Lavabit-Schließung: "Sogar meinem Anwalt darf ich nicht alles sagen"

Ladar Levison hat versucht zu erklären, was ihn zur Schließung seines Dienstes für verschlüsselte Mail bewogen hat. Wegen der Geheimhaltungspflicht, unter der er steht, dürfe er aber vieles nicht erzählen, einiges nicht einmal seinem Anwalt.

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Lavabit, der Dienst für verschlüsselte E-Mails, wurde vergangene Woche offenbar dicht gemacht, weil der E-Mail-Dienst durch das Vorgehen von US-Behörden nicht mehr so sicher gewesen wäre wie versprochen. Das hat zumindest Ladar Levison, der Gründer des Dienstes, etwas kryptisch in einem Interview mit dem Nachrichtenportal Democracy Now erklärt. Demnach erschien ihm die Schließung als das geringere von zwei Übeln, es sei ihm aber nicht erlaubt, darüber zu sprechen, worin genau das zweite bestanden habe. Deswegen wende er sich auch an die Öffentlichkeit, denn er hoffe, dass "die Medien ohne meine Hilfe aufdecken können, was los ist".

Vergangene Woche hatte Levison überraschend erklärt, Lavabit umgehend zu schließen. Hintergrund war offenbar der Versuch von US-Behörden auf Daten der Kunden zuzugreifen, aufgrund der Geheimhaltungspflicht konnte er aber keine genaueren Angaben dazu machen. Später hatte er in einem Interview erklärt, "wenn Sie über E-Mails wüssten, was ich weiß, würden Sie sie auch nicht nutzen." Lavabit war zuvor einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden, weil der NSA-Whistleblower Edward Snowden offenbar einen Account bei dem Dienst hatte und nutzte.

Während Levisons Interview am gestrigen Dienstag saß sein Anwalt neben ihm und mehrmals musste Levison sich offenbar zügeln oder gezügelt werden, um nichts zu sagen, was ihm verboten ist. Sein Anwalt erklärte, sein Mandant müsse ganz genau aufpassen, aus Angst, sonst "in Handschellen abgeführt zu werden". Levison ergänzte, es gebe sogar Dinge, die er nicht einmal mit seinem Anwalt besprechen dürfe. Geheimhaltung werde hier ins Extreme getrieben und seiner Meinung nach nutze die gegenwärtige Regierung das, "um Taktiken zu vertuschen, derer sie sich schämt".

Levison erklärt außerdem, warum er Lavabit ursprünglich gegründet hatte. Man habe einen Dienst bieten wollen für Nutzer, denen Privatsphäre am Herzen liegt und denen es wichtig war, dass auch der Betreiber keine Nachrichten einsehen kann. Er wollte nicht in die Situation kommen, wo er private Daten übergeben musste. Er habe vor dem aktuellen Fall immer mit den Behörden zusammengearbeitet und sei mindestens zwei Dutzend Aufforderungen zur Herausgabe von Dokumenten nachgekommen: "Es ist nur, dass in diesem speziellen Fall, habe ich gedacht, dass Gesetzestreue...", und an dieser Stelle unterbricht ihn sein Anwalt. Lavabit habe bei seiner Schließung 410.000 registrierte Nutzer gehabt.

In der gleichen Sendung kam danach noch Nick Merrill zu Wort, der Anfang 2004 in New York als Betreiber des Internet-Providers Calyx einen sogenannten National Security Letter des FBI erhalten hat. Darin wurde er aufgefordert, viele Daten über einen Klienten herauszugeben. Die Aufforderung sei nicht von einem Richter abgesegnet und lediglich von einem Anwalt unterzeichnet gewesen. Er habe darüber nicht einmal mit seinem Anwalt reden dürfen, es dann aber doch getan. Dem folgten sieben Jahre Rechtsstreit und erst seit 2010 darf er sich teilweise dazu äußern. In der Zwischenzeit hatte er unter anderem anonym in der Washington Post von seinem Fall berichtet. 2012 versuchte Merrill, die Gründung eines Providers, der die Privatsphäre besonders schützt, per Crowdfunding zu finanzieren, war aber gescheitert.

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Merrill geht auf einige Details der National Security Letter ein. Demnach könne jemand für fünf Jahre ins Gefängnis kommen, wenn er darüber spricht, dass er einen solchen erhalten hat. Die Nachfrage, ob er einen solchen bekommen hat, wollte Ladar Levison dann auch nicht beantworten. Dadurch und durch andere Einschränkungen in den zugrunde liegenden Gesetzen sei es unheimlich schwer, dagegen juristisch vorzugehen. Dass US-Behörden mit dieser Praxis praktisch über das Gesetz gestellt werden, hatte bereits 2005 der damalige US-Senator Barack Obama scharf kritisiert, wie ein Einspieler in der Sendung verdeutlichte.

Unterdessen wird deutlich, dass sich die US-Regierung trotz der angekündigten Transparenz weiterhin nicht wirklich in die Karten gucken lassen will. So hatten Google und Microsoft bereits kurz nach Beginn der Enthüllungen über die US-Überwachung beantragt, die gegen sie verfügten geheimen Anordnungen veröffentlichen zu dürfen. Das ist noch immer nicht geschehen und diesen Montag hat die US-Regierung bereits zum vierten Mal eine Verlängerung der Frist für ihre Antwort beantragt. (mho)