NSA-Überwachung reicht weiter als bisher enthüllt

Der stellvertretende NSA-Direktor John Inglis erklärte vor dem Rechtsausschus des US-Repräsentantenhauses, dass die Reichweite der Datenanalyse des Geheimdienstes größer ist als bisher vom Whistleblower Edward Snowden enthüllt

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Der stellvertretende NSA-Direktor John Inglis hat die Spähprogramme des Geheimdienstes am Mittwoch vor dem Rechtsausschuss des US-Repräsentantenhauses verteidigt. Das Sammeln und Auswerten der Daten richte sich nach den Regeln des Auslandsspionage-Gesetzes FISA, sagte er laut einem Bericht des Guardian.

Die Überwachung reiche über eine des Terrorismus verdächtigte Zielperson hinaus – und zwar über "zwei bis drei Hops", wie Inglis laut CNBC erläuterte. Das heißt, im Visier der NSA sind neben den Personen, die per Telefon oder Internet mit der Zielperson in Kontakt standen (erster Hop) und jenen, die diese kontaktierten (zweiter Hop) auch Personen darüber hinaus. Bisher war bei der Reichweite der NSA-Datenanalyse von zwei Hops auszugehen. Zur Verdeutlichung: 2011 hatten italienische Wissenschaftler zusammen mit Facebook errechnet, dass zwei beliebige Menschen in der Welt statistisch gesehen über 4,74 Schritte miteinander verbunden sind.

Demokraten und Republikaner äußerten in der Sitzung Bedenken gegen das Ausspähen amerikanischer Bürger. "Es ist nicht haltbar, ungeheuerlich und muss sofort gestoppt werden", sagte der Demokrat John Conyers. Mit dem breit angelegten Sammeln von Metadaten habe die Regierung gegen das Gesetz verstoßen. "Dieses Programm ist vom rechtmäßigen Weg abgekommen und muss im Zaum gehalten werden", pflichtete ihm die Demokratin Zoe Lofgren bei.

Der Republikaner James Sensenbrenner sagte, der entscheidende Abschnitt des "Patriot Act", auf dessen Grundlage die Regierung den Telefon- und Internetverkehr seit den Anschlägen vom 11. September 2001 überwacht, müsse geändert werden. Sensenbrenner – einer der Urheber des Patrios Act – warnte die NSA, falls sie ihre Überwachung der Telefondaten der US-Bürger nicht beschränke, werde sich im Repräsentantenhaus 2015 keine Mehrheit finden, die Geltungsdauer der Überwachungsbestimmungen des dann auslaufenden Gesetzespakets zu verlängern.

Unterdessen wurde am Donnerstag bekannt, dass die US-Streitkräfte in ihrem neuen Standort Wiesbaden-Erbenheim ein 124 Millionen Euro teures Zentrum für militärische Aufklärung bauen. Das Consolidated Intelligence Center soll bis Ende 2015 fertig sein, bestätigte laut dpa ein Sprecher des Hauptquartieres des US-Heeres in Europa (USAREUR) am Donnerstag in Wiesbaden.

Im Intelligence Center sollen geheime Informationen für den Einsatz der US-Streitkräfte in Europa gesammelt werden. USAREUR ist für 51 Länder zuständig, von Russland bis nach Israel. Auch der Einsatz der US-Soldaten in Afghanistan läuft über USAREUR, das gerade von Heidelberg nach Wiesbaden umzieht. Das zentrale Hauptquartier der US-Streitkräfte in Europa (EUCOM) befindet sich aber in Stuttgart.

Laut einem Bericht der Mitteldeutschen Zeitung (Halle) soll es sich beim neuen Komplex in Wiesbaden um ein Abhörzentrum des US-Geheimdienstes NSA handeln. Dies habe der Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Gerhard Schindler, am Mittwoch dem Bundestags-Innenausschuss bestätigt. Vom BND war dazu am Donnerstag zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. (anw)