Kernel-Log: Neue Btrfs-Version und Stable-Kernel, WLAN-Treiber fĂĽr 2.6.27 aufgemischt

Btrfs 0.16 bringt Performance-Verbesserungen und ACL-UnterstĂĽtzung; Kernel 2.6.25.15 und 2.6.26.2 freigegeben; Centrino-WLAN-Treiber iwl-4965 heiĂźt zukĂĽnftig iwlagn; Linux 2.6.27 spricht Atheros-WLAN-Chips AR2425 an.

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Von
  • Thorsten Leemhuis
Kernel-Log-Logo
Die Btrfs-Entwickler haben die Version 0.16 des noch experimentellen Btrfs veröffentlicht. Sie bringt laut Angabe der Entwickler zahlreiche Verbesserungen für die Performance und Skalierbarkeit des Linux-Dateisystems; zudem unterstützt die neue Version nun auch die etwa für SELinux benötigten ACLs (Access Control Lists).
Ext-Dateisystementwickler Theodore Ts'o hatte Btrfs den Fans von Reiser4 kĂĽrzlich in einer Diskussion zur Zukunft des Reiser-Dateisystems ans Herz gelegt. Btrfs wĂĽrde einige der Ideen der Reiser-Dateisysteme aufgreifen und zudem einige Features bieten, die Suns ZFS alt aussehen lassen wĂĽrden ("it has a number of the same design ideas that reiser3/4 had [...] the filesystem format has support for some advanced features that are designed to leapfrog ZFS").
Laut der ToDo-List im Btrfs-Wiki ist die Version 1.0 von Btrfs für Ende dieses Jahres geplant. Einige der noch geplanten Änderungen erfordern allerdings weitere Anpassungen am Ondisk-Format – Btrfs-Tester müssen daher beim Wechsel auf eine neue Version das Btrfs-Volume gelegentlich leer räumen und das Dateisystem neu anlegen. Das ist auch beim Update auf Btrfs 0.16 erforderlich.
Greg Kroah-Hartman hat wie erwartet die Kernel-Versionen 2.6.25.15 und 2.6.26.2 freigegeben. Sie bringen zahlreiche kleinere Verbesserungen für die vorangegangenen Kernel der 2.6.25- und 2.6.26-Serie; einige der Änderungen verbessern dabei die Hardware-Unterstützung, während das Gros Fehler in den verschiedensten Bereichen des Kernels korrigieren.
Es ist nicht offensichtlich, ob einige der Korrekturen auch Sicherheitslücken stopfen. Die Freigabe-Mails empfehlen Anwendern lediglich mit Worten wie "Any users of the 2.6.26 kernel series should upgrade to this version" ein Update auf die neuesten Versionen; Details zu den Änderungen fänden sich im Git-Webinterface oder dem Changelog. Das scheint der neue Standardtext bei der Freigabe neuer Stable-Kernel zu sein – der kam auch bei der Linux-Version 2.6.15.13 zum Einsatz, die ein Sicherheitsproblem behob, ohne darauf explizit hinzuweisen.
Wer sich Kernel selbst compiliert und installiert, sollte die Updates daher besser einspielen, da ohne eine meist zeitaufwendige Recherche sonst oft nicht klar sein dürfte, ob sich nicht vielleicht doch irgendwo ein für das eigene System wichtiger Sicherheitspatch zwischen all den Änderungen verbirgt. Wer diese Arbeit vermeiden will, sollte sie besser dem Linux-Distributor überlassen – dazu raten auch so mache Kernel-Entwickler gelegentlich.
Die Entwicklung von Linux-2.6.27 schreitet derweil weiter voran – kürzlich veröffentlichte Linus Torvalds die zweite Vorabversion der nächsten Kernel-Version des Linux-Hauptentwicklungszweigs. Bereits jetzt zeigt diffstat 11.628 seit der Freigabe von 2.6.26 geänderte Dateien sowie 884.674 eingefügte und 747.723 entfernte Zeilen Quellcode an – das ist erheblich mehr als bei Linux 2.6.24 und 2.6.25. Nicht unerheblich Schuld daran sind größere Patches, die die Include-Dateien für die Architekturen im Quellcode-Baum umherschieben (siehe etwa Commits für ARM, IA64, Power oder Sparc). Mit der Rename-Detection von Git findet diffstat derzeit im Hauptentwicklungszweig dann "nur" noch 10.002 geänderte Dateien mit 621.877 eingefügten und 499.076 entfernten Zeilen.
