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Was wirklich wahr war – Auflösungen der zweiten rätselhaften Sommernacht

Montags warten Rätselfreunde auf die Auflösung von Hal Fabers rätselhaften Sommernachtsgeschichten – vor allem der Fragen, die sie selbst nicht zu enträtseln vermochten. Hier die Antworten der zweiten Runde.

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Hal Faber

Menschen machen Geschichte, auch im Urlaub, Katzen machen das Internet und manchmal sind auch Hunde mit dabei. Die zweite Folge des Sommerrätsels ist gelaufen. 10 Portionen Meatware waren zu erraten, drei Menschen wurden nicht geraten, ebenso der Hund, der auf seine Art Geschichte schrieb.

Doch der Reihe nach: Kein Problem war Frage 1 nach der Niederlage von Steve Jobs im Jahre 1982. Die Redaktion der Times hatte sich damals entschieden, den 27-jährigen Jobs als "Man of the Year" auf ihren Titel zu heben. Großzügig erzählte Jobs aus seinem Leben. Dann aber verwarf die Redaktion die Idee in letzter Minute und kürte – ausgerechnet – den Personal Computer zum "Man of the Year". Aus der 15 Seiten langen Geschichte von Steve Jobs wurde ein Dreiseiter, in dem die Times zu allem Überfluss enthüllte, dass der freakige Unternehmer Jobs zwar 210-facher Millionär war, aber nach einem Gerichtsbeschluss pro Monat 385 Dollar Alimente für eine Tochter namens Lisa zahlen musste. Die Veröffentlichung dieses Details brachte Jobs mehr in Rage als alle Verspätungen beim ultimativen Apple-Computer mit dem Codenamen Lisa, der als "Applause" an den Start gehen sollte. Bis zu seinem Meisterstück verging viel Zeit.

Frage 2 war ebenso schnell gegooglebingt: Ethereal, die 58-Meter-Yacht von Shannon und Bill Joy, ein "grünes Wunder" bestückt mit enormen Akkubänken von 400 kWh, gesteuert von sieben iPhones und zwei Touchscreen-Tischen, komplett mit eigens designtem "Font Ethereal Gothic" ist ein Öko-Kahn der Extraklasse, der für 225.000 Euro die Woche von Öko-Freaks gechartert werden kann. Bill Joy will so für die Idee werben, den CO2-Ausstoss zu vermindern. Ob die Idee genauso zündet wie die Sache mit Java, wird sich zeigen müssen.

In Frage 3 war der Informatiker Kristen Nygaard gesucht, der 1962 zusammen mit Ole-Johan Dahl Simula für UNIVAC-Rechner entwickelte. UNIVAC bestand auf einem Programm in Fortran und hielt die Arbeiten in Norwegen für gescheitert, doch mit der Entwicklung von Simula 67 zogen Nygaard und Dahl in die Ruhmeshallen der IT ein. Nygaard war als Politiker und Parteistratege bei den norwegischen Liberalen aktiv, ehe er die Bewegung "Nein zur EU" ins Leben rief, die zu ihren Glanzzeiten von 60 Prozent der Norweger unterstützt wurde. "Ich bin der einzige Programmierer, dem es gelang, sein Volk vor einer Dummheit zu bewahren," eklärte Nygaard bei seinem letzten öffentlichen Auftritt 2002 bei den Software-Pionieren in Bonn, "aber das hatte mit Programmieren nichts zu tun."

Internet is for lolcats.

(Bild: icanhascheezburger.com)

Kein Frage, dass das Internet ureigentlich für die Verbreitung von Katzencontent entwickelt wurde. So erwies sich Frage 4 nach dem Hund als harter Brocken, der nicht geknackt wurde. Gefragt war der Labrador Bifford Studworth III, Biff gerufen. Der Hund der Systembetreuerin Heidi Stettner war an der Universität Berkely als Student für den Ph.Dog eingeschrieben war. Das entsprechende Unix-Programm biff – "be notified if mail arrives" tat dem freundlichen Vieh etwas Unrecht, weil der echte Biff nie kläffte, wenn der Briefträger kam. Biff ist auf Seite 135 des Gedenkbändchens "A Quarter Century of Unix" abgebildet, dessen Copyright-Rechte strittig sind. Was einstmals AT&T gehörte, ist möglicherweise Eigentum von SCO. Doch das ist eine ganz andere Geschichte, auf die Unixer mit "Zeile 2238" antworten: /*You are not expected to understand this.*/

In Frage 5 sollte die Informatikerin Barbara Simons geraten werden, die unermüdlich gegen den Einsatz von Computern als Wahlmaschinen kämpft. Kurz bevor in Deutschland das Wahlgetöse beginnt, mag an ihre Definition erinnert werden: "The electronic voting machine is best understood as a video game programmed to look like a democratic input device."

