IFA

Verwirrung um HDMI 2.0

Sind die neuen Ultra-HD-Fernseher zukunftssicher? Diese Frage stellt sich angesichts der Diskussion um HDMI 2.0 und der Übertragung mit 60 Bildern pro Sekunden. Die Hersteller werfen Nebelkerzen, die HDMI-Organisation wäscht ihre Hände in Unschuld.

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Sind die neuen TVs mit ultrahoher Auflösung, die derzeit im Handel sind, eigentlich zukunftssicher? Angesichts der nicht unerheblichen Preise wäre das sehr wünschenswert. Ganz eindeutig lässt sich die Frage derzeit aber nicht beantworten. Schuld sind unter anderem eine neue Version des HDMI-Standards und der ungeliebte Kopierschutzmechanismus HDCP.

Das Ultra HD Logo sagt noch nicht, ob ein Gerät 60 Hz unterstützt

Die Zukunftssicherheit wird derzeit an zwei Fragen festgemacht: Können die Ultra-HD-TVs 4K-Signale mit 60 Hertz entgegennehmen? Und beherrschen sie den voraussichtlich für die Wiedergabe von 4K-Filmen erforderlichen Kopierschutz gemäß HDCP 2.2? Für die IFA-Besucher scheint sich die Frage nach Ultra HD mit 60 Bildern pro Sekunde – auch 2160p60 genannt – am neuen HDMI-Standard 2.0 festzumachen. Das suggerieren zumindest die TV-Hersteller in ihren Präsentationen. Dabei hat die HDMI-Organisation am Freitag in Berlin deutlich gemacht, dass die Spezifikation letztlich nur ein absolutes Minimum zwingend vorschreibt – nämlich 480p und zwei Audiokanäle –, alle anderen in der Spezifikation genannten Merkmale sind dagegen optional. Das galt allerdings auch schon für alle bisherigen HDMI-Versionen.

Ultra-HD-Auflösung oder gar 4K mit 60 Bilder pro Sekunde seien keineswegs zwingende Voraussetzung für HDMI 2.0, erklärten die Vertreter der HDMI-Organisation auf Nachfrage. Etliche TV-Hersteller haben dennoch auf der IFA angekündigt, dass sich ihre Fernsehgeräte "auf HDMI 2.0 upgraden" lassen oder bereits HDMI 2.0 unterstützen. Gemeint ist damit immer, dass die TVs künftig auch Ultra-HD-Signale mit 60 Hz entgegennehmen. Dazu müsste der im Gerät verbaute HDMI-Receiver-Chip allerdings entsprechend Bandbreite verarbeiten können: Laut HDMI-Spezifikation sind für 60 Bildern pro Sekunde in Ultra HD etwa 18 GBit/s nötig. Die in der aktuellen HMDI-Version 1.4 spezifizierte Höchstgrenze von 10,2 GBits/s reichen für 2140/60p eigentlich nicht aus.

Sony will die höhere Bildrate per Software-Update nachliefern, Philips will eine Hardware nachliefern., Panasonic hat angeblich schon jetzt 2160p/60 eingebaut.

Ob tatsächlich bereits HDMI-Transmitter- und Receiver-Chips mit der höheren Bandbreite verbaut wurden, konnte oder wollte der HDMI-Vertreter auch auf explizite Nachfrage nicht beantworten. So wissen wir nicht, ob beispielsweise Panasonic bereits HDMI-Receiver mit 18 GBit/s in seinem am Mittwoch vorgestellten UHD-Fernseher einsetzt.

Aber: Die Hersteller können ihre 4K-Geräte allein durch ein Firmware-Update – also ohne Hardware-Modifikationen beim Kunden – fit machen für 2160p60. Sie reduzieren die Farbabtastung bei der Übertragung auf YCbCr 4:2:0. Durch diese Unterabtastung sinkt die erforderliche Bandbreite im HDMI-Kanal, woraufhin die 10,2 GBit/s der bisherigen HDMI-Receiver-Chips dann doch ausreichen. Farbunterabtastung ist ein bei der Videokodierung und -übertratgung (HDTV, Blu-ray) übliches Verfahren. Nachteil: Da die Farbkanäle mit einer geringeren Rate abgetastet werden, sinkt die Farbauflösung im Bild, farbige Konturen verschleifen etwas.

