Drohung mit Krankschreibung kann zur fristlosen Kündigung führen

Ein Arbeitnehmer, der Urlaub fordert und für den Fall der Ablehnung mit einer Krankschreibung droht, muss mit einer fristlosen Kündigung rechnen. Allerdings nur, wenn er gesund ist.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Arbeitnehmer, die sich über die Ablehnung eines Urlaubsantrags ärgern, sollten nicht mit der Krankschreibung als Alternative drohen. Selbst Mitarbeiter, die gesundheitlich tatsächlich angeschlagen sind, sollten die Ankündigung einer Krankschreibung lieber vermeiden. Denn in beiden Fällen handelt es sich um einen Pflichtverstoß, der im schlimmsten Fall sogar zur Kündigung führen kann.

Wer seinem Arbeitgeber beispielsweise damit droht, sich krankschreiben zu lassen, falls sein Urlaub nicht genehmigt wird, muss mit einer fristlosen Kündigung rechnen. Dies allerdings nur, wenn er zu diesem Zeitpunkt gesund ist, das hat das Landesarbeitsgericht Berlin Brandenburg erklärt (Urteil vom 15.3.2013, Az.: 10 Sa 2427/12). Ist der Arbeitnehmer nämlich tatsächlich erkrankt, ist eine solche Drohung höchstens ein Grund für eine Abmahnung, aber nicht für eine fristlose Kündigung.

Geklagt hatte ein kaufmännischer Angestellter. Ihm ging es nicht gut, deshalb wollte er Urlaub beantragen. Gegenüber zwei Kollegen sagte er an einem Freitag, er sei völlig kaputt und wolle deshalb direkt ab Montag mindestens eine Woche Urlaub nehmen. Das sei ihm lieber als zum Arzt zu gehen.

Sein Arbeitgeber lehnte den Urlaubsantrag jedoch noch am selben Tag ab. Dennoch erschien der Mitarbeiter am Montag nicht zur Arbeit und erhielt daraufhin die fristlose Kündigung. Am Dienstag hatte ihn allerdings ein Arzt krankgeschrieben und zwar rückwirkend auch für den Montag. Der Mitarbeiter reichte die Krankschreibung ein und erhob gegen seine Entlassung eine Kündigungsschutzklage. Die hat er nun auch gewonnen.

So kommt es laut Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts immer darauf an, ob der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Ankündigung einer Krankschreibung tatsächlich schon erkrankt ist. Zwar kann die Ankündigung einer Erkrankung auch in so einem Fall durchaus eine Pflichtwidrigkeit darstellen, allerdings ist die objektiv betrachtet von einer ganz anderen Art und hat in der Regel nichts mit Blaumachen auf Kosten des Arbeitgebers zu tun. Dennoch könnte ein Arbeitgeber auch in so einem Fall eine Abmahnung erteilen.

Kündigt ein gesunder Arbeitnehmer eine "Krankheit" an und ist tatsächlich gar nicht arbeitsunfähig, kann der Arbeitgeber ihm in aller Regel ohne vorhergehende Abmahnung kündigen.

Im Fall des kaufmännischen Angestellten hatte der Arbeitgeber aber gar nicht die Behauptung erhoben, dass die Krankschreibung ab Montag vorgetäuscht worden sei. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist er als Kündigender außerdem darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass der Arbeitnehmer nicht schon an besagtem Freitag eigentlich arbeitsunfähig erkrankt war. Der Arbeitgeber hatte aber nur ausgesagt, dass der Mann freitags noch voll gearbeitet habe und deshalb nicht arbeitsunfähig gewesen sein könne. Das sahen die Richter in Berlin allerdings anders.

Wie die Richter erklärten, zeige die Praxis doch, dass Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung durchaus noch erbringen, obwohl sie eigentlich schon arbeitsunfähig sind. Nach den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesauschusses liegt Arbeitsunfähigkeit nämlich vor, wenn der Mitarbeiter seine Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen kann. Außerdem liegt Arbeitsunfähigkeit vor, wenn auf Grund des Krankheitszustandes absehbar ist, dass die weitere Ausübung der Tätigkeit negative gesundheitliche Folgen bzw. die Arbeitsunfähigkeit hervorrufen würde.

Da der Arbeitnehmer an besagtem Freitag gegenüber Kollegen schon geäußert habe, er sei "kaputt", sei er zumindest subjektiv offenbar schon arbeitsunfähig gewesen. Der Arbeitgeber hätte dem also nachgehen und die Aussage gegebenenfalls über einen Arztbesuch abklären lassen können. Da er dies aber nicht getan hat, kann der Arbeitgeber auch nicht beweisen, dass der Angestellte am Freitag noch vollauf gesund gewesen sei. Deshalb sei auch die ausgesprochene Kündigung unwirksam, es mangle an Beweisen für eine "angekündigte Krankheit" eines gesunden Arbeitnehmers. ()