Wikileaks-Whistleblower Bradley Manning zu 35 Jahren Haft verurteilt [3. Update]

Militärrichterin Colonel Denise Lind blieb deutlich unter den von der Anklage im Manning-Prozess geforderten 60 Jahren Haft.

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Von
  • Detlef Borchers

Bradley Manning

Militärrichterin Colonel Denise Lind verkündete das Strafmaß im Prozess gegen den Wikileaks-Whistleblower Bradley Manning: 35 Jahre Haft verhängte Lind gegen Manning, unter anderem für den Verrat von Militärgeheimnissen. Manning wird unehrenhaft aus der Armee entlassen. Die Untersuchungshaft von 1294 Tagen wird auf die Strafe angerechnet. Hat Manning ein Drittel der Strafe abgesessen, kann er einen Antrag auf Aussetzung der Strafe zur Bewährung stellen. Bei guter Führung dürfte sich die tatsächliche Haftzeit auf 18 Jahre reduzieren.

Die Höhe der Strafe führt dazu, dass der Fall von Bradley Manning automatisch in einem Jahr dem Appellationsgericht der US-Armee vorgelegt wird. Wenn Manning und seine Verteidiger Einspruch einlegen, verkürzt sich dieser Zeitraum. Sie haben nach dem Appellationsgericht zudem die Möglichkeit, den Obersten US-amerikanischen Gerichtshof (Supreme Court) anzurufen.

Lind blieb mit ihrer Entscheidung über das Strafmaß deutlich unter dem von der Anklage geforderten Strafmaß von 60 Jahren und weit unter der Höchststrafe von 90 Jahren, die nach den Schuldsprüchen im Verfahren möglich gewesen wäre. Die Anklage hatte zur Begründing des beantragten Strafmaßes angeführt, andere Soldaten sollten abgeschreckt werden, Geheimnisse aus dem "unvollkommenen Informationssystem" nach außen zu tragen. Manning war vom schwersten Vorwurf, der "Unterstützung des Feindes" freigesprochen worden, die Richterin befand ihn aber in 19 von 21 Anklagepunkten schuldig. Verurteilt wurde Manning wegen fünf verschiedener Verstöße gegen Anti-Spionage-Gesetze sowie Diebstahl und Computerkriminalität.

Manning hatte sich zuletzt selbst für seine Handlungen entschuldigt. Er habe geglaubt, Menschen helfen zu können und sich daher nicht an die offiziellen Befehlswege gehalten. Dies sei vermessen von ihm gewesen und er werde den Preis dafür zahlen müssen. Manning appellierte an die Richterin, eines Tages wieder seinen Platz in der Gesellschaft einnehmen und sich und seiner Familie zeigen zu können, dass er ein besserer Mensch geworden ist.

Mitte März hatte Manning sich im Verlauf des Verfahrens vor dem Militärgericht zu seiner Informantenrolle für Wikileaks bekannt. "Ich halte diese Dokumente nach wie vor für einige der wichtigsten Dokumente unserer Zeit", hatte Manning damals in seinem Plädoyer für den bewussten Akt des Whistleblowings betont.

In einer ersten Reaktion auf das Urteil sprach die Journalistenvereinigung Reporter ohne Grenzen von einer unverhältnismäßig hohen Strafe. Sie sei ein Beleg dafür, dass die USA ein Gesetz zum Informantenschutz brauchen, erklärte Vorstandssprecher Michael Rediske. Die US-amerikanische Bürgerrechtsorganisation ACLU erklärte den Tag der Urteilsverkündung für einen Trauertag. Das Rechtssystem einer Gesellschaft sei grundsätzlich fehlerhaft, wenn ein mutiger Whistleblower seiner Mitbürger nicht über Verbrechen und Missstände aufklären könne.

Weitere Details, u.a. die Reaktionen der Anwälte Mannings, im weiteren Verlauf auf heise online.

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(jk)