Stauvermeider

Die Navigationshersteller werben mit Live-Verkehrsmeldungen für ihre teuren Premiumgeräte. Inzwischen bekommt man diesen Service auch als kostenlose Apps – von Google und Inrix.

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Achim Barczok
  • Axel Kossel
Inhaltsverzeichnis

Echtzeitverkehrsdienste, die Navigationsgeräte oder Smartphones per Mobilfunk beziehen, sind aktueller, präziser und erfassen größere Teile des Straßennetzes als die Staumeldungen im Radio oder per Traffic Message Channel (TMC). TomTom bietet mit HD Traffic einen solchen Dienst seit 2008 an, andere Hersteller wie Garmin, Navigon oder Medion haben nachgezogen. Sie beziehen die Daten von Inrix oder dem Kartenhersteller Navteq.

Solche Verkaufsdienste findet man in Premium-Navis mit Internetverbindung, in der auf Nokia-Handys vorinstallierten Navigation Ovi Karten oder als teure Zusatzpakete für Navi-Apps. Es gibt aber auch zwei kostenlose Apps für iOS und Android, die den Verkehrsfluss in Echtzeit zeigen: Google Maps und die Traffic-App von Inrix.

Um die aktuelle Verkehrslage exakt zu erfassen, ist ein Mix aus verschiedenen Datenquellen nötig, etwa Sensoren an den Straßen oder redaktionell aufbereitete Staumeldungen von den Landesämtern und vom ADAC. Noch direkter lässt sich der Verkehrsfluss durch anonymisierte Bewegungsprofile von Fahrzeugen erfassen, die ständig auf Deutschlands Straßen unterwegs sind.

TomTom HD Traffic zeigt Staus, Baustellen und Unfälle an.

TomTom beispielsweise wertet dazu Daten seiner kommerziellen Flottenmanagement-Systeme aus und ebenso regelmäßige Positionsmeldungen der Navis mit Mobilfunkmodem. Außerdem kooperiert TomTom mit Vodafone: Wenn ein Kunde des Mobilfunkbetreibers im Vodafone-Netz telefoniert, wird seine Bewegung durch die Mobilfunkzellen anonymisiert an TomTom weitergegeben und mit dem Straßennetz abgeglichen. Zusätzlich fließen noch historische Daten in die Verkehrssysteme ein.

Ähnlich arbeiten Inrix und Google. Inrix bezieht Daten unter anderem aus den Navigeräten von Navigon und Audi. Außerdem dienen Smartphones mit kostenlosen Apps wie Inrix Traffic als Sensor. Der Dienst kooperiert mit O2, wobei auch Handys erfasst werden, die nicht telefonieren. Die kostenlose Inrix-App nutzt diese O2-Daten allerdings noch nicht. Google profitiert von den vielen Android-Handys, die dank GPS häufig eine genaue Position melden können. Zudem kooperiert Google mit Drittanbietern, gibt jedoch keine Details dazu preis.

Die anonymisierten Daten von Benutzern, von denen man nicht weiß, welches Verkehrsmittel sie nutzen oder warum sie gerade anhalten, ergeben jedoch nur ein unscharfes Bild der Verkehrssituation. Außer den Datenquellen, die kombiniert werden, ist deren Aufbereitung der wichtigste Qualitätsfaktor der Dienste. Jeder Anbieter lässt dazu Verkehrsforscher und Mathematiker an einer Geheimrezeptur tüfteln.