Wikileaks-Whistleblower Bradley Manning: Ich schaff das

Nach der Verkündung der Haftstrafe von 35 Jahren zeigte sich Bradley Manning gefasst. Das Unterstützer-Netzwerk fordert seine sofortige Begnadigung durch Präsident Obama; Kritiker sehen den Prozess als Angriff auf die freie Presse.

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Von
  • Detlef Borchers

Bradley Manning

(Bild: Bradley Manning Support Network )

Nach der Verkündung der Haftstrafe von 35 Jahren zeigte sich der US-amerikanische Whistleblower Bradley Manning gefasst, wie sein Rechtsanwalt David Coombs auf einer wenige Stunden nach der Strafmaßverkündung angesetzten Pressekonferenz berichtete, die gestreamt wurde. "Es ist OK. Es ist in Ordnung. Du hast Dein Bestes getan. Ich werde OK sein, ich schaffe das schon, dies durchzustehen", sollen seine Worte Coombs zufolge gewesen sein. Der Anwalt berichtete, dass die Unterstützer von Bradley Manning einen "College Trust Fund" eingerichtet haben: Wenn der 26-jährige Manning in 18 Jahren (bei guter Führung) oder in 8,5 Jahren (bei einer Begnadigung) entlassen wird, soll er sich seinen Lebenstraum erfüllen und auf ein College gehen können.

Der ehemalige Elitesoldat David Coombs erklärte, in seiner Karriere als Rechtsanwalt schon Hunderte von Armee-Angehörigen verteidigt zu haben, vom Mörder bis zum Kindesschänder, doch keiner habe eine solch hohe Strafe bekommen. Im Verlauf der Gerichtsverhandlung habe er sich besonders bei den geheimen Anhörungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit etliche Male gewundert, wie wenig wirklich geheimes Material vor Gericht behandelt wurde.

Auf mehrfaches Nachfragen der anwesenden Pressevertreter stellte Coombs klar, das Manning aus eigenen Stücken gehandelt habe. "Diese Geschichten, das Bradley von Wikileaks gesteuert wurde, sind pure Spekulationen und Erfindungen." Seinen Mandanten beschrieb Coombs als "man of honour" mit hohen ethischen Motiven. Zuerst sei Manning reichlich verwirrt gewesen, doch im Laufe der Zeit sei eine Persönlichkeit hervorgekommen, die von hohen ethisch-moralischen Werten aus urteilte, berichtete Coombs. Mit dem beendeten Prozess stehe der eindeutige Gewinner fest: die (US-amerikanische) Öffentlichkeit, die sich ein Bild von den schmutzigen Seiten des Krieges machen kann. "Die Verlierer sind all diejenigen, die glauben, das wir in Zukunft keine Whistleblower mehr haben werden, die die Öffentlichkeit über Kriegsverbrechen unterrichten."

Auch Wikileaks reagierte mit einer offiziellen Stellungnahme von Julian Assange. In ihr bezeichnete Assange das Urteil als "bedeutenden taktischen Sieg von Bradley Manning", der hart erkämpft worden sei. Nun müsse es darum gehen, das Strafmaß weiter zu reduzieren. Die einzig gerechte Strafe in dieser Sache sei die sofortige Entlassung von Bradley Manning.

Unter den zahlreichen weiteren Stellungnahmen zum Ende des Prozesses muss das Manning Support Network erwähnt werden, das 1,4 Millionen Dollar zur Begleichung der Prozesskosten sammelte. Die Unterstützer fordern nichts weniger als eine Begnadigung von Manning durch US-Präsident Obama. Auch Amnesty International meldete sich zu Wort. Das Mindeste sei, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen, deren Kriegsverbrechen durch Bradley Manning der Öffentlichkeit bekannt wurden. Das US-amerikanische Government Accountability Project (GAP) verurteilte in seiner Stellungnahme den Prozess als "Schauprozess" und appellierte an künftige Whistleblower, sich nicht entmutigen zu lassen. Das Gros der Gesetze, nach denen Manning veruteilt wurde, stamme aus dem Jahr 1917 und sei veraltet.

Skeptischer fiel das Urteil des Harvard-Juristen Yochai Benkler aus, der als Zeuge der Verteidigung im Prozess aufgetreten war. Für Benkler stehen die 35 Jahre Haft von Manning stellvertretend für einen "direkten Angriff auf die freie Presse", wie er vor der Presse erklärte. Ähnliche Aussagen hatte Benkler früher, etwa in einem Interview mit der Deutschen Welle geäußert. (jk)