch einen flotten Tablet PC im Portfolio. Doch die TravelMate-C200-Serie läuft aus und laut Acer ist kein Nachfolger fürs Tablet-PC-Segment geplant. Bei den Prozessoren dominiert Intel, immerhin ein einziger Tablet PC mit AMDs Doppelkern-CPU Turion 64 X2 ist in Sicht: HP hat kürzlich den Pavilion tx1000 vorgestellt. Das 12-Zoll-Gerät für 1400 Euro läuft bereits mit Windows Vista Home Premium und ist mit Fernbedienung und Media Center auf Multimedia ausgerichtet.
Wer auf die Tastatur verzichten kann, aber nicht auf Power: Den einzigen Slate mit Doppelkerntechnik hat Fujitsu Siemens mit der Stylistic-Serie ST511x im Angebot.
Frisch serviert
Convertibles sehen Notebooks ähnlich, doch der große Unterschied steckt unscheinbar als Drehgelenk zwischen Deckel und Gehäuse: Damit kann das Display gedreht und nach oben auf das Notebook geklappt werden. In diesem Tablet-Modus schlägt die Stunde des Stifts.
Die Displays haben keine Touchscreen-Oberfläche, sondern einen Digitizer von Wacom: Elektromagnetische Wellen induzieren im Stift einen kleinen Strom, der seinerseits auf dem Display ein vom Stiftdruck abhängiges Signal auslöst. Der Vorteil des Digitizers gegenüber einem Touchscreen liegt darin, dass der Cursor auch dann unter dem Stift bleibt, wenn der Handballen das Display berührt. Das zum Tablet-PC-Betriebssystem gehörende Windows Journal erlaubt Zeichnen mit unterschiedlichen Strichstärken wie auf Papier. Viele Grafikanwendungen und andere Programme, die für die Stiftbedienung ausgelegt sind, nutzen die stiftdruckabhängige Strichstärke. Touchscreens dagegen bieten keine Druckabhängigkeit.
Für die komfortable Bedienung des Betriebssystems hat der Stift eine kleine Taste vorne, die die rechte Maustaste ersetzt. Für die linke Maustaste muss einfach der Stift aufs Display drücken. Wird Text eingegeben, steht ein Schreibfeld oder ein Tastaturfeld in Windows bereit. Unbemerkt vom Anwender läuft eine Handschrifterkennung mit. Schrift im Schreibfeld oder im Windows Journal konvertiert das Betriebssystem automatisch, auf Wunsch zeigt Windows das auch an. Die Erkennungsrate ist enorm, selbst nahezu unleserliche Schriften erkennt die Tablet PC Edition ohne große Schwierigkeiten.
Um wie viel teurer ist eigentlich ein Tablet PC im Vergleich zum Notebook? Das HP Compaq tc4400 (etwa 1850 Euro) und das Lenovo ThinkPad X60 Tablet (etwa 2600 Euro) gibt es auch in Notebook-Versionen ohne Drehdisplay, die Compaq nc4400 respektive ThinkPad X60 heißen. Hier fällt der Preisvergleich leicht: Der HP-Tablet-PC kostet etwa 200 Euro, ein ThinkPad X60 Tablet sogar 700 Euro mehr als die Notebook-Version.
Die beiden anderen 12-Zoll-Tablet-PCs kosten etwa 2700 Euro (Toshiba Portégé M400) und 2400 Euro (Lifebook T4215). Das Lifebook gibts in anderer Konfiguration auch schon für 1730 Euro. Insgesamt liegen die vier 12-Zoll-Tablets damit am oberen Ende der Preisliste für diese Gerätegröße: Die günstigsten 12-Zoll-Notebooks mit Doppelkern-CPU gibts ab etwa 1000 Euro, Business-Notebooks mit Docking-Anschluss ab etwa 1500 Euro. Tablet PCs im Subnotebook-Format kosten also eine ganze Stange Geld mehr.
Ganz anders fällt der Preisvergleich in der Klasse der 13,3-Zoll-Breitformat-Displays aus. Derzeit besteht diese Sparte nur aus knapp einem Dutzend Modellen und unter diesen kostet der Tablet PC Asus R1F (1950 Euro) nicht mehr als andere mit Core 2 Duo und 4 MByte L2-Cache. Begnügt man sich mit 2 MByte L2-Cache im Doppelkernprozessor, dann kommt man mit 1200 bis 1700 Euro billiger weg (Sony Vaio VGN-C1S/H und VGN-SZ2HP).