Frage 6 beschäftigte sich mit Datenbanken. Dazu wurden die Logos von Microrim (r:base), Ashton-Tate (dBase), Delrina und Vectorsoft (Concept 16) abgebildet. Da nach einem nicht existierenden Gründer gefragt wurde, war jener Herr Ashton gesucht, den George Tate erfand, damit der Firmenname seriöser klingt. Ashton war der Papagei, den sich George Tate hielt. Auf vertrackte Art und Weise passt Delrina zu dieser Frage, obwohl man keine Datenbank im Angebot hatte: in einem der bemerkenswerteren Prozesse der Computerbranche unterlag die Firma, weil Computer-Software, die andere Software parodiert, sich nicht auf das Recht der freien Rede berufen darf. Zensierte fliegende Toaster gehören zu den Dingen, die Propellerheads nur schwer eklären können

Etliche Bücher beschwören den Mythos, dass die Gegenkultur der 1960er jahre entscheidend den Aufstieg des Silicon Valleys zum Computertal prägte. Wer gegen den Vietnamkrieg war, beschäftigte sich viel lieber mit Computern, so der Tenor. Ausgerechnet ein Franzose, der damals in der Branche arbeitete, demontierte mit dem Buch "Computernetze - Träume und Alpträume von einer neuen Welt" diesen Mythos im Jahre 1984. Frage 7 suchte Jacques Vallee, der wiederum die Spuren der sagenhaften Gegenkultur suchte und nur angepasste Forscher im Dienste des Fortschritts fand.

Frage 8 erinnerte an den Tod von Heinz Edelmann, der mit dem Zeichentrickfilm "Yellow Submarine" im Jahre 1967 ein visuelles Rufzeichen des Umbruchs ablieferte. Mit der Gestaltung der grünen Umschläge vom Herrn der Ringe gelang ihm ein zweites Meisterwerk in einer anderen Epoche. In der Frage wurde Edelmann als Werber gesucht. Für die von Ettore Sottsass entworfene knallrote Schreibmaschine Valentine von Olivetti entwickelte Edelmann 1969 die Kampagne "Valentine reforms university", komplett mit Musik der Beatband "The Cheats", die zum Lust-Sturm auf die Universitäten aufrief.

Zum zweiten Mal in einem Sommerrätsel trat Paul Mockapetris an. In Frage 9 wurde er schnell geraten. Ja, die Geschichte von Nominum ist vielleicht schnell erzählt, komplett mit einer hübschen Verschwörungstheorie über die Name Server deutscher Provider. Doch der Pfusch hinter der bröseligen DNS-Architektur, der ist noch lange nicht aufgearbeitet. Wir leben eben nicht in der besten aller Welten, sondern in einem schnell dahein programmierten Derivat. Man schließe nur die Augen und stelle sich eine X.400-Welt vor, ohne Spam und andere Bit-Verrenkungen. Da könnte man glatt die Arme verschränken und...

Ja, erstaunlich ungelöst blieb schließlich Frage 10, die einen Menschen suchte, dessen stoisch-vergnügte Haltung zu einem Warenzeichen wurde. Peter Norton, dem die Welt den Norton Commander und die Norton Utilities verdankte, lehnte sich schon frühzeitig zurück und verschränkte seine Arme wie der Reinigungs-Dschinn Meister Proper. Diese entspannte Haltung hat sich die Firma Symantec als US-Warenzeichen reserviert – so sitzt niemand mehr vor einem Computer, in dem verhunzte Software rumpelt. Doch davon handelt der nächste und letzte Teil des Sommerrätsels. (Hal Faber) / (vbr)