14. YAPC::EU in Kiew: Bewegung in der Perl-Community

Über 300 Perl-Enthusiasten aus allen Ecken des Kontinents reisten in die ukrainische Hauptstadt, um Erfahrungen und Neuigkeiten auszutauschen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Herbert Breunung
Inhaltsverzeichnis

Einige Beiträge wurden dem vollmundigen Motto "Future Perl" durchaus gerecht. Selbst das Erscheinen von Perl 6 ist innerhalb der nächsten zwei Jahre denkbar.

Nach der Begrüßung und Einleitung durch Organisationsleiter Andrew Shitov eröffnete in dem marmornen Kongresshaus standesgemäß Perl-Erfinder Larry Wall die YAPC::EU mit Betrachtungen über Zahlen. Das schloss sowohl das Verhalten numerischer Typen in Perl 6 als auch seine Laborwerte während des letzten Jahres ein. Offen, aber nicht frei von ironischen Wortspielen berichtete er von seiner überstandenen Operation und endete mit dem gefühlsbetonten Aufruf, sich von Rückschlägen nicht entmutigen zu lassen, sondern immer wieder zu versuchen, etwas zu verbessern ("right here, right now"). Der stillen Atmosphäre konnte man entnehmen, dass die Zuhörer begriffen, dass sich das auf die Ära nach ihm bezog.

Das reguläre Programm verlief dreigleisig und umfasste viele zu erwartende Themen wie Kernsyntax, Web und Automatisierung (zum Beispiel mit dem cron-Ersatz "snaked"). Das meiste Raunen gab es jedoch, als Jonathan Worthington bekannt gab, dass der Perl-6-Compiler Rakudo nun auch auf der JVM läuft und bereits 99,28 Prozent der Tests erfüllt, die Rakudo auf der hauseignen VM "Parrot" ablegt, nur im Schnitt 40-mal schneller. Wenn beide einen identischen Funktionsumfang erreicht haben (wahrscheinlich im September oder Oktober), wird es eine Rakudo*-Veröffentlichung für die JVM geben.

Am zweiten Tag stellte Reini Urban den Compiler für eine Perl-5-nahe Sprache "p2" (Projektname) vor. Basierend auf Jonathan Gillettes VM "potion" hat er eine moderne Architektur erstellt, die derzeit bis über vierzigfachen Geschwindigkeitsgewinn bietet, allerdings auch nur einen sehr begrenzten Befehlssatz. Danach sprach wiederum Worthington in Beispielen, wie Perl 6 parallele Programmierung ermöglicht. Da das der letzte, große weiße Fleck der Perl-6-Spezifikation war, konnte man erstmals von einer Bühne hören, dass in den nächsten zwölf Monaten eine Version 6.0.0 der Sprachdefinition vorstellbar sei.

Richard Jelinek zeigte, was er seit dem 15. Deutschen Perl-Workshop in Berlin und der dortigen Gründung der Propaganda.pm unternommen hat und wie er erreichen will, Perl wieder zur beliebtesten, dynamischen Sprache zu machen. Anschließend gab Matt S. Trout seine motivierende Zusammenfassung des letzten Jahres aus Sicht von Perl 5 als "State of the Velociraptor" zum besten.

Um den Bedenken wegen der Umbenennungsversuche (Perl 7, Pumpin Perl, Perl 20) und Perl-5-Forks wie p2, perlito und moe zu begegnen, organisierte Shitov eine Podiumsdiskussion (ab Minute 25) mit Larry Wall, Carl "Mäsak" (Perl-6-Entwickler) und Elizabeth "Liz" Mattijsen (YAPC Europe Foundation). Auf ihr stellte Wall klar, dass Forks seinen Segen haben und auch "Perl" im Namen tragen dürfen. Es werde aber nur ein "Perl" geben, dessen Versionsnummer nur angehoben werden kann, wenn, wie im Fall von Perl 6, die Kompatibilität im größeren Umfang gebrochen wird.

Worthingtons dritter Streich war MoarVM, eine virtuelle Maschine, die (anders als Parrot) einzig auf die Bedürfnisse von Rakudo ausgerichtet ist. Nach seiner Einschätzung wird NQP (Teilmenge von Perl 6, in der Rakudo geschrieben ist) in einem Monat auf Moar kompilieren und laufen und Rakudo in sechs Monaten. Entscheidende Entwurfsziele waren nicht nur Geschwindigkeit und Parallelität, sondern auch das "Zusammenschweißen" mit einem Perl-5-Interpreter (später vielleicht auch p2), um sämtliche Perl-5-Module (auch XS) von Perl 6 aus nutzen zu können.

Der bereits während Shitovs Dankes- und Abschiedsrede einsetzende Nachkonferenzblues war die natürliche Reaktion auf eine freundschaftliche Atmosphäre, die neben der perfekten Organisation den auffallend zahlreichen, ukrainischen Erstteilnehmern sichtlich half, sich einzufinden. Auch wenn es die vertraute Prozedur wie jedes Jahr war, zeugten die durchweg (relativ) frischen Themen von einer stetigen Weiterentwicklung.

Alle Reden wurden gefilmt und werden veröffentlicht.

Herbert Breunung
schreibt regelmäßig Artikel über Perl 5, Perl 6 und GUI-Programmierung und spricht darüber auch auf Konferenzen im In- und Ausland. Außerdem führt er ein freies Softwareprojekt und den Aufbau einer hypertextfähigen Perl-6-Dokumentation. (ane)