Der 14-Zoll-Tablet Toshiba Tecra M7 kostet unter anderem deshalb so viel, weil er den fĂĽr OpenGL-Anwendungen spezialisierten Nvidia-Grafikchip Quadro NVS 110M an Bord hat. Auch normale mit dieser Profigrafik ausgestattete Notebooks versehen die Hersteller mit einem saftigen Aufpreis.
Zuallererst sind die Convertibles ein echter Notebook-Ersatz, somit stehen ihnen alle Anwendungsbereiche offen, für die sich auch herkömmliche Klapprechner eignen. Zusätzlich empfehlen sich die Stiftrechner zum Zeichnen, Skribbeln, Komponieren, als Surfgerät oder als Zeitungsersatz morgens auf dem Frühstückstisch. Selbst die 12-Zoll-Exemplare sind als Buchersatz allerdings zu schwer.
Im Beruf erlaubt ein Tablet PC den Konferenzmitschrieb von Hand und glänzt überall dort, wo der aufgeklappte Deckel zuweilen stört: bei Sitzungen und unterwegs. Tablet PCs werden überwiegend im Außendienst eingesetzt, beim Kundenbesuch und hauptsächlich, aber nicht nur in den USA im medizinischen Umfeld.
Tablet-Eigenheiten
Ganz gegen den Trend zeigen fünf der sechs Tablet PCs ihre Bilder auf Anzeigen mit matter Oberfläche. Helle Fenster und Lampen stören bei diesen Displays sehr viel weniger als bei den spiegelnden Panels der Multimedia-Notebooks. Nur das Display im Toshiba Portégé M400 spiegelt, aber immerhin nicht ganz so schlimm. Bei einigen Geräten, vor allem beim Lifebook T4215, bemängeln wir die krisselig aussehende Oberfläche.
Einige Tablet PCs überzeugen nicht nur mit der besseren Oberfläche, sondern vor allem mit einem farbechten, blickwinkelunabhängigen Display mit hohem Kontrast. Insbesondere die Panels im Compaq tc4400, Lifebook T4215 und ThinkPad X60 Tablet, allesamt mit IPS-Technik, erfreuen mit uneingeschränkter Sicht, aber auch die anderen drei zeigen einen sehr großen Blickwinkel.
Die Oberflächenstruktur ist bei Tablet PCs wegen des Schreibgefühls wichtig. Der digitale Stift sollte sich so anfühlen, als würde man auf Papier malen. Hat der Stift zu wenig Reibung, dann führt das zu einer unleserlicheren Handschrift. Manchmal geht auch das Zeichengefühl verloren. Die meisten Unternehmen haben diesbezüglich ihre Hausaufgabe gemacht, höchstens bei den Toshiba-Tablets hat der Stift zu wenig Reibung. Kommt man damit nicht zurecht, sollte man einen anderen Stift oder andere Spitzen testen, die es im Zubehörhandel gibt.
Die Kalibrierung des Panels haben die Hersteller immer noch nicht zufriedenstellend gelöst. Bei allen Tablet PCs weicht in Randbereichen die Stiftposition um mindestens 2 mm von der Cursor- oder virtuellen Stiftposition ab. Bei Formularen und Mitschrieben stört das nicht, wohl aber bei Zeichnungen, wenn der Stift nahtlos ansetzen soll. Das Lifebook T4215 gefiel uns da noch am besten, auch wegen des schönen Schreibgefühls. Die beiden Teuersten, das Toshiba Portégé M400 und ThinkPad X60 Tablet, patzten jedoch mit Stiftabweichungen von bis zu 3 mm. Beim Portégé M400 kommen aufgrund der hohen Auflösung die kleinen Symbole erschwerend hinzu: Die Kalibrierung ist so schlecht, dass der Stift das kleine Kästchen zum Schließen eines Fensters je nach Stiftposition im Feld nicht mehr auslöst.
Kein einziger von den Doppelkern-Tablets bringt übrigens einen DVI-Anschluss mit. Um einen Monitor zeitgemäß digital mit Bildern zu versorgen, muss eine Docking-Station für 100 bis 200 Euro her. Dem Asus R1F fehlt allerdings der Docking-Anschluss.
Die Vorzüge der Notebooks mit dem Dreh hören nicht bei der Stiftfähigkeit auf. Einige der Doppelkern-Tablet-PCs vereinen Eigenschaften, die allen Notebooks gut zu Gesicht stünden, aber in dieser Kombination äußerst selten sind: Sie laufen leise und lange und zeigen ein hervorragendes Bild. (jr) (ll)