Grüne klagen wegen Datenabfrage durch Polizei in Mecklenburg-Vorpommern

Den Grünen in Mecklenburg-Vorpommern gehen die Befugnisse der Ermittlungsbehörden bei der Abfrage privater Internet- und Telefondaten zu weit. Nun sollen die Verfassungsrichter klären, ob die Sorgen berechtigt und neue Gesetzesänderungen nötig sind.

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  • dpa

Die Grünen wollen den Ermittlungsbehörden in Mecklenburg-Vorpommern engere Zügel für die Datenabfrage bei Telekommunikationsunternehmen anlegen und ziehen deshalb vor das Landesverfassungsgericht. "Die seit 1. Juli gültigen Gesetzesregeln sind nicht mit der Landesverfassung vereinbar", sagte Landtags-Fraktionschef Jürgen Suhr am Dienstag. Der angestrebten Sammelklage könnten sich Bürger ab 18 Jahren anschließen. Die Klage solle möglichst noch in diesem Jahr eingereicht werden und Rechtssicherheit bringen.

Umstritten ist vor allem, dass Polizei und Verfassungsschutz Verbindungsdaten und Zugangscodes für Internet und Telefon abfragen dürfen, ohne dass Richter vorher zustimmen oder Betroffene im Nachhinein informiert werden müssen. "Damit bleibt Mecklenburg-Vorpommern hinter den Regelungen des Bundes und anderer Bundesländer zurück", stellte Grünen-Innenexperte Johannes Saalfeld fest. Selbst Bayern lege den Ermittlern für die Abfrage von Passwörtern oder die Identifizierung mittels IP-Adresse engere Fesseln an. Mecklenburg-Vorpommern dürfe bei der Kontrolle von Verfassungsschutz und Polizei nicht hinter anderen Ländern und dem Bund zurückbleiben, mahnte Suhr.

Nach Überzeugung von Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) sind die Gesetzesregelungen rechtlich gedeckt. Das Bundesverfassungsgericht habe die bisherige Erhebung von Bestandsdaten nicht für unzulässig erklärt und keinen Richtervorbehalt verlangt. "Die Grünen beweisen erneut, dass sie noch immer nicht verstanden haben, dass es keine neuen Befugnisse der Sicherheitsbehörden gibt", erklärte Caffier. Die Landespolizei brauche wirksame Instrumente, um Gefahren für Leben und Gesundheit von Menschen abzuwehren. Dies gelte etwa bei der Suche nach Vermissten, aber auch bei Verdacht auf Kinderpornografie. "Den Inhaber eines Internetanschlusses festzustellen, gehört dabei zum unverzichtbaren Rüstzeug polizeilicher Arbeit", betonte Caffier. Bei der Erhebung von Bestandsdaten gehe es jedoch nicht um den Inhalt von Gesprächen oder E-Mails.

Unterstützung erhalten die Grünen aber von der anderen Oppositionspartei in Mecklenburg-Vorpommern, der Linken. "Meine Fraktion teilt die Kritik an der Gesetzesänderung und hat der Novelle nicht zugestimmt", erklärte Linke-Innenexperte Peter Ritter. Er verwies jedoch darauf, dass unter Fachleuten die sogenannte Bestandsdatenauskunft zwar umstritten, verfassungsrechtlich "aber wohl zulässig" sei. Das Innenministerium hatte die Gesetzesänderungen stets als rechtens verteidigt.

Saalfeld hatte schon in der Parlamentsdebatte im Juni auf drohende Einschränkungen von Bürgerrechten und mögliche Verstöße gegen den Datenschutz hingewiesen, bei den Regierungsfraktionen aber kein Gehör gefunden. SPD und CDU beschlossen mit ihrer Stimmenmehrheit die umstrittenen Änderungen im Polizei- und im Verfassungsschutzgesetz des Landes. "Nun kann schon ein einfacher Beamter Sicherungscodes abfragen. Wir wollen in diesem sensiblen Bereich aber ein hohes Maß an Kontrolle der Behörden", begründete Saalfeld die Sammelklage.

"Wir sind Demokraten und respektieren Mehrheitsentscheidungen des Landtags. Wir sind aber besorgt, dass durch die Gesetzesänderung Grundrechte verletzt werden", sagte Grünen-Landeschef Andreas Katz. Nach Überzeugung der Co-Vorsitzenden Claudia Müller wurde die "Abwägung zwischen dem Schutz durch den Staat und dem Schutz vor dem Staat unverhältnismäßig getroffen". Wenn schon bei geringen Vergehen wie Ordnungswidrigkeiten Maßnahmen wie die Abfrage von Bestandsdaten möglich seien, gehe das entschieden zu weit. ()