Unternehmen will weltweit Infrastruktur für Elektrofahrzeuge bereitstellen

Der ehemalige SAP-Kronprinz Shai Agassi startet heute mit seinem Projekt, das die Fahrzeugbranche umkrempeln und von fossilen Treibstoffen lösen soll.

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Von
  • Florian Rötzer

Anfang des Jahres hatte Shai Agassi, der als Technikvorstand bei SAP tätig war und als Nachfolger von SAP-Chef Henning Kagermann gehandelt wurde, das Softwareunternehmen überraschend verlassen, um jetzt mit einem neuen großen Projekt wieder aufzutauchen. Mit seinem Project Better Place, dessen Gründung und Finanzierung im Sommer geschehen sei, wie Agassi in seinem Blog mitteilt, will er weltweit in das Geschäft mit Elektrofahrzeugen einsteigen.

Die Geschäftsidee liegt in der Bereitstellung der Infrastruktur von Ladestationen in den USA, in Europa und anderswo. Dazu sollen die bestehenden Stromnetze mit einem Netzwerk von "intelligenten Aufladestationen" in den Städten erweitert und durch automatisierte Stationen für das Auswechseln der Batterien ergänzt werden. Geplant ist zudem, den Kauf von Elektrofahrzeugen mit Krediten und Leasingverträgen zu unterstützen.

Heute will Agassi seinen Geschäftsplan vorlegen und ankündigen, wie die Washington Post berichtet, dass er für sein neues Unternehmen bereits 200 Millionen an Startkapital erhalten hat. Zu den Beteiligten sollen die Israel Corporation, Vantage Point Venture Partners sowie Investoren wie Edgar Bronfman oder James D. Wolfensohn, dem ehemaligen Vorstand der Weltbank, gehören. Tests mit Fahrzeugprototypen sollen bereits 2008 beginnen, im Jahr darauf will er auf den Markt kommen. Agassi scheint damit zu rechnen, dass Regierungen und Automobilkonzerne das Projekt durch Verpflichtungen unterstützen.

Agassi sagt, dass sein Geschäftsmodell auch mit den existierenden Lithium-Ionen-Batterien funktionieren würde. Besonders in Europa, wo die Benzinpreise hoch sind, könne der Umstieg auf Elektrofahrzeuge attraktiv sein. Ausgehend davon, dass eine Batterie 1.500 Mal aufgeladen werden kann, geht er von 7 Cent pro Meile aus. Das sei ein Drittel der Kosten eines Benzinfahrzeugs: "Es ist viel einfacher, Elektronen als Oktan-Moleküle zu transportieren", wirbt Agassi für seine Idee. "Wir haben bereits ein Netz, das um die ganze Welt geht, wir müssen es nur noch erweitern."

Ganz euphorisch führt Agassi die Gründe an, die er entdeckt habe und die für seine Geschäftsidee sprechen: Die billigen Ölreserven neigten sich dem Ende zu, und die Ölpreise seien auf ein Rekordhoch geklettert, in der Atmosphäre verdichte sich die CO2-Konzentration, weil die Aufnahmekapazität der Meere drastisch zurückgeht, und die Menschen seien sich nun dank Al Gore und dem ihm verliehenen Nobelpreis der Folgen ihrer Handlungen auf das Klima bewusst. Da die Menschen aber weiterhin Autofahren wollten, müsse man weg von Verbrennungsmotoren. Agassi fügt hinzu, dass in der Blogosphäre ein Gerücht umgehe, dass China die Steuern für Benzin erhöhen wolle. Wenn dies zutreffen sollte, meint Agassi beschwörend, "dann wird der zweitgrößte Automarkt der Welt dazu neigen, sich relativ schnell von fossilen Treibstoffen abzukoppeln". Bislang hat sich Agassi allerdings noch nicht dazu geäußert, woher der Strom für die "sauberen" Elektrofahrzeuge kommen soll. (fr)