NSA reicht Rohdaten an israelischen Geheimdienst weiter

Eine neue Enthüllung des "Guardian" aus dem Material des Whistleblowers Snowden: Die NSA gibt offenbar seit Jahren ungefilterte Rohdaten an den israelischen Geheimdienst ISNU weiter.

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Erneut enthüllt The Guardian ein Dokument aus dem Fundus Edward Snowdens und straft die US-Regierung Lügen: Die NSA gibt offenbar seit Jahren laufend ungefilterte Rohdaten, technisches Wissen und Überwachungsgeräte an den israelischen Geheimdienst ISNU (Israeli Sigint National Unit) weiter. Diese Daten stammen von der NSA selbst, aber auch von deren Verbündeten Großbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland ("Five Eyes"). Eine Übereinkunft ("Memorandum of Understanding") über "routinemäßige" Informationsweitergabe ist im Volltext auf der Website der britischen Zeitung nachzulesen.

Zunächst wird in dem Papier auf die US-Verfassung verwiesen, nach der US-Personen nicht ohne richterlichen Beschluss bespitzelt werden dürfen. Darunter fallen Staatsbürger, Inhaber einer Greencard sowie die meisten in den USA registrierten Unternehmen. Trotzdem gibt die NSA ungefilterte Rohdaten weiter. Bloß soll die ISNU in den Daten nicht absichtlich nach Informationen über US-Personen suchen und die zur Verfügung gestellte Technik nicht absichtlich gegen US-Personen richten.

Das Dokument hält ausdrücklich fest, dass es rechtlich unverbindlich ist und in keinem Gericht oder anderen Gremium durchgesetzt werden darf. Dennoch werden Regeln aufgestellt über Dinge wie Schulungen, Stichproben, oder dass die gewährte Unterstützung nicht gegen US-Personen und schon gar nicht gegen bestimmte Bundesfunktionäre aus Regierung, Parlament und Justiz gerichtet werden darf.

Anfragen von ISNU-Kunden nach Informationen aus den NSA-Daten über US-Bürger sind an die NSA weiterzuleiten. In einem Satz wird auch auf die eingangs erwähnten Partnerländer eingegangen: Die ISNU soll Daten über Personen aus diesen vier Staaten ebenso so behandeln wie Daten über US-Personen. Ob die Partner überhaupt wissen, dass ihre Geheimdienstdaten in Israel landen, geht aus dem Dokument nicht hervor.

Zwar ist Israel ein besonderer Verbündeter der USA; trotzdem bleibt unklar, woher das Vertrauen der NSA kommt, dass sich die israelischen Agenten an die ausdrücklich juristisch unverbindlichen Zusagen halten werden. Wie der Guardian ausführt, weiß selbst die NSA, dass Israel besonders aktiv in den und gegen die USA spioniert.

Auf Anfrage des Guardian verweigerte die NSA Auskunft darüber, ob die Übereinkunft von einem US-Gericht genehmigt wurde. Das Dokument ist undatiert, erwähnt aber ein Treffen im März 2009, muss also nach diesem Treffen abgefasst worden sein.

Aus europäischer Sicht mag die Trennung in US-Personen und nicht schutzwürdigen Personen schlimme Assoziationen wecken, oder in freundlicher Auslegung wie Makulatur wirken. In den USA ist das aber ein politisch heißes Eisen, geht es doch um die rhetorisch in besonderen Ehren gehaltene Verfassung. Auch die Regierung Obama hat die strengen Vorkehrungen zum Schutz der Privatsphäre von US-Bürgern betont. Dass diese Vorkehrungen rechtlich nicht verbindlich sein müssen, steht auf einem anderen Blatt. Nun dürfen wir es sogar selb stlesen. (axk)