Intransparente Messkampagne
Viele Nutzer bekommen nicht die Bandbreite, fĂĽr die sie mit ihren DSL-GebĂĽhren bezahlen. Die Bundesnetzagentur wollte mit ihrer Messkampagne Transparenz schaffen. Doch dies gelingt ihr nicht.
- Ella C. Mittelbach
Viele Nutzer bekommen nicht die Bandbreite, fĂĽr die sie mit ihren DSL-GebĂĽhren bezahlen. Die Bundesnetzagentur wollte mit ihrer Messkampagne Transparenz schaffen. Doch dies gelingt ihr nicht.
Eigentlich wollte die Bundesnetzagentur eine Übersicht schaffen, wie es um die DSL-Versorgung in Deutschland steht. Auf über 100 Seiten Studienauswertung gibt es viele Zahlen und Diagramme. Und wir erfahren: Über 80 Prozent der deutschen Internetnutzer erhalten nicht die von ihrem Provider wie Telekom, 1&1 und Co. versprochene Bandbreite. Aber von Aufklärung fehlt jede Spur. Denn welche Internetprovider letztlich welche tatsächlichen Übertragungsraten leisten, verschweigt die Netzagentur. Es ist ja schön zu erfahren, dass die DSL-Versorgung so schlecht ist. Aber ohne Providernamen hilft einem das nichts. Mit dem Gesamtergebnis wollte die Bundesnetzagentur die Nutzer wohl nur ruhigstellen.
Auf der Website www.initiative-netzqualitaet.de ruft die Bundesnetzagentur mittlerweile zum zweiten Mal die Nutzer dazu auf, die Geschwindigkeit ihrer Breitbandanschlüsse zu testen. Äußerst sparsam wurde in den Medien im April über die Ergebnisse der ersten Messkampagne berichtet. Dabei sind die Zahlen durchaus erschreckend.
Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur, sagte im Interview mit Technology Review: "Unser Ziel ist es, die Transparenz für die Kunden zu erhöhen. Transparenz ist neben Wettbewerb und effizienten Wechselprozessen ein wichtiger Baustein zur Sicherung der Netzneutralität." Weil der Nutzer aber nicht gesagt bekommt, wie sich die tatsächlichen Datenübertragungsraten von Anbieter zu Anbieter in den verschiedenen Regionen unterscheiden, erweitern sich seine Optionen nicht etwa auf Anbieterwechsel, sondern beschränken sich auf lediglich zwei Möglichkeiten: Ein Anschluss oder kein Anschluss.
Entweder lügt die Bundesnetzagentur, wenn sie von Transparenz spricht oder hat eine völlig wirre Auffassung von dem Begriff. Die jetzige Messkampagne ist mit der ersten nahezu deckungsgleich. Allerdings soll sie auch die Qualität des Internetzugangs bei Peer-to-Peer-Anwendungen untersuchen und den Status quo der Netzneutralität in Deutschland erfassen. Ebenso wie bei der Studie von Breitbandanschlüssen betonte die Bundesnetzagentur auf Nachfrage ihren Unwillen die Internetprovider einzeln aufzuschlüsseln.
Öffentlich begründet die Netzagentur die Geheimhaltung der Providernamen mit der zu geringen Stichprobengröße. Mit knapp einer Viertelmillion ausgewerteter Messungen besitzt die Netzagentur allerdings eine äußerst umfangreiche Datenbasis. Selbst wenn es in Hintertiefenbach nicht genügend Stichproben gäbe, könnte die Netzagentur in einer breit angelegten und detaillierten Statistik an der jeweiligen Stelle auf eine geringe Stichprobengröße hinweisen oder ganze Regionen für nicht valide erklären. Es findet sich keine stichhaltige statistische Rechtfertigung, warum die Provider generell nicht beim Namen genannt werden dürften. Außer man stellt generell Speedtests und damit die gesamte Studie infrage.
Eigentlich möchte ich nicht viel. Ich will doch nur - wie ich es von politischen Wahlen gewohnt bin - das kleinste Übel wählen dürfen. Auch bei meinem Provider.
Noch schöner wäre es statt einem A, B, C gleich Namen wie Telecom, Kabel Deutschland oder Telefónica aufgeschlüsselt nach Region, Nutzungstageszeit etc. zu erfahren.
(Bild:Â Bundesnetzagentur)
(jlu)