c't Labs: Die Wärmebildkamera

Thermografie hilft bei der Fehlerdiagnose von Computern, aber die teure Technik hat ganz eigene Tücken.

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Flir E60

Eine Wärmebildkamera fasziniert sofort. Die bildliche Darstellung feinster Temperaturunterschiede liefert kuriose Erkenntnisse, beispielsweise Fußspuren auf dem Teppichboden auch noch kurze Zeit, nachdem eine Person dort entlang gegangen ist. Als Prüfgerät verlangt eine Wärmebildkamera aber etwas Einarbeitung und Erfahrung, sonst drohen falsche Schlussfolgerungen.

Wärmebildkameras erfassen die Wärmestrahlung von Oberflächen. Daraus erzeugen sie zweidimensionale Bilder in Farben, welche die Temperaturverteilung auf der anvisierten Oberfläche verdeutlichen. Die Wärmeenergie wird im infraroten Spektralbereich abgestrahlt, daher spricht man auch von IR-Kameras. Sie arbeiten ähnlich wie berührungslose Thermometer, die ebenfalls IR-Strahlung messen. Der Sensor einer Wärmebildkamera besteht aus einer flächigen Anordnung zahlreicher Messzellen (Mikrobolometer). Ein Objektiv, typischerweise aus IR-durchlässigem Germanium, sorgt für eine scharfe Abbildung und bestimmt den Sichtwinkel der Kamera.

Im Lauf der letzten Jahre sind Wärmebildkameras immer billiger geworden. Die einfachsten Modelle für unter 2000 Euro besitzen aber so wenige Bildpunkte, dass sie sich für die Untersuchung von Computerbauteilen kaum eignen. Die inklusive Mehrwertsteuer rund 8900 Euro teure Flir E60 löst 320 × 240 Pixel auf und hat mit dem Standardobjektiv ein Sichtfeld von 25° × 19°. Damit kann man aus vernünftigem Abstand beispielsweise ein PC-Mainboard komplett abbilden und ausreichend feine Details unterscheiden.

Wärmebildkamera Flir E60 (8 Bilder)

Wärmebildkamera Flir E60

Eine Germanium-Linse lässt infrarote Strahlung passieren.

Die Flir E60 speichert die Wärmebilder auf einer SD-Karte, lässt sich aber auch per USB mit einem PC verbinden oder in ein WLAN einbinden. Eine gleichzeitig eingebaute 2-Megapixel-Kamera für sichtbares Licht speichert auf Wunsch jeweils auch ein Digitalbild mit dem Thermobild. Die E60 kann auch Videos aufnehmen, um etwa die zunehmende Erwärmung eines Gerätes unter Dauerlast zu dokumentieren.

Problematisch sind vor allem die unterschiedlichen Emissionseigenschaften verschiedener Oberflächenmaterialien sowie Reflexionen. Außerdem kann man Wärmebilder nicht durch normales Glas oder Acrylglas hindurch aufnehmen. Um die Temperaturen im Inneren eines laufenden Rechners zu untersuchen, muss man tricksen – wenn man schlichtweg ein Seitenteil des Gehäuses entfernt, dann verändert man ja die Luftströmungen und die Kühlung stark. Man kann aber etwa eine Wand des Gehäuses durch Klarsichtfolie (Frischhaltefolie) ersetzen, die IR-Strahlung im nötigen Wellenbereich gut durchlässt.

Unterschiedliche Emissionsfaktoren verschiedener Materialien können Messungen verfälschen. Das gilt besonders für glatte Metalloberflächen. Auch reflektierte Wärmestrahlung stört, wenn etwa die Oberfläche eines Prozessorkühlers den infraroten Anteil des Lichtes der Deckenbeleuchtung spiegelt. Auch Leuchtstofflampen erwärmen sich im Betrieb deutlich und strahlen folglich viel IR-Licht ab. Wenn es wirklich auf eine genaue Temperaturmessung ankommt, sollte man daher stets mit einem Kontaktthermometer nachmessen. Wir verwenden dann Digitalthermometer mit Typ-K-Fühlern, also mit Nickelchrom-Nickel-Thermoelementen.

Vermeidbare Kompressionsartefakte stören trotz der geringen Auflösung der Sensor-Bilder.

Beim Abdruck in der c't stört die geringe Auflösung der Wärmebilder, aber mehr als 320 × 240 Pixel liefert der Sensor nun einmal nicht. Ärgerlich ist dabei, dass die Kamera Bilder im JPEG-Format mit sichtbaren Kompressionsartefakten ablegt. PNG wäre hier eine sinnvolle Alternative. Auch sonst könnte die Firmware der IR-Kamera wesentlich besser gepflegt sein. So fehlt etwa eine Möglichkeit, das Gerät über einen Radius-Server ins WLAN einzubuchen. Keinen Aufwand hat der Hersteller dagegen gescheut, um sein eigenes Logo in jede Aufnahme zu stanzen. Selbst bei sehr teurem Mess-Equipment ist man also vor Mängeln nicht gefeit.

Auch die Windows-Software zur Nachbearbeitung der Wärmebilder lässt Wünsche offen. So kann man damit beispielsweise nachträglich die Falschfarbendarstellung ändern oder Messpunkte einfügen, weil die Kamera die Temperaturwerte für jeden einzelnen Punkt mit in der JPEG-Bilddatei abspeichert. Daraus erzeugt die Windows-Software ein klares Bild, baut aber beim Abspeichern wiederum scheußliche JPEG-Artefakte und das Logo ein – wer schönere Bilder möchte, muss Screenshots von Hand anfertigen. Kurios ist andererseits, dass man bei WLAN-Verbindung die IP-Adresse der Kamera nicht von Hand in der Software eintragen kann – die automatische Suchfunktion versagt nämlich, wenn PC und Kamera IP-Adressen aus verschiedenen Subnetzen erhalten haben. Der Flir-Support nahm unsere Kritik zwar entgegen, meldete sich aber in der Sache nicht mehr, sondern sah die Reklamation nach Ablauf einer gewissen Zeit schlichtweg als erledigt an. (ciw)