Gentechnik gegen das Bienensterben

Der Agrarkonzern Monsanto will die Varroa-Milbe, den gefährlichsten Parasiten der Honigbiene, mit Hilfe der RNA-Interferenz bekämpfen. Das Verfahren wäre ein Novum in der Landwirtschaft.

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Von
  • Susan Young

Der Agrarkonzern Monsanto will die Varroa-Milbe, den gefährlichsten Parasiten der Honigbiene, mit Hilfe der RNA-Interferenz bekämpfen. Das Verfahren wäre ein Novum in der Landwirtschaft.

Seit einigen Jahren beobachten Imker weltweit, dass an manchen Orten deutlich weniger Bienenvölker als gewöhnlich den Winter überleben. Der Volksmund hat das Phänomen „Bienensterben“ getauft. Wissenschaftler sprechen jedoch vom Colony Collapse Disorder, hervorgerufen durch eine nicht artgerechte Haltung und landwirtschaftliche Monokulturen. Die schwächen das Immunsystem der Bienen und machen sie anfällig für Parasiten wie die Varroa-Milbe. Der Agrarkonzern Monsanto arbeitet nun daran, den Schädling gentechnisch zu bekämpfen – mit Hilfe der sogenannten RNA-Interferenz.

Neben Pestiziden, Viren und einseitiger Ernährung – etwa in den riesige Mandelplantagen Kaliforniens – ist die Milbe derzeit die größte Bedrohung für Honigbienen. „Bienenvölker können eine Menge Bedrohungen überstehen, aber der Varroa-Milbe halten sie kaum stand“, sagt Alan Bowman, Molekularbiologe an der University of Aberdeen in Schottland.

Der Parasit ernährt sich vom Blut der Larven im Stock. Das behindert das Heranwachsen junger Bienen. Zudem schleppt die Milbe Viren ein. Wenn ein Bienenstock erst einmal von der Varroa-Milbe befallen sei, sterbe das Volk innerhalb von zwei bis vier Jahren, wenn Imker keine Abwehrmaßnahmen ergriffen, sagt Bowman.

Manche Imker versuchen es mit Pestiziden. „Doch es besteht immer die Gefahr, dass die Milben gegen die wenigen vorhandenen Wirkstoffe resistent werden“, sagt Tom Rinderer, der beim Forschungsdienst des US-Landwirtschaftsministeriums die Genetik von Bienen erforscht. Neue Pestizide ließen sich jedoch nicht so einfach entwickeln, auch weil Milben und Bienen biologisch zu nah miteinander verwandt seien.

Hier soll nun die sogenannte RNA-Interferenz helfen, ein der Natur abgeschautes Verfahren. Tiere und Pflanzen schützen sich gegen manche Viren und DNA-Veränderungen, indem RNA-Moleküle die Zerstörung bestimmter Genprodukte einleiten. RNA, kurz für Ribonukleinsäure, ist eine kürzere Variante der DNA, die in allen Zellen das Auslesen von Genen kontrolliert. Seit einigen Jahren untersuchen Biologen den Vorgang, um mit seiner Hilfe eventuell auch im Menschen unerwünschte Gene zu deaktivieren. Das Verfahren wird deshalb auch „Gene-Silencing“ genannt. Zur Schädlingskontrolle bei Nutzpflanzen wird es bislang noch nicht eingesetzt.

Um das nötige Knowhow zu beschaffen, hat Monsanto bereits 2011 die israelische Firma Beeologics gekauft. Die hat eine RNA-Interferenz-Lösung für Bienen entwickelt, die den Insekten über Zuckerwasser verabreicht werden kann. Die Arbeiterinnen, die im Stock die Larven versorgen, verteilen die Lösung dann in den Waben, wo sie von den befruchteten Eiern aufgenommen wird. Hat die darin enthaltene RNA die richtige Abfolge von genetischen Buchstaben, schadet sie nicht den Larven, wohl aber den Milben, die sich an den Larven laben und sie über das Blut in den eigenen Körper aufnehmen.

Die RNA-Interferenz vererbt sich jedoch nicht an nachfolgende Bienengenerationen weiter. „Der Effekt ist vorübergehend“, betont Bowman, „es handelt sich hier nicht um einen gentechnisch veränderten Organismus.“

Monsanto hat nach eigenen Angaben RNA-Moleküle identifiziert, die lebenswichtige Gene der Milben stören. „Gute Ziele sind Gene für die Reproduktion oder die Ei-Ablage, vorausgesetzt, ihre genetische Sequenz unterscheidet sich hinreichend von den entsprechenden Genen in Honigbienen“, sagt Monsanto-Forscher Greg Heck.

RNA-Interferenz sei eine elegante Methode, weil sie sehr spezifisch wirke, sagt Bowman. Denn die Sequenz der Moleküle müsse exakt zur Sequenz des Zielgens passen. Das Genom der Honigbiene ist bereits vollständig sequenziert, das Milben-Genom zumindest in Teilen. Deshalb sollte es nicht schwer sein, geeignete Zielgene zu finden, so Heck.

Neben Monsanto arbeiten auch andere Unternehmen an einer Milbenbekämpfung mittels RNA-Interferenz. Die Londoner Firma Vita entwickelt zurzeit gemeinsam mit Bowmans Universität und der National Bee Unit von Großbritannien ein eigenes Verfahren zum Gene-Silencing in den Parasiten.

Bienenforscher beurteilen den Ansatz verhalten positiv. „Ein großer Erfolg ist es bisher noch nicht, aber zumindest konnte gezeigt werden, dass das Konzept funktioniert“, sagt US-Forscher Rinderer. Seine Gruppe versucht, genetisch robustere Bienenvölker zu züchten oder solche, die infizierte Larven schneller und gründlicher aus dem Stock entfernen. Unklar ist noch, wie die Regulierungsbehörden die RNA-Interferenz beurteilen. „Im Moment warten alle darauf, was die Behörden zulassen“, sagt Bowman. „Es gibt hierfür noch keinen Präzedenzfall.“ (nbo)