Verteidigungsministerium vs. WAZ: Urheberrechtsstreit um Afghanistan-Papiere geht vor Gericht

Das Bundesverteidigungsministerium hat die hinter der WAZ stehende Funke-Mediengruppe wegen der Online-Veröffentlichung tausender als Verschlusssache gestempelter Dokumente zum Bundeswehreinsatz am Hindukusch verklagt.

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Das Bundesverteidigungsministerium hat die hinter der WAZ stehende Funke-Mediengruppe wegen der Veröffentlichung tausender als Verschlusssache gestempelter Dokumente zum Einsatz der Bundeswehr am Hindukusch verklagt. Das Ministerium berufe sich beim Vorgehen gegen die Online-Publikation der "Afghanistan-Papiere" auf das Urheberrecht, erklärt WAZ-Rechercheleiter David Schraven in einem Blogeintrag vom Sonntag. Sie wolle das Material aus dem Internet löschen lassen, da es die "Märchen" des Ministeriums entlarve.

Die WAZ hatte die ihr zugespielten, eigentlich "nur für den Dienstgebrauch" vorgesehenen Unterrichtungen des Bundestags durch das Verteidigungsressort im November auf ihrem Portal "Der Westen" online gestellt, um den Kriegsverlauf in Afghanistan für die Öffentlichkeit besser nachvollziehbar zu machen. Damit sei belegt worden, "dass die Bundesregierung seit langem die Lage in Afghanistan schöngeredet hat", schreibt Schraven. Im März hatte die Hardthöhe bereits mit einer Abmahnung auf Basis des Urheberrechtsgesetzes reagiert und dem Essener Verlagshaus eine Frist gesetzt, die Dokumente aus dem Netz zu entfernen und nicht mehr zu verbreiten.

Die Mediengruppe will sich laut Schraven nach Prüfung der Unterlagen auch gegen die nun vor dem Landgericht Köln eingereichte Klage zur Wehr setzen. Sie hält es für fraglich, ob die Bundesregierung das Urheberrecht nutzen könne, "um die Menschen in Deutschland im Unwissen darüber zu halten, was in ihrem Namen weltweit militärisch geschieht". Die Unterlagen gehörten den Bürgern. Jeder habe das Recht, sich frei und unabhängig anhand von Originaldokumenten selbst ein Bild vom Verlauf der Auslandseinsätze der Bundeswehr und in diesem Fall vom Afghanistankrieg zu machen. Nur so könnten die Bürger ihre demokratischen Grundrechte ernsthaft wahrnehmen. Die Papiere enthielten entgegen der Behauptung der Regierung zudem nichts, was als Geheimnis geschützt werden müsse.

Ein Sprecher des Verteidigungsressorts hatte die Sache anfangs noch "zum Schmunzeln" gefunden. Die Hardthöhe stelle die parlamentarischen Unterrichtungen nämlich "ganz knapp versetzt und nahezu inhaltsgleich" auf den Webseiten des Ministeriums ins Internet. Der Unterschied bestehe darin, dass Informationen, deren Urheber verbündete Staaten seien, pauschal den "ISAF-Kräften" zugeordnet würden.

Bislang sei es allgemein üblich, dass Journalisten vereinzelt aus vertraulichen Unterlagen zitierten, heißt es bei der WAZ. Der Zeitungsgruppe hätten im vorliegenden Fall aber ein paar Versatzstücke nicht ausgereicht, "um unsere Berichte über den Afghanistankrieg auf eine nachvollziehbare Basis zu stellen". Nur die Veröffentlichung aller vorliegenden Papiere im Netz ermögliche es, "die jahrelange Verharmlosung des Afghanistankrieges zu dokumentieren". Das Medienhaus bittet die Netznutzer, Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) zu schreiben, was sie von dem ausgemachten "Angriff auf die Informationsfreiheit" halten.

(anw)