Das Bundesministerium des Innern (BMI) hat heute einer neuen Version von Wahlgeräten eine Bauartzulassung für Bundestags- und Europawahlen erteilt. Es handelt sich um den Typ ESD1 Hardware-Version 01.03 und 01.04 sowie den Typ ESD2 Hardware-Version 01.02 und 02.00 jeweils mit Software-Version 03.11 der Firma Nedap. Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) sei "nach sorgfältiger Prüfung der neuen Geräteversionen" zu dem Ergebnis gekommen, dass sie die technischen Anforderungen der derzeit geltenden Bundeswahlgeräteverordnung erfüllen, erklärte das Ministerium.
Gegenüber den bisher für Bundeswahlen zugelassenen Geräten wiesen die neuen Versionen nach Angaben des BMI zahlreiche Verbesserungen auf. So sei die Software "bezüglich Zuverlässigkeit, Effizienz und Pflegbarkeit weiter verbessert" und die Versiegelung der Elektronikeinheit durch den Hersteller geändert worden. Künftig werde der Hersteller dem Eigentümer einen Gerätepass sowie einen Gerätebegleitschein mit einer Abbildung des gerätespezifischen Prüf- und Sicherungssiegels aushändigen. Des Weiteren sei in der Bedienungsanleitung künftig vorgeschrieben, dass die Wahlgeräte sowie die Speichermodule nicht nur im Zeitraum zwischen
Programmierung und Wahltag, sondern dauerhaft versiegelt oder verplombt und unter Verschluss gelagert werden. Gemeindebehörde und Wahlvorstand hätten die Versiegelungen der Geräte vor Inbetriebnahme auf Beschädigungen zu überprüfen. Zum zusätzlichen Schutz vor der Verletzung des Wahlgeheimnisses seien künstliche, Software-initiierte Verrauschungen vorgenommen worden, "obwohl", wie das Ministerium betont, "die Physikalisch-Technische Bundesanstalt nach mehreren Untersuchungen der bisher eingesetzten Wahlgeräte keine Hinweise darauf hatte, dass sich die elektromagnetischen Abstrahlungen reproduzierbar mit bestimmten Wahlvorschlägen verknüpfen lassen".
Es sei beabsichtigt, erklärte das Ministerium, diese Vorkehrungen als Standard in der Bundeswahlgeräte-Verordnung vorzuschreiben. Diese Verordnung werde derzeit evaluiert und soll nach der Anfang nächsten Jahres zu erwartenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zu Wahlgeräten novelliert werden. Das Bundesinnenministerium "ist jedoch der Auffassung, dass die Wahl mit Wahlgeräten nach dem in Deutschland praktizierten Verfahren den Anforderungen an demokratische Wahlen voll entspricht", heißt es. "Aufwendige Sicherheitsmaßnahmen würden die Wahl nicht nur verteuern, sondern sie auch für die Wähler und die Wahlhelfer deutlich verkomplizieren." Dies ließe sich durch "abstrakte Risiken" nicht rechtfertigen.
Zum Thema E-Voting und elektronische Wahlmaschinen siehe auch:
Nedap freut sich ĂĽber das "Aus fĂĽr Nedap-Wahlcomputer"
Petition gegen Wahlcomputer voraussichtlich im November im Bundestag
Wahlcomputer und die Grenzen der Informationsfreiheit
Digitale Wahlstifte bei Hamburger BĂĽrgerschaftswahl grundgesetzwidrig?
Niederlande: Aus fĂĽr Nedap-Wahlcomputer
Wähler-Selbstkontrolle, Experten ringen um Vertrauen in elektronische Wahlmaschinen, c't 19/07, S. 84
US-Wahlmaschinenhersteller soll nicht-zugelassene Geräte vertrieben haben
Wählervoten in Ohio lassen sich nachträglich Personen zuordnen
Aus für die Nedap-Wahlmaschinen in Köln?
Aufregung ĂĽber die Entscheidung zu Wahlcomputern in Kalifornien
Gesetzentwurf zu Wahlmaschinen in den USA umstritten
E-Voting-Aktivismus,
Ein Anlauf zur europaweiten Koordination unter Kritikern von Wahlmaschinen, c't 5/07, S. 42
E-Voting ist keine E-Demokratie
Wahlmaschinen: Florida rudert zurĂĽck
Cottbus verabschiedet sich von Wahlcomputern
23C3: "Das Bundesinnenministerium hat das Wahlrecht gehackt"
WahlprĂĽfungsausschuss: Bedenken gegen Wahlcomputer "offensichtlich unbegrĂĽndet"
"Eine neue Situation", E-Voting in Deutschland nach dem Wahlmaschinen-Hack , Interview mit Professor Dieter Richter von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt, c't 24/06, S. 72
Italien stoppt Wahlcomputer-Projekte
Demokraten fechten Wahlergebnis in Sarasota (Florida) an
Alles legal: Wahleinspruch in Cottbus abgelehnt
Wahlcomputer in Florida unterschlagen jede achte Stimme
Misstrauen gegen Wahlgeräte: Wahleinspruch in Cottbus
Erneut Wahlmaschinen-Debakel in den USA
E-Voting: Hamburg fĂĽhrt den digitalen Wahlstift ein
Floridas Wahlcomputer fĂĽhren erneut Eigenleben
GrĂĽnes Licht in den Niederlanden fĂĽr Nedap-Wahlcomputer
SDU-Wahlcomputer von niederländischen Parlamentswahlen ausgeschlossen
"Die Nicht-Lösung eines nicht existierenden Problems", Rop Gonggrijp zu den Konsequenzen aus dem Wahlmaschinen-Hack, c't 23/06, S. 36
NIST soll US-Wahlmaschinen prĂĽfen
CCC kritisiert schwere Mängel bei Wahl in Cottbus
Bundestags-Petition gegen Wahlcomputer
GroĂźbritannien nimmt neuen Anlauf zum E-Voting
Schach dem E-Voting, Hackerteam demonstriert die Manipulierbarkeit von Wahlcomputern, c't 22/06; S. 52
PTB will den Wahlcomputer-Hack "aufmerksam und grĂĽndlich" studieren
Wahlmaschinen-PrĂĽfer wĂĽrdigen Arbeit der Nedap-Hacker
CCC fordert Verbot von Wahlcomputern - Nedap wehrt VorwĂĽrfe ab
Über 90.000 Leser vertrauen bereits darauf – wählen Sie jetzt Ihr passendes Paket!
Mit heise+ lesen Sie alle Inhalte auf heise online. Zusätzlich zu unseren Magazin-Inhalten erhalten Sie damit weitere exklusive Tests, Ratgeber und Hintergründe.