Weg frei für mehr Videoüberwachung und Handy-Ortung in Berlin

Der Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses hat die Senatsvorlage für die Verschärfung des Landespolizeigesetzes mit rot-roter Regierungsmehrheit gebilligt, doch bei der Opposition hagelt es Kritik.

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Der Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses hat am gestrigen Montag die Senatsvorlage für die Verschärfung des Landespolizeigesetzes mit rot-roter Regierungsmehrheit gebilligt. Mit dem Entwurf (PDF-Datei) zur Reform des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) sollen vor allem die Möglichkeiten der Ermittler zum Zugriff auf die Videoaufzeichnungen der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und anderer privater Stellen sowie zur Handy-Ortung ausgedehnt werden. Die Opposition stimmte geschlossen gegen den Vorstoß. Die Grünen sprachen von einem "Dammbruch" zu Lasten der Bürgerrechte und kündigten eine Verfassungsklage an. Die FDP wollte die Gesetzesänderung mit einer Verfallsklausel versehen. Da dieser nicht stattgegeben wurde, fürchten die Liberalen nun die polizeiliche Totalüberwachung des öffentlichen Personennahverkehrs.

Der CDU ging der bereits im Vorfeld von der rot-roten Koalition abgestimmte Entwurf dagegen nicht weit genug. Sie will der Polizei generell an gefährdeten Plätzen eine Überwachung mit Kameraaugen ermöglichen. Diese Befugnis schränkt das Papier auf Großveranstaltungen wie die Fanmeile zur Fußball-Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr ein. "Die Berliner haben keine Angst vor Videoüberwachung", konstatierte dagegen der parlamentarische CDU-Geschäftsführer, Frank Henkel. Die Novelle des Polizeigesetzes soll nun noch im Herbst endgültig vom Abgeordnetenhaus verabschiedet werden.

Eine bislang noch wenig beachtete Passage des Entwurfs sieht vor, dass auch Autofahrer bei Kontrollen durch Funkwagen-Besatzungen künftig gefilmt werden können. In 340 Polizeiautos sollen dafür Videokameras eingebaut werden. Die elektronischen Augen sollen immer dann angeschaltet werden, wenn die Funkwagenbesatzung aussteigt und etwa Alkoholproben durchführt. Die Kosten liegen allein für die Geräte und die Auswertungseinrichtungen bei 660.000 Euro.

Bei den Linken ist das Vorhaben weiter umkämpft. Bereits Ende September hatten sich Mitglieder der Linken aus Berlin gegen die Reform ausgesprochen. Im Oktober meldete sich dann Evrim Baba, Mitglied des Fraktionsvorstandes der Linken im Berliner Abgeordnetenhauses, mit einem Positionspapier (PDF-Datei) kritisch zu Wort. Sie hat etwa Zweifel, ob der Einsatz von Videokameras in Polizeiwagen wirklich die Sicherheit der Beamten erhöht. Auch bei den Kosten von 246.000 Euro für die geplante Handy-Ortung suizidgefährdeter oder vermisster Menschen mit Hilfe eines eigenen IMSI-Catchers für die Berliner Polizei meldete sie Bedenken an. Generell fürchten die Linksaußenvertreter eine Vorverlagerung des Gefahrenbegriffs. Diese führe dazu, dass das polizeiliche Erfassungsraster gröber werde und dadurch die Wahrscheinlichkeit, als Bürger ins Visier der Polizei zu geraten, steige.

Laut einem Gegenpapier (PDF-Datei) der Befürworter der Novelle zeugt die Kritik Babas aber "von profunder Unkenntnis der Aufgaben und Funktion von Polizei in einem Rechtsstaat, wie die Bundesrepublik ihn darstellt". Die Angegriffene hält aber in einer Erwiderung (PDF-Datei) an ihrer Haltung fest. In dem Papier schreibt sie unter anderem: "Nach dem vorliegenden Entwurf sollen die Polizeibehörden Videoaufzeichnungen in öffentlich zugänglichen Räumen des öffentlichen Personennahverkehrs nicht nur zur Abwehr terroristischer Gefahren herstellen dürfen, sondern zur Abwehr und zum Erkennen von Straftaten von erheblicher Bedeutung. Damit werden der Polizei also neue Eingriffsbefugnisse, die über das im Koalitionsvertrag verabredete hinausgehen, eingeräumt." (Stefan Krempl) / (vbr)