Britische Kinos: Der Zuschauer als Star im Überwachungsvideo

Zwei große britische Kinoketten-Betreiber haben damit begonnen, CCTV-Überwachungssysteme in den Sälen zu installieren, deren einzige Aufgabe darin besteht, die Zuschauer während der Vorstellung zu filmen.

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Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Peter-Michael Ziegler

Manchmal fragt man sich, wann in Großbritannien der erste Gesetzentwurf eingebracht wird, der unter Verweis auf Möglichkeiten zur Verbrechensvorbeugung eine verpflichtende Videoüberwachung sämtlicher Räume und Gebäude im Land vorsieht. Schließlich könnten Kriminelle gerade im Wohnzimmer sitzen und Pläne mit möglichen Einbruchs- und Überfallzielen ausbreiten. Im Schlafzimmer wäre die Gefahr von ehelicher oder nichtehelicher Gewalt gegeben, im Keller könnte Hehlergut versteckt sein, und auf dem Dachboden wird vielleicht gerade gekifft oder gekokst.

Einen weiteren Schritt auf dem Weg zur Adaption des Orwellschen Überwachungsszenarios in den Köpfen der britischen Bevölkerung haben jetzt zwei große Kinobetreiber im Land getan: In zahlreichen Sälen der Lichtspielhäuser von Vue Entertainment und Odeon Cinemas wurden CCTV-Überwachungssysteme installiert, deren einzige Aufgabe darin besteht, die Zuschauer während der Vorstellungen kontinuierlich zu filmen. Als Begründung für die Überwachungsmaßnahmen geben die Unternehmen an, das Personal habe dadurch das Zuschauerverhalten besser im Blick und es ließen sich so "Verbrechen verhindern".

Die Bilder der jeweils 30.000 Pfund (38.000 Euro) teuren Closed-Circuit-Television-Systeme werden live zu einem Kommandostand im Kino-Foyer übertragen und 31 Tage lang gespeichert. Danach sollen sie angeblich "automatisch gelöscht" werden. Die Zahl der Vorfälle, die zu einer "Beeinträchtigung des Besuchererlebnisses" geführt hätten, sei seit der Installation der Systeme "dramatisch zurückgegangen" beteuern Manager der Kinoketten, ohne allerdings konkrete Zahlen zu nennen.

Möglicherweise dient das Ganze aber auch nur einfach dazu, Besucher herauszufiltern, die sich nicht an das Verbot halten, keine mitgebrachten Speisen und Getränke im Kino zu verzehren. Zumindest ließe sich dadurch erklären, warum die Betreiber freiwillig derart hohe Investitionen tätigen: Schon bei fünf Besuchern pro Vorstellung, die dadurch veranlasst würden, eine kleine Cola zum Preis von umgerechnet 3 Euro zu kaufen, wäre ein solches System nach vier oder fünf Jahren gegenfinanziert. (pmz)