PRISM: USA wollen EU-Experten Auskunft geben

Parallel zu den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen EU und USA soll eine Expertengruppe die NSA-Spionage besprechen. Derweil ließ Innenminister Friedrich verlauten, dass er zu Gesprächen darüber nun doch persönlich in die USA reisen wird.

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Von
  • dpa

Die USA wollen einer Arbeitsgruppe von Experten aus den 28 EU-Staaten Auskünfte über die umstrittenen Ausspähaktionen des US-Geheimdienstes NSA geben. "Sie sind bereit zu kooperieren, sie sind bereit zu erklären", sagte die derzeitige EU-Ratsvorsitzende, Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaitė, am Donnerstag in Vilnius. "Und das ist wichtig für künftige Zusammenarbeit."

Die Verhandlungen über eine große Freihandelszone von USA und EU würden vermutlich am Montag beginnen. Zugleich wird parallel über Datenschutzprobleme gesprochen: Dabei geht es um ein US-Gesetz, das das Abhören im Ausland erlaubt. Es gebe jedoch noch eine dritte Arbeitsgruppe, sagte Grybauskaitė. Diese solle im Gegensatz zu den beiden anderen nicht von der EU-Kommission besetzt werden, sondern aus Experten einzelner EU-Regierungen bestehen. Die Fachleute sollen über die Überwachungsaktionen der USA in Europa reden. Die genaue Zusammensetzung jener Arbeitsgruppe stehe aber noch nicht fest.

Grybauskaite bei der Begrüßung Kroatiens in der EU

(Bild: European Council)

Grybauskaitė verband ihre Mitteilung über den geplanten Austausch zwischen der EU und den USA mit dem Hinweis: "Gestern haben ja Obama und Merkel miteinander telefoniert." US-Justizminister Eric Holder habe daraufhin einen Brief an EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und auch an sie in ihrer Eigenschaft als EU-Ratsvorsitzende gerichtet. Es gebe aber keine Entschuldigung der USA, sagte sie auf die Frage eines Reporters. "Es ist besser, keine Entschuldigung zu wollen. Wir wollen Klarheit, Zusammenarbeit und einen Informationsaustausch. Und das kommt jetzt."

"Wir möchten die beiden Fragen voneinander trennen", sagte die Präsidentin zu der Gleichzeitigkeit der Handelsgespräche und der beiden Arbeitsgruppen über Datenschutz und Geheimdienstaktivitäten. "Wir möchten die strategisch sehr wichtigen Freihandelsverhandlungen nicht gefährden." Grybauskaitė schloss nicht aus, dass es sich bei den Informationen des Ex-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden möglicherweise auch um ein Komplott des russischen Geheimdienstes handeln könnte. "Wir sind so vorsichtig, weil wir so viel Erfahrung mit diesem Nachbarn haben", sagte sie. "Sehr interessant geplant, gutes Timing und dann auch Desinformation – vor einer Klärung können wir gar nichts glauben."

Unterdessen war aus dem Bundesinnenministerium zu hören, dass Hans-Peter Friedrich (CSU) wegen der angeblichen Ausspähaktionen der NSA nun selbst in die USA reisen wird. Der Ressortchef will Ende der kommenden Woche in Washington direkt mit der US-Regierung über die Vorgänge reden. Details zur Dauer des Aufenthalts und den genauen Terminen wurden vorerst nicht bekannt. Zunächst war nur geplant gewesen, eine deutsche Delegation auf Arbeitsebene nach Washington zu schicken. Oppositionspolitiker hatten das als ungenügend gerügt und mehr Einsatz der Regierung gefordert, um die Vorwürfe aufzuklären.

SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte derweil in der ARD-Sendung "Anne Will", der Generalbundesanwalt müsse nach Moskau fliegen, um den Informanten Edward Snowden zu befragen. Er hatte die Ausspähaktionen der NSA öffentlich gemacht. Notfalls müsse Snowden, der wohl weiter im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo festsitzt, in ein Zeugenschutzprogramm aufgenommen werden. Die USA verlangen seine Auslieferung, während eine Petition beim Bundestag diesen dazu auffordert, Edward Snowden politisches Asyl zu gewähren. (mho)