Roaming: Brüssel setzt auf "Zuckerbrot und Peitsche"

Am Donnerstag will die EU-Kommission ihr "Telecom-Paket" mit Vorschlägen für einen einheitlichen europäischen Markt vorstellen. Statt Roaming sollen die Netzbetreiber EU-weite Tarife einführen.

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Die EU-Kommission setzt bei der Regulierung der Roaming-Gebühren auf "Zuckerbrot und Peitsche", wie der Sprecher von EU-Kommissarin Neelie Kroes am Mittwochabend in Brüssel erklärte. Brüssel will die zusätzlichen Roaming-Gebühren, die Verbraucher in der Regel für Mobilfunkgespräche im Ausland zahlen müssen, bis 2016 ganz abschaffen. Roaming ist nur ein Teil des von Kroes geschnürten "Telecom-Pakets" für einen gesamteuropäischen Telekommunikationsmarkt, das die Kommission am Donnerstag vorlegen will.

In der Roaming-Frage will die Kommission den Netzbetreibern die Wahl lassen: Entweder sie bieten ihren Kunden EU-weit geltende Mobilfunktarife an und werden dafür von den Regulierungsvorgaben für Roaming weitgehend ausgenommen, erläuterte der Sprecher. Oder sie werden gezwungen, ihre Kunden für die Dauer des Auslandsaufenthaltes ziehen zu lassen.

Die Kunden sollen im Ausland dann Angebote von den dortigen Netzbetreibern erhalten. "Sie bekommen dann eine kleine Nachricht mit einem Angebot für unbegrenztes Datenroaming für einen Euro pro Tag oder etwas ähnliches", sagte der Sprecher. Roaming-Gebühren für im Ausland angenommene Gespräche soll es gar nicht mehr geben. Im Festnetz will die Kommission Auslandstarife in der EU abschaffen, Telefonate sollen dann nicht mehr kosten als ein Ferngespräch im eigenen Land.

In der umstrittenen Frage der Netzneutralität bleibt die Kommission bei ihrer Kompromisslinie. "Wir schlagen ein Verbot von Drosseln und Blockaden vor", erläuterte der Sprecher von Kommissarin Kroes. Allerdings ist Brüssel nicht grundsätzlich gegen die Idee von "spezialisierten Diensten" im Netz. Von der Neutralitäts-Regulierung sei ein großer Teil der Wirtschaft betroffen, "den wir nicht einfach abtöten können", betonte der Sprecher. Zudem gebe es Anwendungen, die priorisiert werden müssten, etwa in der Telemedizin: "Wir können nicht zulassen, dass Katzen-Videos einem übers Netz durchgeführten Eingriff in die Quere kommen."

Wie gut die Kommission diesen Spagat hinbekommt, wird sich nach Lektüre der konkreten Vorschläge beurteilen lassen. Am Donnerstag will Kroes ihr Telecom-Paket in Brüssel vorstellen. Neben Roaming und und der "vertrackten" Netzneutralität will Brüssel darin auch die Frage der einheitlichen Regulierung der Telekommunikationsbranche angehen sowie neue Vorgaben zur Frequenzvergabe in der Union und zu Servicediensten der Anbieter vorschlagen. (vbr)