Open Access: Durchbruch bei wissenschaftlichen Texten

Laut einer von der EU-Kommission finanzierten Studie sind rund 50 Prozent der 2011 veröffentlichten wissenschaftlichen Artikel im Internet kostenlos zugänglich. Das ist mehr als erwartet.

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Laut einer von der EU-Kommission finanzierten Studie (PDF-Datei) sind rund 50 Prozent aller 2011 veröffentlichten wissenschaftlichen Artikel gemäß dem "Open Access"-Prinzip im Internet kostenfrei zugänglich. Brüssel sieht damit einen Wendepunkt erreicht und weltweit die kostenlose Bereitstellung schriftlicher Forschungsergebnisse "kurz vor dem Durchbruch". Der Anteil sei fast doppelt so hoch wie zuvor erwartet.

Das überraschende Ergebnis erklärt sich der Kommission zufolge durch ein "genaueres" Suchverfahren und eine breite Definition der Publikationen, die im Rahmen der Untersuchung als "Open Access" eingestuft wurden. Die mit der Analyse beauftragte kanadische Beratungsfirma Science-Metrix hat nach Angaben ihres Chefs, Éric Archambault, mit einem speziellen Suchprogramm 320.000 von Fachkollegen geprüfte Artikel von zentralen Archiven wie arXiv oder PubMed Central, akademischen Netzwerken wie ResearchGate sowie Webseiten von Verlegern und wissenschaftlichen Instituten ausfindig gemacht, heruntergeladen und auf die Veröffentlichungsbedingungen hin untersucht.

Weltweit lagen 40 Prozent der Papiere aus diesem Gesamtzeitraum online in frei zugänglicher Form vor. Archambault schätzt diese Quote eher noch höher ein, da das Programm nicht jeder Open-Access-Veröffentlichung auf die Spur komme. Einbezogen wurden Artikel aus 22 Fachgebieten vor allem aus der EU und einiger ihrer Nachbarländer sowie aus den weiteren Schwerpunktländern Brasilien, Japan, Kanada und den USA. Die meisten kostenfreien Publikationen fanden die Forscher mit einer Quote von über 60 Prozent in Brasilien, die geringste mit knapp über 40 Prozent in Japan.

In den Bereichen allgemeine Wissenschaft und Technik, biomedizinische Forschung, Biologie sowie Mathematik und Statistik stehen die meisten Artikel kostenlos zur Verfügung. Die größten Beschränkungen für den freien Zugang bestehen noch in den Sozial- und Geisteswissenschaften sowie in den angewandten Wissenschaften und den Ingenieurwissenschaften.

In zwei weiteren Berichten beleuchtet Science-Metrix Maßnahmen zur Förderung von Open Access sowie den freien Zugang zu Forschungsrohdaten, der noch nicht oft eröffnet wird. Demnach hält die Mehrzahl der 48 größten Wissenschaftseinrichtungen beide gängigen Open-Access-Varianten für akzeptabel. Dabei handelt es sich um den "goldenen Weg" der Publikation abseits etablierter Verlagsstrukturen, bei dem die Forscher oft selbst zur Kasse gebeten werden. Daneben gibt es den "grünen Weg", bei dem Wissenschaftler ihre Ergebnisse zunächst in traditionellen Fachpublikationen veröffentlichen und nach einer Übergangsfrist zusätzlich selbst online stellen.

Für Wissenschaftskommissarin Máire Geoghegan-Quinn zeigen die Resultate, dass Open Access "Bestand haben wird". Dieser Ansatz verbessere die Qualität der wissenschaftlichen Arbeit und stärke die wissensbasierte Wirtschaft. Sie erinnerte daran, dass Brüssel das Prinzip mit dem neuen Forschungsrahmenprogramm 2020 zur Regel gemacht habe. Da auch die US-Regierung jüngst eine Open-Access-Richtlinie erlassen hat, dürften die Zahlen kostenfreier Online-Publikationen künftig nach oben schnellen.

(vbr)