Europarat fordert Transparenz bei Internetfiltern

Der Rat hat eine Empfehlung verabschiedet, die transparente Regeln für Internetfilter fordert und vor Gefahren für die Meinungsfreiheit warnt.

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Von
  • Monika Ermert

Die im Europarat vertretenen Mitgliedsländer sollen für Internetfilter Standards etablieren, die das Recht auf Meinungsfreiheit in vollem Umfang schützen. Diese Empfehlung verabschiedete der Ministerausschuss des Rates bei seiner Sitzung in der vergangenen Woche. Sie war vom "Steering Committee on the Media and New Communication Services" (CDMC) des Rats bereits im vergangenen Jahr ausgearbeitet worden. Bürgerrechtsaktivisten begrüßten die Verabschiedung der Empfehlung, die zwar nicht verbindlich ist, aber recht weitgehende Forderungen für den Einsatz von Filtern erhebt.

Nutzer müssten über den Einsatz von Filtern informiert und aufgeklärt werden, wie sie Filtermaßnahmen jederzeit abschalten könnten, heißt es in der Empfehlung. Ein Mindestmaß an Information über die Filterfunktion und deren Kriterien müsste garantiert werden, etwa welche Schlüsselworte blockiert werden. Darüber hinaus bedürfe es klarer Standards zur Aufklärung der Nutzer, warum ein bestimmter Inhalt ausgefiltert werde. Schließlich verlangt die Empfehlung auch Verfahren, mit denen irrtümlich oder missbräuchlich blockierte Inhalte rasch wieder zugänglich gemacht werden könnten. Es gelte insgesamt, bei Machern und Nutzern das Bewusstsein für die potenziellen Gefahren für die Meinungsfreiheit zu wecken.

Mit Blick auf staatliche Stellen lehnt die Empfehlung das Filtern von Inhalten ab, es sei denn, eine spezifische Filtermaßnahme wurde ausdrücklich und unter Berücksichtigung der Menschenrechtskonvention des Europarates und nationaler Gesetze von einer kompetenten, staatlichen Stelle beschlossen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit müsse gewahrt und Widerspruchsmöglichkeiten vorhanden sein. Illegale Filtermaßnahmen soll durch Gesetze verhindert werden. Filter, die für bestimmte Gruppen gedacht seien, dürften nicht zu einer generellen Blockierung von Inhalten führen. Dies könnte Sperrverfügungen im Bereich des Jugendschutzes betreffen.

Gegen Filter im Jugendschutz hat der Europarat prinzipiell nichts, allerdings wird hier vor einem "Übermaß an Schutzmaßnahmen" gewarnt. Es müsse, so schreibt der Europarat in diesem Zusammenhang, klar unterschieden werden zwischen schädlichen Inhalten selbst und den nicht problematischen Verweisen – also etwa Links – auf solche Inhalte, etwa zu wissenschaftlichen Zwecken. Auch Kinder und Jugendliche sind laut der Empfehlung aufzuklären über die Chancen und Gefahren von Inhalten im Netz und auch die Chancen und Gefahren von Filtern.

"Es ist die meines Wissens derzeit beste Empfehlung zu Internetfiltern und Meinungsfreiheit, die man von einer zwischenstaatlichen Organisation erwarten kann", sagte Meryem Marzouki, Vorsitzende der französischen Bürgerrechtsorganisation Imaginons un Réseau Internet Solidaire (IRIS). Merzouki unterstrich gegenüber heise online, dass sie die Filter-Empfehlungen vor allem deshalb positiv beurteile, weil sie "mit der gängigen Rhetorik vom Allheilmittel technischer Filter im Kampf gegen illegale und schädliche Inhalte bricht". Stattdessen werde die Einhaltung von Meinungsfreiheit und Privatheit sowie die Rechtsstaatlichkeit wieder ins Zentrum gestellt.

Im begleitenden Bericht zur Empfehlung findet sich ein interessanter Hinweis auf Suchmaschinen. Es spreche manches dafür, dass diese in die Empfehlung zu technischen Filtermaßnahmen einbezogen werden sollten, heißt es da. Zwar sei der Filter einer Suchmaschine "indirekter", doch seien Filtermaßnahmen der Suchmaschinenbetreiber schon jetzt einzubeziehen. Eventuell müssten die komplexen, indirekten Filtereffekte von Suchmaschinen in einer eigenen Empfehlung behandelt werden. (Monika Ermert) / (vbr)