Microsoft lässt sich Kampf mit Google Milliarden Dollar kosten

Auf einer Analystenkonferenz kündigte Steve Ballmer an, 1,2 Milliarden US-Dollar in die Aufholjagd gegen Google investieren zu wollen.

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  • dpa

Microsoft will im Konkurrenzkampf mit Google um das lukrative Werbegeschäft bei der Internet-Suche seine Anstrengungen deutlich verstärken. Der Software-Riese werde sich den Wettstreit rund 1,2 Milliarden Dollar im Jahr kosten zu lassen, kündigte Microsoft-Chef Steve Ballmer auf einer Analysten-Konferenz in Redmond am gestrigen Donnerstag (Ortszeit) an. Mittelfristig sieht Ballmer in dem Markt nur Platz für zwei Rivalen: "Ich glaube, dass es nur zwei Unternehmen gibt, die die Fähigkeit und Standfestigkeit dafür haben – Microsoft und Google", sagte Ballmer.

Zudem kündigte Microsoft eine erweiterte Zusammenarbeit mit Facebook an. Für amerikanische Nutzer des Netzwerks werde Microsoft von Herbst an exklusiv seine Internet-Suche inklusive Anzeigen integrieren. Der Softwarekonzern ist bereits mit 1,6 Prozent an dem Unternehmen beteiligt und hatte dafür im vergangenen Jahr 240 Millionen Dollar gezahlt.

In der Online-Werbung steckten zu große Möglichkeiten, als dass man sie ignorieren könnte, sagte Ballmer. "Wir erhöhen den Einsatz erheblich, um überhaupt in diesem Geschäft zu bleiben." Zentraler Bestandteil der Strategie Microsofts sei es neben der Akquisition anderer Unternehmen, die Ausgaben für Technologie und Marketing deutlich zu erhöhen. "Die Suche ist einer der Ausgangspunkte im Internet", sagte Ballmer. "Sie ist der beste Platz, um Kunden neue Internet-Services anzubieten."

Wenige Stunden zuvor hatte Microsoft einen erneuten Umbau seiner Online-Aktivitäten angekündigt. Die Online-Dienste werden künftig wieder unabhängig vom Geschäft mit Windows geführt, beide Sparten waren erst vor rund drei Jahren zusammengelegt worden. Kevin Johnson, Chef der bisherigen Geschäftseinheit, hat das Unternehmen verlassen und die Führung beim Netzwerk-Ausrüster Juniper Networks übernommen. Von der neuen Struktur erhofft sich Microsoft mehr Agilität und Konzentration auf zwei sehr wettbewerbsintensive Bereiche.

Der ehemalige Microsoft-Manager Johnson gilt als einer der Architekten von Microsofts vorerst auf Eis gelegten Plan, das Internet-Unternehmen Yahoo zu übernehmen. Wie gehabt betonte Ballmer vor den Analysten, dass Microsoft seine Online-Strategie auch gut ohne Yahoo verfolgen könne. Das bedeute aber nicht, dass weitere Gespräche ausgeschlossen seien. Yahoo hatte Angebote von Microsoft mehrfach als zu niedrig ausgeschlagen. "Zu einem falschen Preis" ergebe eine Übernahme jedoch keinen Sinn, so Ballmer. Problematisch könne es zudem werden, wenn eine mögliche Übernahme von den Kartellwächtern nicht vor der US-Präsidenten-Wahl abgesegnet werden könne.

Schon in den vergangenen Jahren hatte Microsoft Milliarden Dollar in das Online-Geschäft investiert, war aber auch trotz mehrfachen Umbaus der Sparte im Anzeigen-Geschäft gegenüber Google und Yahoo weiter ins Hintertreffen geraten. Der Markt für Online-Werbung wird nach Schätzungen der New-Yorker Marktforschung EMarketer bis 2012 ein Volumen von 51 Milliarden Dollar erreichen. Nach Erhebungen von ComSore hatte Microsoft im Mai im US-Markt bei der Internet-Suche einen leicht erhöhten Marktanteil von 9,2 Prozent gegenüber Google mit 61,5 Prozent und Yahoo! mit 20,9 Prozent Marktanteil.

Ob Microsofts Milliarden Dollar schwere Anstrengungen in die Internet-Werbung die richtige Strategie ist, daran melden unterdessen jedoch mache Marktbeobachter ihre Zweifel an. Microsoft sei aus ihrer Sicht "auf dem falschen Dampfer", sagte David Stepherson, Vermögensverwalter bei Hardesty Capital Management in Baltimore. "Sie haben eine Schatztruhe mit Geld gefüllt, das sie dort investieren sollten, wo ihre Kernkompetenz liegt", so Stepherson der Finanznachrichtenagentur Bloomberg. "Und das ist aus unserer Sicht ganz eindeutig Software." (dpa) / (anw)