Wiederverwertete Funksignale: Datenfunk ohne Strom

Eine Forschergruppe hat Funkmodule entwickelt, die Daten ohne interne Stromquelle übertragen, also ohne Akku oder Netzteil. Als Energiequelle genügen Funkwellen aus der Umgebung.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Dusan Zivadinovic

Forscher der Universität Washington haben ein drahtloses Kommunikationssystem entwickelt, bei dem die Gegenstellen Daten ohne Akku oder sonst übliche Stromquellen übertragen. Statt dessen beziehen sie Energie aus Signalen anderer Systeme, beispielsweise terrestrischem Rundfunk oder Mobilfunk.

Das Verfahren namens Ambient Backscatter (PDF-Dokument) haben Shyamnath Gollakota, Vincent Liu, Aaron Parks, Vamsi Talla, David Wetherall und Joshua Smith entwickelt. Sie stellten die Technik zu Beginn der Konferenz Association for Computing Machinery’s Special Interest Group on Data Communication in Hongkong vor.

Zwei solcher Geräte können Daten austauschen, indem sie die vorhandenen Funksignale aufnehmen und reflektieren. In einer Beispielanwendung führten die Forscher kleine, batterielose Geräte mit freilich noch recht großen Antennen vor. Anders als übliche Funksysteme verzichten Ambient-Backscatter-Geräte auf einen herkömmlichen Sender. Unter anderem deshalb genügt ihnen sehr wenig Energie – eben das bisschen, was andere Funksysteme abstrahlen. Andererseits war die Reichweite mit 50 Zentimeter in Gebäuden bis 80 Zentimeter im Freien sehr klein.

“Wir können Funksignale, die uns ohnehin umgeben, sowohl als Energiequelle als auch als Kommunikationsmedium verwerten", sagte Shyam Gollakota, der führende Kopf der Forschungsgruppe. Anwendungsgebiete sieht Gollakota in den Bereichen Wearable Computing, Smart Homes und Sensor Networks.

Informationen übertragen die Geräte derzeit auf einer sehr simplen Grundlage: Die aufgefangenen Funksignale werden zwar unverändert reflektiert, aber nicht durchgängig, sondern in festen Intervallen, sodass die Bits "0" und "1" als "Reflexion" und "Nicht-Reflexion" übertragen werden (also simples On-Off-Keying – genauer: FM0-Coding mittels Power-Level-Transition).

Wenn Alice ein Funksignal aus der Umgebung auffängt und zurückspiegelt, können ihr Signal andere Ambient-Backscatter-Geräte aufnehmen und dekodieren (zum Beispiel Bob). Für gewöhnliche Empfänger, etwa ein Fernsehgerät, ist Alice nichts weiter als eine weitere Multipath-Quelle für das eigentliche TV-Signal, das sie ohne weiteres dekodieren können.

TV-Signale eignen sich gut zur Wiederverwertung, weil sie rund um die Uhr ausgestrahlt werden und weil die Sender mit bis zu 1 MegaWatt Leistung sehr große Flächen abdecken. In Tests lieferte das System bis zu 1000 Bit pro Sekunde. Dabei war der TV-Sender 800 Meter bis knapp 11 Kilometer entfernt. Unter diesen Bedingungen genügt der Durchsatz für einfache Sensoranwendungen oder die Übertragung von kurzen Texten. Prinzipiell könnten beliebige Alltagsobjekte mit solchen batterielosen Sendeempfängern ausgestattet werden. Die Forscher nennen als einfache Beispiele unter anderem Sitzmöbel, die auf Anfrage kundtun, wo man den Hausschlüssel liegengelassen hat.

Als "smarte Sensoren" könnten sie aber auch permanent in beliebige Strukturen eingebaut werden, um dann etwa in tragenden Elementen von Brücken oder Gebäuden Haarrisse im Material zu melden. Smartphones könnten damit ausgestattet auch dann noch Meldungen in die allernächste Umgebung absetzen, wenn deren Batterie leergelaufen ist und so zum Beispiel das Wiederfinden erleichtern. (dz)