Brüssel beklagt Rückstand beim mobilen Breitband in Europa

Die EU-Kommission moniert, dass die Hälfte der Mitgliedsstaaten bei der Nutzung des 800-MHz-Bands für drahtlose Breitbanddienste im Verzug ist. Die Trödelstaaten erhalten eine letzte Frist.

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Der EU-Kommission ist die langsame Umwidmung der sogenannten digitalen Dividende für mobile Breitbanddienste in Europa ein Dorn im Auge. Sie beklagt in einer Mitteilung vom Dienstag, dass die Hälfte der EU-Mitgliedsstaaten bei der Freigabe des 800-MHz-Bands im Verzug sei und eine Fristverlängerung beantragt habe. Der ursprüngliche Stichtag sei der 1. Januar dieses Jahres gewesen.

Die 800-MHz-Frequenzen sind bislang größtenteils von Fernsehsendern genutzt worden, die mit dem Übergang von analoger zu digitaler Übertragung weniger Spektrum benötigen. Sie eignen sich besonders gut für Mobilfunk, da sie die Signale weit tragen und eine gute Gebäudedurchdringung aufweisen. Das Band soll daher beim Schließen weißer Flecken bei der Breitbandversorgung gerade in abgelegenen und ländlichen Gebieten helfen.

Bisher haben lediglich elf Mitgliedsstaaten der Kommission mitgeteilt, dass sie den Umstieg vollzogen haben. Dazu gehört Deutschland, wo die Bundesnetzagentur 2010 die 800-MHz-Frequenzen aus der Rundfunknutzung für 4,4 Milliarden Euro unter den Hammer gebracht hatte. Derzeit läuft hierzulande die Debatte über die Verteilung der "2. digitalen Dividende" im 700-MHz-Band, über das derzeit unter anderem TV-Stationen ihre Programme über DVB-T verbreiten. Die Regulierungsbehörde plant auch hier wieder eine Versteigerung, was den Mobilfunkbetreibern übel aufstößt.

Beim 800 MHz-Band will Brüssel nun den Druck erhöhen. "Jede Verzögerung bei der Freigabe von Frequenzen schadet unserer Wirtschaft und frustriert die Bürger", wettert die für die Digitale Agenda zuständige Kommissarin Neelie Kroes. Handy-Hersteller verzichteten zudem darauf, neue Funkfrequenz-Chips in ihre Geräte einzusetzen, da zu wenige Länder die Nutzung desselben Frequenzbereichs fristgerecht ermöglicht haben.

Die Kommission sieht in der Entwicklung einen weiteren Grund, die Spektrumzuweisung in der EU stärker zu koordinieren. Eine entsprechende Initiative werde daher ein Kernelement des Reformvorschlags zum gemeinsamen Telekommunikationsmarkt sein, den die Kommission im September veröffentlichen will.

Die Kommission hat 9 der 14 Anträge von Mitgliedsstaaten zur Fristverlängerung "aus pragmatischen Gründen" in einem "letzten derartigen Zugeständnis" stattgegeben. Dazu zählen Finnland, Litauen, Österreich, Polen, Rumänien, Spanien und Ungarn. Der Slowakei und Slowenien räumte die Kommission keinen Aufschub ein, da dort Genehmigungsprozesse verzögert worden seien. Ersuchen anderer Länder würden noch geprüft. (vbr)