Snowden: "NSA und die Deutschen stecken unter einer Decke"

Deutsche und amerikanische Geheimdienste arbeiten bei Abhöraktionen offenbar enger zusammen als bislang bekannt. So lieferte die NSA nach "Spiegel"-Recherchen Analyse-Tools für einen Lauschangriff des BND auf ausländische Datenströme.

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Von
  • Boi Feddern

Nach Aussagen des ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiters und Whistleblowers Edward Snowden kooperieren der Bundesnachrichtendienst (BND) und die amerikanische NSA offenbar stärker als bislang angenommen. In einem Interview, das das Nachrichtenmagazin Der Spiegel veröffentlicht hat, sagte Snowden, dass die NSA und die Deutschen "unter einer Decke" steckten. Auch andere ausländische Geheimdienste arbeiteten mit der NSA zusammen. Koordiniert würde dies durch das Foreign Affairs Directorate der NSA. Telekommunikationsfirmen säßen ebenfalls mit im Boot.

Personen würden normalerweise aufgrund persönlicher E-Mails und des Facebook-Profils als Zielobjekte markiert. Snowden deutete zudem an, dass die Zusammenarbeit so organisiert sei, dass die nationalen Geheimdienste ihr politisches Führungspersonal schützen könnten, falls herauskäme, wie massiv die Eingriffe in die Privatsphäre der Bürger seien. Die anderen Behörden würden nicht danach fragen, woher die Geheimdienstler ihre Informationen haben. "Und wir fragen sie nach nichts."

Nach Spiegel-Recherchen habe die NSA dem BND auch Analyse-Werkzeuge zum Anzapfen von Datenströmen zur Verfügung gestellt, die etwa Informationen aus Krisenregionen liefern. Damit ziehe der BND aus fünf digitalen Knotenpunkten Informationen, die in der Zentrale in Pullach ausgewertet werden. Eine Zusammenarbeit mit der NSA hat BND-Chef Gerhard Spindler inzwischen bestätigt. Ob auch Internetknotenpunkte durch die NSA selbst in Deutschland ausspioniert wurden, ist bislang unklar. Eine erste Analyse des für Spionageabwehr zuständigen Bundesamtes für Verfassungsschutz brachte bislang keine Erkenntnisse.

Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung könnten sich amerikanische Geheimdienste bei Abhöraktionen auf deutschem Boden auf Rechtsgrundlagen aus der alten Bundesrepublik berufen. Gemäß einem erst im vorigen Jahr durch Aktenfreigaben bekannt gewordenen Geheimabkommen zwischen der Bundesrepublik und den Siegermächten von 1968 dürfen die Geheimdienste der Westalliierten BND und Verfassungsschutz um Aufklärungsmaßnahmen ersuchen.

Hiervon sei direkt kein Gebrauch gemacht worden, allerdings gäbe es eine sehr enge Kooperation zwischen den US-Geheimdiensten und dem deutschen Auslandsgeheimdienst BND, die durch mehrere Absichtserklärungen geregelt und weiterhin als streng geheim eingestuft sei. Unter anderem toleriert der BND auch den Neubau eines geheimen NSA-Abhörzentrums namens Consolidated Intelligence Center in Wiesbaden. (boi)