Beruhigungsversuche in der NSA-Affäre: Pofalla und "PRISM III"

Ronald Pofalla hatte sich in der NSA-Affäre bislang im Hintergrund gehalten. Abgetaucht nennt die Opposition das. Nun versuchte der Geheimdienstkoordinator zu beschwichtigen. Doch das Wirrwarr wird immer größer. Auf einmal gibt es sogar ein "PRISM III".

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Christiane Jacke
  • Kristina Dunz
  • dpa

Ronald Pofalla (hier mit Angela Merkel) hält nach seinem Auftritt im Parlametarischen Kontrollgremium die NSA-Spähaffäre für geklärt. Die Opposition sieht das ganz anders.

(Bild: Ronald Pofalla)

Nachfragen beantwortet Ronald Pofalla nicht. Nach seinem Auftritt im Parlamentarischen Kontrollgremium zur PRISM-Überwachungsaffäre verspricht der Kanzleramtschef zwar wortreich Aufklärung. Auf Fragen der Presse zu reagieren, gehört offenbar nicht dazu. Die Botschaft des Geheimdienstkoordinators lautet an diesem Tag: So schlimm wie befürchtet ist es nicht mit der Ausspähung durch die Amerikaner. Und die deutschen Nachrichtendienste haben nichts falsch gemacht. Im Gegenteil. Alles geklärt also in der US-Spähaffäre? Mitnichten.

Seit sieben Wochen stehen die Vorwürfe gegen die NSA im Raum. Bislang ist eigentlich nur klar: Der US-Geheimdienst hat ungeheuren Hunger auf Daten und sammelt mit Vorliebe auch in Deutschland; er überwacht wohl im großen Stil die Kommunikation der Bürger. Aber in welchem Umfang genau? Und auf welchem Weg? Alles offen.

Stattdessen tauchen immer mehr unangenehme Fragen an Regierung und Geheimdienste in Deutschland auf. Es gibt Zweifel an ihrer Darstellung, sie hätten nichts von der Schnüffelei gewusst. Schließlich nutzen Bundesnachrichtendienst und Verfassungsschutz Software der NSA. Der BND soll sich angeblich auch für eine laxere Auslegung deutscher Datenschutzgesetze stark gemacht haben, um den Austausch mit den US-Kollegen zu erleichtern.

Pofalla, der in der Regierung für die Geheimdienste zuständig ist, kam in der Debatte bislang kaum vor. Auf Anfragen der Presse reagierte er nicht, auf den Spott der Opposition ("Wo ist eigentlich Herr Pofalla?") auch nicht. Einmal – Anfang Juli – gab er im Parlamentarischen Kontrollgremium Auskunft – zum ersten Mal in seiner Amtszeit seit 2009. Die SPD schimpfte später, seine Auskünfte seien lächerlich gewesen. Nun also Auftritt Nummer zwei.

So wortkarg die Regierung in den vergangenen Wochen in der NSA-Affäre war, umso vollmundiger kommt nun Pofallas Versprechen daher, als er mittags beim Kontrollgremium aufläuft: "Ich werde heute alle Vorwürfe, die gegen die deutschen Nachrichtendienste erhoben worden sind, zweifelsfrei klären können", sagt er und verschwindet im abhörsicheren Beratungsraum.

Etwa drei Stunden später öffnen sich die Türen wieder. Doch die Meinungen über das, was sich drinnen abgespielt hat, gehen weit auseinander. Die Oppositionspolitiker aus der Runde sagen zwar, inzwischen bemühe sich die Regierung immerhin, Antworten zu geben. Aber bei den wichtigsten Fragen sei man keinen Schritt vorangekommen. Die massenhafte Überwachung gehe weiter, und der BND habe sehr wohl versucht, Vorschriften zum Datenschutz großzügig auszulegen.

Pofalla hält dagegen. Er habe die Vorwürfe geprüft. Das Ergebnis: "Die deutschen Nachrichtendienste arbeiten nach Recht und Gesetz." Der Datenschutz werde geachtet. Eine massenhafte Weitergabe von Daten an die Amerikaner gebe es nicht. Im vergangenen Jahr seien nur zwei Datensätze an die NSA gegangen – um entführten Deutschen zu helfen.

Auch die Befürchtungen, wonach die NSA wahllos in Massen Daten von Bürgern aufsaugt, versucht Pofalla zu zerstreuen. Es handele sich bei dem NSA-Überwachungsprogramm "PRISM" nicht um ein Instrument zur massenhaften Datenerfassung. Das habe die NSA selbst in einer Stellungnahme bestätigt, die er im Kontrollgremium vorgelegt habe.

Die Amerikaner geben in dem Papier einen knappen Überblick über das Wirrwarr "PRISM": Neben dem großen Überwachungsinstrument der NSA mit diesem Namen gibt es ein weiteres gleichnamiges Programm mit Informationen zur Sicherheitslage, das in Afghanistan zum Einsatz kommt. Und auf einmal benennt die NSA noch ein drittes "PRISM" – angeblich ein schlichtes Programm der US-Administration zur Verwaltung von Akten. Es seien drei unterschiedliche Instrumente, nur der Name sei gleich.

Pofalla erwähnt "PRISM " erst gar nicht, eilt nach seinem Statement davon und hinterlässt viele fragende Gesichter. Das Kontrollgremium wird sich in den nächsten Wochen noch mehrfach mit der NSA-Affäre befassen. Auch Pofalla wird dann wieder auftauchen müssen. Der CDU-Mann ist ein enger Vertrauter von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Zwei Monate vor der Bundestagswahl ist die NSA-Affäre für die Kanzlerin noch nicht ansatzweise ausgestanden. (jk)