Eine bioelektrische Therapie gegen Arthritis

Mit einem elektronischen Implantat will die kalifornische Firma SetPoint Medical das Nervensystem stimulieren und so Autoimmunkrankheiten behandeln.

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Von
  • Susan Young

Mit einem elektronischen Implantat will die kalifornische Firma SetPoint Medical das Nervensystem stimulieren und so Autoimmunkrankheiten behandeln.

Rheumatoide Arthritis ist eine Krankheit, die vor allem ältere Menschen plagt. Die Gelenke schwellen an und schmerzen, die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt, was wiederum dem Kreislauf nicht gut tut. Bislang werden die Symptome mit Medikamenten abgeschwächt, die mitunter unerwünschte Folgen etwa bei Herzkrankheiten haben können. Die kalifornische Firma SetPoint Medical will nun mit einem elektronischen Implantat dagegen halten: In einer ersten Pilotstudie konnte das pillengroße Gerät bei sechs von acht Patienten die arthritischen Beschwerden lindern.

Das kleine Gerät wird im Nacken des Patienten eingepflanzt. Dort wird es am Vagus-Nerv angelegt, der den Zustand innerer Organe ans Gehirn weiterleitet und grundlegende, unbewusst ablaufende Körperfunktionen wie Herzschlag und Verdauung steuert. Die Kapsel stimuliert den Vagus in regelmäßigen Abständen mit schwachen Stromstößen. Sie pflanzen sich bis zur Milz fort, wo die Aktivierung von T-Zellen und Makrophagen das Immunsystem herunter regelt. Denn die sind bei rheumatoider Arthritis überaktiv und verursachen in den Gelenken Entzündungen.

Andere elektrische Implantate sind bereits gegen Bewegungsstörungen und psychische Störungen getestet worden. Über eine Stimulierung des Vagus-Nervs versuchen Forschungsgruppen etwa, Epilepsie und Depression sowie Herzinsuffizenz anzugehen. Neu am Ansatz von SetPoint Medical ist, die Technik auch gegen Immunerkrankungen einzusetzen.

Die Halskrause soll nicht nur das Implantat mit Strom versorgen, sondern Messdaten auch drahtlos an eine eigens entwickelte iPad-App weiterleiten, die den Einsatz des Gerätes überwacht.

(Bild: SetPoint Medical)

SetPoint Medical hat bereits in Tierversuchen und klinischen Studien das Gerät einer anderen Firma getestet, um Epilepsie zu behandeln. Die neue, von SetPoint Medical selbst entwickelte Stimulierungskapsel ist kleiner, die elektrische Anregung speziell für rheumatische Arthritis ausgelegt. Das Unternehmen will in Kürze eine weitere Studie mit Patienten starten, die an Morbus Crohn leiden, einer Autoimmunkrankheit, die zu chronischen Darmentzündungen führt.

Was mit Herzschrittmachern und ähnlichen Geräten begann, weite sich nun zu einem ganz neuen Feld aus, sagt Kenneth Gustafson, Medizintechniker an der Case Western Reserve University in Cleveland. Er arbeitet daran, mit Hilfe elektrischer Stimulierung nervlich bedingte Leiden an der Harnblase zu behandeln. „Forscher nehmen die vorhandene Technologie und passen sie an all diese neuen Anwendungen an“, so Gustafson.

Der große Vorteil der Neuromodulatoren ist, dass sie nicht die Nebenwirkungen herkömmlicher Medikamente haben. „Elektrostimulierung funktioniert viel selektiver“, sagt Gustafson. „Sie zielt auf neuronale Verschaltungen ab, die sich nicht wie erwartet verhalten.“ Andere Organe hingegen bleiben davon unberührt.

Dass in bioelektrischen Therapien ein großes, noch ungenutztes Potenzial steckt, hat sich auch in der Pharmabranche herumgesprochen. Der Konzern GlaxoSmithKline hat bereits reagiert: Anfang August investierte er 27 Millionen Dollar in SetPoint Medical.

(nbo)