Überwachung: Schwedischer Geheimdienst leitete Daten an NSA

Der schwedische Nachrichtendienst FRA soll ein rechtliches Schlupfloch ausgenutzt haben, um in großem Umfang Daten an die NSA weiterzuleiten. Darüber hinaus soll dort in den vergangenen Jahren mehrmals gegen Gesetze verstoßen worden sein.

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Der schwedische Nachrichtendienst FRA (Försvarets radioanstalt) soll in den vergangenen Jahren mehrmals gegen Gesetze verstoßen oder Regeln "sehr großzügig ausgelegt" haben. Durch ein rechtliches Schlupfloch konnten außerdem unbegrenzt Daten gesammelt und ins Ausland, mutmaßlich an die NSA und den GCHQ weitergegeben werden. Das berichtet der Radiosender Sveriges Radio unter Berufung auf einen Bericht der Tageszeitung Dagens Nyheter.

Unterseekabel um Schweden

(Bild: cablemap.info)

In den Fokus gerückt hatte diesen neuen Aspekt des Überwachungsskandals der britische Journalist Duncan Campbell. Er hatte vor dem Untersuchungsausschuss des Europaparlaments erklärt, Schweden würde unter dem Codenamen "Sardine" mit den Briten beim Abgreifen von Daten aus Unterseekabeln zusammenarbeiten. Dabei kommt ihnen offenbar ihre günstige Lage zwischen Ost und West zugute, erreichen doch Kabel aus Russland das skandinavische Land, erläutert die Online-Zeitung The Local.

Den neuen Enthüllungen zufolge muss der Geheimdienst zwar jede Überwachungsmaßnahme bewilligen lassen und dafür eine genaue Beschreibung vorlegen. Das gelte jedoch nicht, wenn es um technische Entwicklungsarbeit geht, oder darum, neue Spähmethoden auszuprobieren. In diesem Bereich gebe es nur die Beschränkung, dass Daten nach einem Jahr gelöscht werden müssen. Aber das mache ja keinen Unterschied, "wenn man die Daten nach einer halben Stunde ins Ausland geschickt hat", zitiert die Zeitung Wilhelm Agrell, einen Professor für Geheimdienstanalyse. Der halte es auch für wahrscheinlich, dass Schweden eine große Menge Rohdaten an seine ausländischen Partner schickt.

Der Nachrichtendienst selbst hat demnach inzwischen auf die Vorwürfe reagiert und versichert, dass man sich bei der Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern an die gleichen rechtlichen Regeln halte wie im Inland. Die Möglichkeit, ein Gesetz durch internationale Kooperation zu umgehen, gebe es nicht. Das es auch im Rahmen der (weniger scharf geregelten) technischen Entwicklungsarbeit die Möglichkeit gebe, Daten an andere Länder weiterzugeben, habe der Dienst aber eingeräumt.

Bereits am Freitag hatte sich Schwedens Demokratieministerin Birgitta Ohlsson zu Wort gemeldet und sich alarmiert gezeigt. Laut The Local erklärte sie, dass die Überwachung ihrer Meinung nach in Schweden, der EU und der USA zu weit geht. Auf weitere Nachfragen hin, sei man von ihrem Ministerium aber an das Verteidigungsministerium verwiesen worden, das dafür nun zuständig sei. Verteidigungsministerin Karin Enström habe dann darauf verwiesen, dass es hierbei um die nationale Sicherheit gehe. Die Arbeit der Geheimdienste geschehe aber in einem klaren rechtlichen Rahmen, erklärte sie und griff damit auf eine bereits bekannte Verteidigungsstrategie zurück.

Unterdessen belastet die NSA-Affäre auch das Verhältnis zwischen EU und den USA immer stärker. Die EU-Kommission verlangte am heutigen Dienstag sofortige Aufklärung über die Berichte, die NSA habe Zugriff auf die Daten des Bankennetzwerks SWIFT. EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström zeigte sich sehr beunruhigt und auch aus dem Europaparlament kommt immer lautere Kritik, berichtet die dpa. So habe die Abgeordnete Sophie in ’t Veld (ALDE) bereits gedroht, dass die 2010 beschlossene Zusammenarbeit mit den USA nicht fortgesetzt werden könne, sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten. Einer Kündigung des Abkommens müssten aber die Mitgliedsstaaten zustimmen und das ist nach Meinung von EU-Diplomaten derzeit kaum denkbar. (mho)