Forscher finden US-Überwachungstechnik in 83 Ländern

Netzwerktechnik des US-Unternehmens Blue Coat, mit der das Internet gefiltert, beschränkt und überwacht werden kann, findet sich auch in Ländern wie Iran und Sudan, die US-Sanktionen unterliegen.

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Netzwerktechnik des US-Unternehmens Blue Coat, mit der das Internet gefiltert, beschränkt und überwacht werden kann, wird in 83 Ländern eingesetzt. Darunter sind auch die Länder Iran, Syrien und Sudan, die einem Embargo der USA unterliegen. Das haben die Forscher des kanadischen Citizen Lab herausgefunden, die ihren dritten Bericht zu Blue Coat vorgelegt haben.

Der "Planet Blue Coat"

(Bild: Citizen Lab)

Die Forscher haben für ihren Bericht das Internet nach Signaturen der Blue-Coat-Hardware ProxySG und PacketShaper abgesucht. In 20 Ländern haben sie Hinweise darauf gefunden, dass beide Systeme eingesetzt werden, in 56 nur Hinweise auf PacketShaper und in sieben nur, auf ProxySG, darunter die drei bereits genannten Länder. Mit ProxySG kombiniert mit der Blue-Coat-Technik Webfilter lassen sich Web-Inhalte von schädlichen Websites oder Spam aussortieren, aber auch solche, die bestimmten Kategorien wie zum Beispiel "Religion" entsprechen.

In Briefen an die Geschäftsleitung von Blue Coat und den größten Investor, dem Ontario Teachers’ Pension Plan (OTPP), fordert das Citizen Lab das Unternehmen auf, darzustellen, inwieweit Überlegungen zu Menschenrechten in der Geschäftsstrategie eine Rolle spielen. Schließlich gingen die Konsequenzen aus der Verwendung der Technik weit über rein wirtschaftliche Gesichtspunkte hinaus.

Vor anderthalb Jahren hatten die Forscher bereits aufgedeckt, dass Technik der US-Firma nicht nur in Syrien, sondern auch in Burma eingesetzt wird. Im Januar dieses Jahres legten sie einen weiteren Bericht vor, in dem sie 11 Proxy SG und 50 PacketShaper in öffentlichen oder von der Regierung bereit gestellten Netzen in Ländern auswiesen, für die zumindest Zweifel angebracht seien, dass dort die Menschenrechte oder die Meinungsfreiheit geachtet würden.

Während das Citizen Lab für die früheren Berichte vorwiegend die frei zugängliche Suchmaschine Shodan nutzte und deren Ergebnisse weiter überprüfte und verwertete, hat es diesmal auch Daten ausgewertet, die ein Hacker mit Hilfe der Botnetz-Software Carna für eine "Internet-Volkszählung" gewonnen und veröffentlicht hat. Dabei betonen die Forscher, dass sie keine illegalen oder unethischen Forschungsmethoden dulden; die Daten des "Internet Census" hätten aber bereits als Public Domain vorgelegen.

David Murphy, COO und Präsident von Blue Coat, beteuerte laut einem Bericht der Washington Post, sein Unternehmen nehme Berichte über die Verwendung von dessen Technik in Ländern, die einem US-Embargo unterliegen, sehr ernst. Blue Coat kooperiere mit US-Ermittlern bei der Untersuchung der Hintergründe, wie die Überwachungstechnik nach Syrien gelangt ist. Das Unternehmen stelle die Technik nicht her, um die Verletzung von Menschenrechten zu begünstigen. (anw)