Österreichs GEZ-Pendant verlangt erstmals TV-Gebühren für Computer

Obwohl ein in Wien lebender Deutscher aus grundsätzlichen Erwägungen weder Fernseher noch Radio hat, und das ORF keine Fernsehprogramme live ins Internet streamt, soll er TV-Rundfunkgebühren an die ORF-Tochter GIS bezahlen. Grund: Er besitzt einen Laptop.

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Obwohl der in Wien lebende Deutsche Constantin E. aus grundsätzlichen Erwägungen weder Fernseher noch Radio hat, soll er 113,52 Euro Rundfunkgebühren für Radio und TV nachzahlen und künftig 23,06 Euro pro Monat überweisen. E. besitzt allerdings einen Laptop samt breitbandigem Internetzugang. Es ist der erste öffentlich bekannt gewordene Fall, in dem die ORF-Tochter GIS (Gebühren Info Service GmbH, Pendant zur deutschen GEZ) für einen Computer einen Fernsehgebührenbescheid erlassen hat. Bei der Tageszeitung Kurier, die den Fall öffentlich gemacht hat, meldete sich inzwischen eine weitere Person, die ebenfalls zur Zahlung von Rundfunkgebühren für einen Computer aufgefordert wurde.

In dem gegenüber E. erlassenen Bescheid gibt das GIS an, dass ein Außendienstmitarbeiter "zweifelsfrei festgestellt" habe, "dass Rundfunkempfangseinrichtungen betriebsbereit errichtet waren." Ein GIS-Sprecher bekräftigte gegenüber heise online die Rechtsansicht der Service-Gesellschaft, wonach für Computer mit Internetzugang Rundfunkgebühren zu bezahlen seien, weil damit Programme wahrnehmbar gemacht werden könnten, die auch über Rundfunk verbreitet werden. Diese Meinung ist unter Juristen aber umstritten. Webstreams seien eben gerade kein Rundfunk und würden keine Gebührenpflicht auslösen, so das Gegenargument. Wie viele Gebührenbescheide für Computer mit Internetnutzung bisher erlassen wurden, konnte das GIS nicht sagen. Die Bescheide würden stets allgemein für "Rundfunkempfangseinrichtungen" formuliert. In Österreich werden die Gebühren pro Haushalt und nicht pro Apparat angesetzt.

Der ORF, der den Löwenanteil der Rundfunkgebühren erhält, streamt im Internet zwar Radioprogramme live, nicht aber seine Fernsehprogramme. Warum E. trotzdem Fernsehgebühren verrechnet werden, konnte der GIS-Sprecher nicht sagen. Denn er habe mit dem Außendienstmitarbeiter noch nicht sprechen können. Dieser müsse einen "begründeten Verdacht" gehabt haben. Außerdem sei E. beim Betrieb eines Radios betreten (österreichisch für ertappt, die Red.) worden. Darauf angesprochen, habe E. angegeben, als Deutscher keine österreichischen Rundfunkgebühren entrichten zu müssen. E. stellt dies in Abrede. Er wäre gerne bereit, österreichische Rundfunkgebühren zu bezahlen, würde er Rundfunk empfangen. Tatsächlich habe er aber weder Radio noch Fernseher; die vom GIS-Vertreter gehörte Musik stamme aus einer MP3-Sammlung. Der Außendienstmitarbeiter hätte außerdem nichts "zweifelsfrei feststellen" können, da er die Wohnung gar nicht betreten habe.

Frühere Angaben des GIS, wonach portable Geräte keine Gebührenpflicht auslösen, wurden nun insofern relativiert, als dass es nicht auf die Tragbarkeit sondern auf die Nutzungsweise ankomme. In Gebäuden herrscht gemäß Rundfunkgebührengesetz Gebührenpflicht, im Freien nicht. Früher war es möglich, bestimmte ORF-Radioprogramme per Telefon zu hören, jedoch hat das GIS nie Rundfunkgebühren für Telefonanschlüsse verrechnet. Auch werden bislang für Mobiltelefone, die TV und Radio mittels Stream oder DVB-H wiedergeben können, keine Gebühren erhoben. Für in Unternehmen eingesetzte Computer erhebt das GIS ebenfalls keine Gebühren, soweit die Rechner nicht tatsächlich für die Wiedergabe von Rundfunkprogrammen genutzt werden. Begründet wird diese Ausnahme damit, dass der Gesetzgeber "in keiner Form" daran gedacht habe, Rechner in Unternehmen zu besteuern. GIS-Gegner argumentieren, dass der Gesetzgeber ebenso wenig Computer in Haushalten belasten wollte. Autoradios sind unstrittig gebührenfrei, da sie nicht in Gebäuden betrieben werden.

Von politischer Seite bekommt die Position des GIS keine Unterstützung. Die politischen Parteien haben sich bisher stets gegen Rundfunkgebühren auf Computer ausgesprochen oder nicht Stellung bezogen. Der FPÖ-Abgeordnete Harald Vilimsky hat am gestrigen Donnerstag an seine Petition erinnert, die auf die gänzliche Abschaffung der Rundfunkgebühren abzielt.

Aus dem Bundeskanzleramt, wo auch Medienministerin Heidrun Silhavy (SPÖ) tätig ist, war zu erfahren, dass bereits seit längerem der fertige Entwurf einer Novelle des Rundfunkgebührengesetzes in der Schublade liegt. Diese Novelle würde unter anderem klar stellen, dass für Computer keine Rundfunkgebühren anfallen. Ein Beschluss noch in dieser Legislaturperiode, die aufgrund vorgezogener Neuwahlen Ende September endet, ist jedoch so gut wie ausgeschlossen. Da das GIS für das Finanzministerium tätig ist, sei dieses von Vizekanzler Wilhelm Molterer (ÖVP) geleitete Ressort zuständig. Der Finanzminister könnte das GIS per Erlass über seine Rechtsansicht informieren und auf diesem Weg die Gebührenfreiheit für Computer sichern.

E. will gegen den GIS-Bescheid Widerspruch einlegen. Als zweite Instanz ist dann die dem Finanzministerium unterstehende Finanzlandesdirektion zuständig. (Daniel AJ Sokolov) / (pmz)