Freiheit statt Angst: "Wir müssen das Internet zurückerobern"

Auf der Abschlusskundgebung der Großdemo gegen den Überwachungswahn forderten Bürgerrechtler, die großflächige Bespitzelung und Militarisierung des Netzes zu stoppen.

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Auf der von mehreren musikalischen Darbietungen untermalten Abschlusskundgebung der Großdemo "Freiheit statt Angst" forderten Bürgerrechtler, die großflächige Bespitzelung und "Militarisierung" des Datennetzes zu stoppen. "Wir müssen das Internet zurückerobern", appellierte Parker Higgins von der Electronic Frontier Foundation (EFF) am Samstag in Berlin an die Teilnehmer des bunten Protestzugs. Das weltweite Kommunikationsmedium sei lange eine Kraft für Frieden, Verständigung und Kooperation gewesen. Geheimdienste wie die NSA, das GCHQ oder der BND dürften sich daher nicht zur "Stasi 2.0" erheben und nicht "alles machen, was technisch möglich ist".

Als Gegengift eines unkontrollierbaren staatlichen Abhörapparates, der einen Großangriff auf Verschlüsselung fahre und damit die IT-Sicherheit unterwandere, bezeichnete Higgins "gut informierte Bürger". Eine wichtige Voraussetzung dafür seien Whistleblower wie Edward Snowden, der mit seinen Enthüllungen die Geheimdienstaffäre ins Rollen brachte. Den Tag der ersten einschlägigen Veröffentlichung, den 6. Juni 2013, bezeichnete Annalist-Bloggerin Anne Roth als einschneidendes Datum. Damit sei erstmals das sinistre Treiben der Geheimdienste einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht und infrage gestellt worden.

Die Bürger dürften es aber nicht länger hinnehmen, "dass das Internet nur noch zum Überwachen und Geldverdienen" da sein solle, warnte Roth vor Resignation. Nötig sei daher etwa bessere Software, die vor Bespitzelung schütze und einfach zu nutzen sei. Zudem müssten die Regierungen den Wählern endlich die Wahrheit sagen über das Ausmaß der geheimdienstlichen Spähaktionen. Sonst würden die Politiker ausgelacht, wenn sie weiter von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie sprächen.

Abschlusskundgebung Freiheit statt Angst 2013 (6 Bilder)

Der Demonstrationszug am Alexanderplatz

Rund 10.000 Menschen demonstrierten am Samstag in Berlin-Mitte gegen die Überwachung durch Geheimdienste. (Bild: heise online/Stefan Krempl)

Westliche Demokratien, in denen die Bürger "hemmungslos überwacht" würden, könnten gegenüber Diktaturen nicht länger glaubwürdig für Kontrolle und Gewaltenteilung eintreten, betonte auch Michael Rediske von Reporter ohne Grenzen. Die Betroffenen müssten sich daher auch "zuhause" gegen die Beschneidung ihrer Freiheit wehren. Dass die NSA in den USA gezielt etwa den Sender al-Dschasira ausspioniert habe, zeige, dass sich PRISM und Co. bewusst auch gegen Journalisten richte. Rediske monierte: "Das zerstört die Pressefreiheit."

Die Veranstalter in Form eines breiten Bündnisses zivilgesellschaftlicher Organisationen und einiger Oppositionsparteien, feierten die friedlich verlaufene Demonstration insgesamt als "Riesenerfolg", dessen Signal die Politik nicht ignorieren dürfe. Die extra eingesetzten "Zählergruppen" seien auf rund 20.000 Teilnehmer gekommen, was viermal so viele seien wie bei der jüngsten vergleichbaren Aktion 2011. Andere Quellen sprechen von rund 10.000 Demonstranten. In Berlin gab es am Samstag noch weitere Demonstrationen, unter anderem gingen rund 6000 Menschen gegen Fluglärm auf die Straße. (vbr)