Arbeitsrecht: Ständige Erreichbarkeit per Handy muss nicht sein

Nicht einmal von Führungskräften darf der Arbeitgeber verlangen, dass sie Emails außerhalb der Arbeitszeit beantworten. Allerdings leidet laut einer aktuellen Studie schon ein Drittel aller Handynutzer unter eingebildeten Phantomanrufen.

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Von
  • dpa

Feierabend und Schluss? Seit es Smartphones gibt, gilt das für viele längst nicht mehr. Denn auch nach Dienstschluss schreibt der Chef oft fleißig weiter E-Mails. Dabei sind Angestellte in der Regel nicht dazu verpflichtet, geschäftliche E-Mails nach Dienstschluss noch zu lesen. Darauf weist die Arbeitsrechtlerin Nathalie Oberthür aus Köln hin. Selbst von Führungskräften dürfe der Arbeitgeber nicht verlangen, dass sie dienstliche E-Mails außerhalb der Arbeitszeit abrufen. Machen Angestellte das trotzdem – wie in der Praxis häufig üblich –, geschehe das immer freiwillig.

Eine Ausnahme gelte lediglich, wenn im Arbeitsvertrag ein Bereitschaftsdienst vereinbart ist. Das ist etwa bei Ärzten oder Apothekern üblich. In diesem Fall sind Angestellte rechtlich dazu verpflichtet, E-Mails zu lesen, auch wenn sie nicht am Arbeitsplatz sind. Allerdings müsse der Arbeitgeber den Bereitschaftsdienst vergüten.

Auch bei Diensthandys oder dienstlichen Laptops gilt im Prinzip nichts anderes. In der Praxis stehen Mitarbeiter dann zwar häufig erst recht unter Druck, geschäftliche E-Mails auch nach Dienstschluss zu lesen. "Aber auch dann darf der Arbeitgeber einen E-Mail-Check nach Feierabend nicht verlangen", erklärt Oberthür. Allerdings dürften Arbeitnehmer ein Diensthandy oder ein dienstliches Laptop nicht von vorneherein ablehnen, wenn es für ihre Arbeit erforderlich ist. Es sei aber rechtlich durchaus in Ordnung, die Geräte nach Dienstschluss abzustellen.

Dass das Gefühl ständigen Erreichbar-sein-Müssens sogar zu Halluzinationen führen kann, legt das Ergebnis einer aktuellen Studie nahe. Mehr als jeden dritten Handynutzer (39 Prozent) beschleicht nämlich manchmal das Gefühl, ein Klingeln oder Vibrieren gehört zu haben – obwohl niemand angerufen oder geschrieben hat. Das geht aus einer Aris-Umfrage im Auftrag des IT-Branchenverbandes Bitkom hervor. Bei der gleichen Befragung vor zwei Jahren hatten erst 31 Prozent angegeben, manchmal Phantomanrufe zu hören.

Männern spielt die Wahrnehmung den Angaben zufolge etwas öfter (42 Prozent) einen Streich als Frauen (36 Prozent). Unter Umständen hat das Einbilden von Anrufen auch etwas mit der Erwartungshaltung zu tun: Gut jeder dritte Handybesitzer (35 Prozent) findet es merkwürdig, einen ganzen Tag lang keinen Anruf oder keine SMS zu bekommen. (js)