Perlentaucher-Urteil verschoben

Süddeutsche und FAZ stoßen sich daran, wie der Online-Dienst Perlentaucher Literaturrezensionen verarbeitet hat. In dem Verfahren geht es auch darum, inwieweit Zusammenfassungen und Abstracts als eigenständige Wertschöpfung begriffen werden.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Das OLG Frankfurt hat die für heute mit Spannung erwartete Verkündung des Urteils im Streit zwischen Süddeutschem Verlag sowie Frankfurter Allgemeiner Zeitung auf der einen und dem Internet-Angebot Perlentaucher auf der anderen Seite um knapp einen Monat auf den 11. Dezember verschoben. Da Süddeutsche Zeitung und FAZ während der Verhandlung signalisiert worden war, ihre Anträge zu überarbeiten, wird ein für den Perlentaucher ungünstiges Urteil erwartet. Beide Parteien wollen, sollte das Urteil zu ihren Ungunsten ausfallen, in jedem Fall in Revision gehen, sodass der Bundesgerichtshof das letzte Wort haben wird.

In dem Streit geht es darum, dass sich Süddeutsche und FAZ an der Art und Weise stoßen, wie der Perlentaucher die in ihren Zeitungen erschienenen Literaturrezensionen besprochen beziehungsweise verarbeitet hat. Ihrer Ansicht nach hat der Perlentaucher nicht nur zu viel zitiert, sondern so zusammengefasst, dass sich das Lesen des Originalartikels erübrigt.

Das deutsche Urheberrecht erlaubt das Zitieren unter der Vorgabe, dass dieses in eine eigene Wertschöpfung eingebunden wird. Eine eigene Wertschöpfung könnte darin bestehen, dass der Autor die zusammengefasste Rezension zusätzlich bewertet. Der Perlentaucher bewertet jedoch nicht, sondern fasst nur zusammen. Insofern geht es bei dem Urteil nicht nur darum, in welcher Form zulässigerweise zitiert werden darf, sondern auch darum, inwieweit Zusammenfassungen und Abstracts als eigenständige Wertschöpfung begriffen werden.

Spannend ist dies insofern, als dass das Urteil erhebliche Folgen für die Blogosphäre sowie für die Ausgestaltung von Aggregationsdiensten aller Art haben kann. Eine Frage ist etwa, ob die weit verbreitete Blogger-Methode, umfangreiche Zitate lediglich mit einem kleinen einleitenden Zweizeiler zu versehen, urheberrechtlich zulässig ist. Ebenso auf dem Spiel steht der Ansatz von Diensten wie Brijit, die Abstracts von Zeitungsartikeln verfassen, um den Lesern einen raschen Überblick zu verschaffen, oder von Diensten wie Facts 2.0, die Feeds von News-Sites verwerten und mit einem maschinell entnommenen Zweizeiler anteasern. Auch Meta-Dienste wie Google News können davon betroffen sein, auch wenn der Suchmaschinenprimus nach Klagen dazu übergegangen ist, zumindest mit den Nachrichtenagenturen Lizenzabkommen zu schließen. (Christiane Schulzki-Haddouti) / (jk)