High-Speed-Transistoren wie gedruckt

US-Forscher haben flexible Schaltkreise aus Graphen entwickelt, die schnell genug für Mobilfunkanwendungen sind.

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Von
  • Katherine Bourzac

US-Forscher haben flexible Schaltkreise aus Graphen entwickelt, die schnell genug für Mobilfunkanwendungen sind.

Biegsame Elektronik soll in den nächsten Jahren diverse neuartige Geräte erlauben – wasserfeste Tablets beispielsweise, die sich zusammenrollen oder falten lassen. Eine Gruppe von Forschern in Texas hat nun eine der bislang wichtigsten Komponenten für diese flexible Technikzukunft demonstriert: Schaltkreise aus Graphen, die schnell genug sind, Telekommunikationssignale zu erzeugen, zu empfangen und zu verarbeiten.

Es gibt gleich mehrere Materialkandidaten für flexible Hardware, doch jedes davon hat seine ganz eigenen Probleme. Einige sind zu langsam für praktische Anwendungen, andere sind zwar schnell genug, lassen sich aber nicht ausreichend preisgünstig produzieren. Das werde sich nun ändern, meint Deji Akinwande, Elektro- und Computeringenieur an der University of Texas (UT) in Austin, der die neue Graphen-Studie leitete. "Ich denke, dass wir uns nun flexible Smartphones, Tablets und andere Kommunikationsgeräte realistisch vorstellen können", meint er.

Akinwandes Gruppe beschäftigt sich schon seit längerem mit praktischen Anwendungen für Graphen, jenen gerade einmal atomdicken Kohlenstoffbögen mit ihren außergewöhnlichen mechanischen und elektrischen Eigenschaften. Graphen-Transistoren und komplette Schaltkreise aus dem Material haben sich in Tests als enorm schnell erwiesen, wenn sie auf festen Substraten mit konventionellen Herstellungsverfahren aufgebaut werden. Versuche, die Zähigkeit und Flexibilität des Materials in biegsamen Geräten auf Kunststoffbasis zu nutzen, scheiterten bislang allerdings, weil das die Schaltgeschwindigkeit verringerte. Das ist ein großes Problem, weil flexible Elektronik nur dann wirtschaftlich herstellbar ist, wenn sie zeitungsartig ausgedruckt werden kann, wie Akinwande meint.

In ihrer jüngsten Studie zeigen Akinwande und Rodney Ruoff, Materialwissenschaftler an der UT, wie sich auf flexiblem Kunststoff Graphentransistoren mit bis zu 25 Gigahertz aufbauen lassen. Kommunikationsgeräte müssen enorm schnell schalten können – 2,4 Gigahertz bei Bluetooth und WLAN, ab rund 0,8 Gigahertz beim Mobilfunk. Damit sie praktisch nutzbar sind, müssen die integrierten Transistoren rund zehnmal schneller sein, sagt Akinwande. Die jetzt gezeigte Technik der UT wäre das.

Konkurrierende Forschergruppen arbeiten mit weiteren Materialien, um flexible Schaltkreise mit noch höheren Frequenzen zu erzielen, doch diese lassen sich vermutlich nicht praktikabel in großen Stückzahlen bauen. Ali Javey, Materialwissenschaftler an der University of California in Berkeley, hat bereits sehr schnelle Funkelektronik hergestellt, in dem Stücke kristallinen Materials von starren Wafern auf einen flexiblen Kunststoff transferiert werden. Diese Methode erlaubt hohe Geschwindigkeiten, doch sie ist teuer. Für die Massenproduktion sei das Verfahren daher vermutlich ungeeignet, sagt Javey. "Graphen ist dagegen praktikabel und günstig."

Akinwandes Gruppe konzentrierte sich von Anfang an darauf, einen möglichst kostengünstigen Herstellungsprozess zu entwickeln. Sein Graphen entsteht aus billigen Ausgangsmaterialien und lässt sich großflächig herstellen. Zum Aufbau der Transistoren werden zuerst die Strukturen ohne Graphen produziert, unter anderem die Elektroden und Gatter, die für die Schaltvorgänge notwendig sind. Dies erfolgt auf Kunststoffbögen. Getrennt davon werden große Graphenflächen auf Metall herangezogen, die sich dann ablösen und auf die Kunststoffbögen aufbringen lassen. Dieser "Graphen zuletzt"-Prozess ist sinnvoll, weil das Material in der Herstellung sehr sensibel reagiert. Schließlich werden die Bögen auch noch mit einer wasserdichten Schicht überzogen.

Die Graphen-Transistoren sind nicht nur schnell, sondern auch robust. Die Geräte arbeiten auch nach dem Eintauchen in Wasser weiter und sind flexibel genug, um gefaltet zu werden. "Je dünner man die Elektronik herstellt, desto besser sind die mechanischen Eigenschaften", sagt Jarvey. "Und dünner als Graphen geht es nicht."

Akinwande arbeitet mittlerweile mit Industriepartnern zusammen, darunter dem Glashersteller Corning aus New York und 3M aus Minnesota. So soll gezeigt werden, dass sich Graphenschaltkreise in einem größeren Maßstab aufbauen lassen. Die Gruppe experimentiert außerdem mit einem Drucker, der den Einstieg in eine Massenproduktion erlauben könnte. "Alle Bausteine sind fertig." Bis zur kommerziellen Produktion dürften aber mindestens fünf bis zehn Jahre vergehen. (bsc)