Kurz vor der Freigabe von 2.6.27-rc2 fanden indes noch einige größere Änderungen im Netzwerk-Bereich Einzug in den Hauptentwicklungszweig. Darunter einige größere Umbaumaßnahmen (etwa 1, 2 und 3) am Treiber-Code für die 802.11n-WLAN-Chips von Intel – der bislang als iwl-4965 bekannte Treiber für die älteren Chips wird dadurch mit dem am Anfang des aktuellen Entwicklungszyklus eingepflegten Code für die in Centrino-2-Notebooks verbauten WLAN-Chips zusammengelegt und heißt als Modul kompiliert nun iwlagn. Auch am Treiber ath5k gab es noch einige Änderungen (etwa 1 und 2), durch die der Treiber nun auch die in der ersten Generation des Asus Eee PC verbauten Atheros-WLAN-Chips AR2425 anzusteuern weiß; um den kümmerte sich bislang auf vielen Systemen ein Snapshot aus dem Hauptentwicklungszweig des Treibers madwifi.
Der Ath9k-Treiber für die derzeitigen 802.11n-Chips von Atheros hat den Sprung in den Hauptentwicklungszweig von Linux indes noch nicht geschafft – es sieht aber so aus, als würde dies in Kürze noch passieren. Die Ath9k-Entwickler haben derweil auf der Wikiseite zum Treiber eine längere ToDo-Liste veröffentlicht.
Wie wichtig Linus Torvalds stabile Schnittellen für Userland-Anwendungen sind, zeigt eine kürzlich geführte Diskussion auf der LKML. Durch eine für 2.6.28 geplante Änderung arbeitete die derzeitige Version des X.org-Touchtreibers synaptics nicht mehr korrekt; das war aber nicht Schuld des Kernels, sondern ein schwerer, bislang unentdeckter Bug im Touchtreiber, der durch die Kernel-Änderung nun ans Tageslicht kam. Auf Drängen und unter Mithilfe von Torvalds wollen die Kernel-Entwickler den auslösenden Kernel-Patch nun trickreich modifizieren, damit auch die aktuellen Versionen des X-Treibers mit zukünftigen Kernel-Versionen ungestört zusammenarbeiten.
Kernel-Log-Staccato
  • Ulrich Drepper erklärt in seinem Blog einige HintergrĂĽnde und Anwendungsfälle fĂĽr die neuen, fĂĽr 2.6.27 vorgesehenen Syscalls rund um "Secure File Descriptor Handling".
  • Kristian Høgsberg hat in einer Mail seine GrĂĽnde fĂĽr das geplante DRI2-Redesign und die deshalb vorgeschlagene Entfernung von DRI2 aus dem X-Server 1.5 näher erläutert.
  • Keith Packard verrät in seinem Blog Details zur experimentellen und auf GEM aufsetzenden "UMA Acceleration Architecture" fĂĽr den X.org-Grafiktreiber intel.
Weitere HintergrĂĽnde und Informationen rund um Entwicklungen im Linux-Kernel und dessen Umfeld finden sich auch in den vorangegangen Ausgaben des Kernel-Logs auf heise open:
  • 05.08.2008: Neue Stable-Kernel, DRI2 zurĂĽckgestellt, Xgl aus X.org entfernt
  • 01.08.2008: Neue Nvidia-Treiber lahmen weiter, Linux 2.6.26.1 in KĂĽrze
  • 30.07.2008: Dateisystem Tux3 angekĂĽndigt, neues rund um X.org
  • 30.07.2008: 2.6.25.13 korrigiert SicherheitslĂĽcke, Probleme rund um ACPI
  • 29.07.2008: Erste Vorabversion von 2.6.27 beendet heiĂźe Entwicklungsphase
  • 28.07.2008: Aus der Praxis fĂĽr die Praxis - Hintergrund- und Vorabinformationen zu Linux vom OLS
  • 22.07.2008: Centrino-2-WLAN-Treiber iwl-5000 und Webcam-Treiber gscpa in Linux 2.6.27
  • 21.07.2008: Ath9k-Treiber fĂĽr neue Atheros-WLAN-Chips, Diskussionen um Nvidia-Treiber
  • 16.07.2008: Keine Unstable-Series, Linux 2008.7, Umgang mit Sicherheitskorrekturen
Ältere Kernel-Logs finden sich über das Archiv oder die Suchfunktion von heise open.