Die Möglichkeit der Farbunterabtastung war offenbar ein Zugeständnis der HDMI-Organisation an die TV-Hersteller, die bereits UHD-Geräte im Handeln haben: In HDMI 1.4 ist nur 4:4:4 und 4:2:2 spezifiziert, erst die HDMI-2.0-Spezifikation sieht zusätzlich das reduzierte Farbsampling mit 4:2:0 vor.

Eine weitere Frage im Zusammenhang mit Ultra HD ist der Kopierschutzmechanismus HDCP (High-bandwidth Digital Content Protection): Hollywood wird gerade für 4K-Filme ausgereifte Kopierschutzmaßnahmen verlangen. Der bisher an HDMI genutzte HDCP-Kopierschutz in der Version 1.4 ist vor einiger Zeit geknackt worden und bietet damit aus Sicht der Hollywood-Studios keinen ausreichenden Schutz mehr gegen Raubkopien. Deshalb werden die Inhalte-Inhaber darauf bestehen, dass Geräte für 4K-Auflösung die neuere Version HDCP 2.2 beherrschen.

Da diese HDCP-Version schon vor geraumer Zeit veröffentlicht wurde, könnten die Gerätehersteller bereits entsprechende Chips in ihre Geräte eingebaut haben. In den aktuellen Ultra-HD-TVs scheint das aber nicht der Fall zu sein. Zumindest erhielten wir auf Nachfrage von keinem der TV-Hersteller eine Bestätigung dafür, dass ihre Geräte die neuere Verschlüsselung beherrschen. Aber: Sitzt noch kein neuer HDCP-Chip im TV, kann die neue Verschlüsselung nur per Hardware-Update nachgereicht werden – zukunftssicher geht anders.

Die HDMI-Spezifikation schreibt den Einsatz von HDCP nicht zwingend vor. Da Geräte gemäß HDMI 2.0 aber abwärtskompatibel zu HDMI 1.4 sein müssen, müssen sie auch die geknackte Variante beherrschen, sobald sie auch die neuere Verschlüsselung gemäß HDCP 2.2 anwenden.

Was bedeutet das Ganze jetzt für die potenziellen Käufer von Ultra-HD-TVs? Im Augenblick fast gar nichts, da Inhalte in 2160p60 noch fehlen – es werden keine 4K-Filme mit höherer Bildrate als 24 Hz vertrieben und TV-Übertragung in der ultrahohen Auflösung fehlt ebenfalls noch. Nur Gamer könnten bereits jetzt 60 Hz gebrauchen – allerdings nur am PC, denn Konsolen unterstützen 2160p60 ebenfalls (noch) nicht.

Die höhere Bildwiederholfrequenz wird erst mit der Ausstrahlung von TV-Programmen in Ultra HD und dann vor allem für Sportübertragungen interessant: Während es etwa beim Flankenspiel mit 30 Hz zuweilen irritierend ruckelt, sind schnelle Bewegungen bei der Wiedergabe mit 50 beziehungsweise 60 Bildern pro Sekunde so flüssig, wie man es aus dem Fußballstadion gewohnt ist. Bis zum 4K-Regelbetrieb in Deutschland dürfte es noch mindestens zwei, eher drei Jahre dauern – von privaten (Bezahl-)Sendern wie Sky. Bis die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten so weit sind, werden weitere Jahre ins Land gehen. Also alles heiße Luft? Nein, das nicht. Denn wer jetzt drei bis fünftausend Euro für ein Ultra-HD-TV ausgibt, möchte sein Gerät auch in drei Jahren noch in vollem Umfang nutzen. (uk)