LKA-Direktor: Beachtlicher Sprung bei Internet-Ermittlungen

Betrug, Erpressung, Kinderpornografie: Große Teile der Kriminalität spielen sich im Internet ab, meint Sachsen-Anhalts Polizei. Sie hat sich bei der Bekämpfung Unterstützer geholt.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Dörthe Hein
  • dpa

Seit gut einem Jahr geht das Landeskriminalamt (LKA) Sachsen-Anhalt neue Wege bei der Bekämpfung der Internet-Kriminalität. Im Cyber Crime Competence Center (4C), arbeiten Polizisten mit Wissenschaftlern zusammen. Im dpa-Interview ziehen LKA-Direktor Jürgen Schmökel und 4C-Leiterin Petra Paulick Bilanz.

Frage: Herr Schmökel, zur Eröffnung des Cyber Crime Competence Centers haben Sie von einem Quantensprung gesprochen bei der Bekämpfung der Kriminalität im Internet, sie wollten hin zu mehr Professionalität. Wie groß ist für Sie der Quantensprung tatsächlich? Die Experten arbeiten seit gut einem Jahr.

Schmökel: Der ist beachtlich. Dadurch, dass wir die wissenschaftlich ausgebildeten Mitarbeiter einstellen konnten – sieben an der Zahl – können wir jetzt selbst Werkzeuge programmieren, die wir für die Arbeit brauchen. Das geht sogar so weit, dass auch kleine Tools basteln können. Die Experten können mit ein paar elektronischen Bauteilen Sachen zusammenbauen, die die Arbeit erleichtern. Es ist auch ein ganz anderes Verständnis für das Thema Cyber Space gewachsen.

Frage: Das heißt, da sind richtige Tüftler am Werk, die sich ihre Werkzeuge selbst basteln, die es bisher noch nicht gab?

Paulick: Ja. Das sind oftmals Werkzeuge, die bei Einzelproblemen helfen. Zum Beispiel führen wir ein Ermittlungsverfahren, in dem die Ermittler aufgrund der technischen Begehungsweise nicht mehr weiterkommen. Da können die IT-Spezialisten mit ins Boot geholt werden, die nicht das Verfahren an sich anschauen, sondern das technische Problem.

Schmökel: Vielleicht zwei Beispiele: Wenn jemand in ein Firmennetzwerk eingedrungen ist, kann der Netzwerkverkehr ausgewertet und analysiert werden. Dann lässt sich feststellen, von wo aus in welcher Form unberechtigt Daten abgeflossen sind. Ein anderer Bereich ist die Anonymisierung. Da gibt es verschiedene Methoden. Eine noch relativ sichere Methode ist, das TOR-Netzwerk zu nutzen. Damit wird die eigene Identität gegenwärtig so gut verschleiert, dass eine Rückverfolgung noch ausgeschlossen ist.

Frage: Wie viele Fälle haben Sie konkret auf dem Tisch?

Schmökel: 4C ist keine Ermittlungseinrichtung, die ganze Fälle auf den Tisch kriegt und Falllösungen betreibt, sondern dort werden, wenn überhaupt, nur die herausragenden Sachen bearbeitet. Ein Computerbetrug kann sehr gut auch in den Revieren bearbeitet werden. 4C versucht, Hintergründe auszuleuchten, Zusammenhänge aufzuzeigen und Know-how bereitzustellen. Und wenn die Ermittler – wie Frau Paulick schon sagte – nicht weiterkommen, dann wird 4C unterstützen. Da hat es schon einige Fälle gegeben.

Frage: Sie haben schon beigetragen, schwierige Fälle zu lösen.

Schmökel: Ja. Wir können Ihnen sagen, dass wir ganz tolle Methoden entwickelt haben, mit denen wir Fälle zum Teil auch auf spektakuläre Weise gelöst haben, insbesondere im Bereich der Kinderpornografie. Auch konnte jemand festgenommen werden, der über das Internet Bombendrohungen an Altenheime und Sparkassen verschickt hat. Den konnten wir kriegen, obwohl er Anonymisierungsdienste genutzt hat. Dafür haben unsere Leute die digitalen Spuren aufbereitet. Aber ich kann Ihnen nicht sagen, welche Methoden wir da eingesetzt haben, weil das dann die Ganoven auch lesen und in Zukunft auf bestimmte Sachen verzichten. (anw)